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VERKEHR/1001: Dicke Pötte, dicke Luft - Europas Hafenstädte leiden unter Schiffsabgasen (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Heft 4/14
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

Dicke Pötte, dicke Luft
Europas Hafenstädte leiden unter Schiffsabgasen

Von Nele Rißmann



Eine gespenstische Rauchwolke stieg am Abend des 4. Oktober pechschwarz aus dem Schornstein des Containerschiffs Yang Ming Utmost. Der 335 Meter lange, unter der Flagge Liberias fahrende Containerriese war gerade dabei, den Hamburger Hafen zu verlassen, um die niederländische Hafenstadt Rotterdam anzusteuern. Die giftige Schwefelwolke versetzte die Menschen entlang der Elbe in Aufruhr und löste einen Großeinsatz der Feuerwehr aus.


Die Rußpartikel wurden sogar von der Klimaanlage der Geburtsklinik Altona angesaugt. Nicht bekannt ist, ob die Giftstoffe auch in Patientenzimmer oder Operationssäle gelangten. "Dieser aktuelle Fall zeigt, wie wichtig unser Projekt ist und hält uns einmal wieder ein Grundproblem in europäischen Häfen vor Augen", betont Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik des NABU Hamburg.

Schweröl bringt Rußwolken

Europaweit sterben jährlich rund eine halbe Million Menschen an den direkten Folgen schlechter Luftqualität. Luftschadstoffe wie Feinstaub schaden der Gesundheit erheblich und sind außerdem Mitverursacher der weltweiten Klimaerwärmung. Seit vielen Jahren engagiert sich der NABU deshalb für die Verringerung der Schadstoffausstöße aus der Schifffahrt und dem Straßenverkehr. Gemeinsam mit Umweltorganisationen aus sechs europäischen Ländern setzt sich der NABU seit 2012 im Rahmen des von der EU geförderten Projekts "Clean Air in Ports" (Saubere Luft in Häfen) für bessere Luft ein.

Der Grund für die giftige Schwefelwolke im Hamburger Hafen ist unklar. Bekannt ist jedoch. dass das Containerschiff bereits im Hafengebiet von schwefelarmem Treibstoff auf das billigere Schweröl umstieg. "Egal wie, eine Verbrennung dieser Art muss dringend strafrechtlich verfolgt werden", erklärt Siegert. Große Passagier- und Containerschiffe müssen in Häfen Diesel mit einem Schwefelanteil von maximal 0,1 Prozent benutzen. Erst nach Auslaufen aus dem Hafengebiet ist Schweröl erlaubt.

Schiffseigner gegen Filter

Gerade der bei der Schwerölverbrennung entstehende Ruß ist krebserregend wie Asbest und kann Asthma, Herz-Kreislauf- und andere Erkrankungen verursachen. Wie eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) belegt, sind Dieselabgase weitaus gefährlicher als bislang angenommen. Darum fordert die WHO deutlich strengere Grenzwerte, als in der EU oder international bisher gelten. Eine wichtige Maßnahme zur Luftreinhaltung ist es deshalb, dass Reedereien von giftigem Schweröl auf schadstoffärmeren Schiffsdiesel umstellen. Doch dieser Schritt allein ist noch nicht ausreichend: Um Mensch und Umwelt nachhaltig zu schützen, müssen Schiffe mit sogenannten Rußpartikelfiltern ausgestattet werden. Jedoch wird dies von vielen Reedereien nach wie vor abgelehnt. Berechnungen des NABU haben ergeben, dass zum Beispiel ein einziges Kreuzfahrtschiff so viele Luftschadstoffe ausstößt wie fünf Millionen Pkw.

Um Menschen und Umwelt nachhaltig zu schützen, müssen Schiffe mit sogenannten Rußpartikelfiltern ausgestattet werden.

Eine Vielzahl europäischer Städte überschreiten dauerhaft die EU-weit geltenden Luftschadstoff-Grenzwerte. Gerade in Häfen ist die Luftverschmutzung oft überdurchschnittlich hoch. Neben ein- und ausfahrenden Schiffen sind rangierende Fahrzeuge im Hafenbereich, Kräne an den Kaianlagen oder dichter LKW-Verkehr erhebliche und unterschätzte Emissionsquellen.

Luftverpester bestrafen

Häfen sind rechtliche Grauzonen. Obwohl Häfen erheblich zur Luftverschmutzung beitragen, sind keine wirkungsvolleren EU-weiten Maßnahmen in Häfen, an Land oder zur See in Sicht. Dabei gibt es weltweit Beispiele dafür, wie Häfen versuchen, ökologischer zu werden und dadurch ihr Umfeld lebenswerter gestalten: In großen US-amerikanischen Häfen wie Los Angeles oder Long Beach wurden bereits Luftreinhaltungspläne verabschiedet. Weitere Möglichkeiten sind die Einrichtung von Landstromanschlüssen für Schiffe oder die Einführung von Elektrofahrzeugen im Logistik- und Verladebetrieb des Hafens.

Grundsätzlich sollte die Energieversorgung durch erneuerbare Energien erfolgen. Außerdem müsste Jede Art von Dieselmotoren, wie die der Hafenbahnen, mit Filtern ausgestattet werden. Vorstellbar wäre auch eine rigidere Hafenpolitik, die durch Abgaben Luftverpester benachteiligt oder durch Verbote. generell aus dem Hafengebiet ausschließt. "Teilweise kommen diese Maßnahmen sogar schon zum Einsatz", erläutert Malte Siegert, "dennoch sind sie weder verpflichtend noch grundsätzlicher Standard".

Öko-Standards für Häfen

Mit seinem Engagement im EU-Projekt "Clean Air in Ports" will der NABU zu besserer Luft in europäischen Häfen beitragen und somit die Gesundheit der Anwohner, die Umwelt und das Klima schützen. Auf sechs Konferenzen von 2013 bis 2015 in den Hafenstädten Hamburg, Antwerpen, London, Kopenhagen, Barcelona und Danzig diskutierten und diskutieren darum Experten aus maritimer Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Umweltverbänden miteinander. Damit soll auch die Vernetzung zwischen den Häfen gefördert werden. Ziel ist es, differenzierte ökologische Standards für europäische Häfen zu entwickeln.



Mehr zum Projekt: www.NABU.de/haefen und
www.leanair-europe.org

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Quelle:
Naturschutz heute - Heft 4/14, Seite 44 - 45
Verlag: Naturschutz heute, 10108 Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2014