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ATOM/1034: Höhere Strompreise durch Brennelementesteuer befürchtet (IPPNW)


IPPNW - Berlin, den 7. Juni 2010

Sparbeschlüsse von Union und FDP

Brennelementesteuer dürfte zu höheren Strompreisen führen


Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW kritisiert die heute von Union und FDP beschlossene Brennelementsteuer verbunden mit längeren Laufzeiten von Atomkraftwerken. Sie rechnet mit steigenden Strompreisen statt einer finanziellen Entlastung für Staat und Bevölkerung. Der FDP-Vorsitzende und Vizekanzler Guido Westerwelle hatte bereits am Wochenende angedeutet, dass den Kernkraftwerksbetreibern im Gegensatz zu "höheren Belastungen" in der Größenordnung von 2-3 Milliarden Euro pro Jahr die gewünschten Laufzeitverlängerungen gewährt werden sollen. Dazu IPPNW-Atomexperte Henrik Paulitz:

Man darf davon ausgehen, dass diese Bundesregierung die jährlichen Gewinne der Atomindustrie nicht schmälern wird. Unter der Annahme von gleichbleibenden oder steigenden Gewinnen der Atomkraftwerksbetreiber müssten die Strompreise erwartungsgemäß steigen, um die beschlossene Brennelementesteuer finanzieren zu können. Die Zeche würden dann wieder die Bürger, die Kommunen und die strombeziehenden Betriebe bezahlen. Viele Menschen würden dadurch weiter in die Armut abrutschen.

Zudem stellt sich die Frage, was mit den Einnahmen einer Brennelementesteuer geschehen soll. Es ist beispielsweise möglich, dass den Atomkonzernen die Steuereinnahmen in Form von Forschungsgeldern eins zu eins wieder zurückbezahlt werden. Zum Schuldenabbau würde eine Brennelementesteuer dann nichts beitragen. Es ist nicht damit zu rechnen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Guido Westerwelle die Atomindustrie effektiv belasten werden, um Staat und Bürger zu entlasten. Wir vermuten in der Brennelementesteuer einen reinen Haushaltstrick.

Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke würden außerdem über die zusätzliche Produktion von Atommüll gewaltige Haushaltslöcher in die Etats zukünftiger Regierungen reißen. Der britische Energieminister, der Liberaldemokrat Chris Huhne, hat gerade bekannt gegeben, dass er über ein 4-Milliarden-Pfund-Loch gestolpert ist, das sich ab 2011 aufgrund von Kosten zur Atommüllentsorgung und dem Abbau von Atomkraftwerken auftut. Daraus kann man lernen: Je länger Atomkraftwerke laufen und je mehr Atommüll produziert wird, desto mehr werden künftige Generationen nicht nur im Atommüll-, sondern auch im Schuldenberg versinken.

Es bleibt dabei: Der Betrieb von Atomkraftwerken nützt nur den Gewinnen einer Handvoll Atomkonzernen, während Staat und Bürger heute und auch in Zukunft die Rechnung dafür zu bezahlen haben. Nach wie vor bleibt auch zu beachten, dass Laufzeitverlängerungen nur mit Zustimmung des Bundesrates möglich sind.


Über die IPPNW:

Diese Abkürzung steht für International Physicians for the Prevention of Nuclear War. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges engagieren sich seit 1982 für eine Welt ohne atomare Bedrohung und Krieg. 1985 wurden sie dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Seit 1990 stehen zusätzlich gesundheitspolitische Themen (z.B. Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere, Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten) auf dem Programm des Vereins. In der IPPNW sind rund 7.000 ÄrztInnen und Medizinstudierende organisiert.


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Quelle:
Presseinformation der IPPNW - Deutsche Sektion der
Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, 07.06.2010
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Sven Hessmann, Pressereferent
Tel.: 030-69 80 74-0, Fax: 030-69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2010