Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INDUSTRIE

ATOM/1060: Deutschland verschleiert Uranherkunft (IPPNW)


IPPNW-Presseinformation vom 27.7.2010

Deutschland verschleiert Uranherkunft

Grobe Menschrechtsverletzungen und massive Umweltzerstörung in Abbauländern


Die deutsche Bundesregierung und die EURATOM Supply Agency verschleiern die Herkunft des Urans, das für den Betrieb deutscher Atomkraftwerke genutzt wird. Zu diesem Ergebnis kommt die IPPNW nach einer systematischen Auswertung der Quellen der europäischen Atombehörde EURATOM sowie Antworten der deutschen Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen. Zwar lassen sich anhand des Datenmaterials die Lieferländer nachvollziehen, nicht aber die Ursprungsländer. "Wir fordern die Bundesregierung daher auf, Informationen über Einfuhr, Herkunftsländer, Ausfuhr und Empfangsländer von Uran endlich offen zu legen", erklärt die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen.

Im Jahr 2009 wurde nach Angaben von eurostat 45% des Urans aus Frankreich bezogen, 41% aus Großbritannien, 11% aus den USA und 3% aus Kanada. Frankreich und Großbritannien verfügen jedoch über keine eigenen Uranvorräte. Während Großbritannien die Herkunft des Uran geheim hält, importiert Frankreich einen großen Anteil seines Natururans aus dem Niger, wo grobe Menschenrechtsverletzungen und massive Umweltzerstörung stattfinden. Im Niger gibt es z.B. seit mehr als 30 Jahren Bergbau keinen einzigen Fall von berufsbedingter Krankheit. Die beiden Krankenhäuser in den Uranabbaustädten Arlit und Akokan sind im Besitz der Uranfirma Areva, an der auch Siemens beteiligt ist, und beschäftigen keine Arbeitsmediziner. Nur Arbeitsmediziner können jedoch eine Berufskrankheit diagnostizieren. Nach Informationen der französischen Menschenrechtsorganisation "Association Sherpa" diagnostizierten die Ärzte bei Krebskranken fast durchweg AIDS. Ein Zusammenhang mit dem Uranbergbau leugneten die Ärzte. Die IPPNW fordert daher unabhängige medizinische Studien.

Die Behauptung der deutschen Bundesregierung, Uran werde derzeit überwiegend aus politisch stabilen Ländern importiert ist falsch. In ihrer Antwort auf eine Anfrage der Fraktion Die Linken nennt die Bundesregierung für das Jahr 2006 folgende Ursprungsländer: Kanada (28 %), Russland (21%), Südafrika (10%), Australien (10%), Tschechische Republik (6%), USA (5%) und Usbekistan (4%). Die Arbeitsgruppe Energierohstoffe des Bundeswirtschaftsministeriums gab am 29. März 2006 folgende Zahlen für das Jahr 2004 an: Kanada (28%), Australien (23,1%), Kasachstan (9,1%), Niger (8,1%) und Russland (7,9%). Zu den fehlenden 23, 3% wurden erst gar keine Angaben gemacht.

Auch in den sogenannten politisch stabilen Ländern zeigt sich die schmutzige Seite der Atomenergie. In den USA haben die Navajo-Indianer in Colorado das "Komitee für die Opfer der Uranstrahlung" gegründet und in zähen Gerichtsverfahren Wiedergutmachung für die Opfer erkämpft. Viele Betroffene haben Leukämie, Haut- und Lungenkrebs. In Australien gab es seit 1981 etwa 150 Dammrisse und Überschwemmungen bei den Uranabbauhalden. Nach offiziellen Angaben sickern täglich rund 100.000 Liter kontaminiertes Wasser aus der Ranger Mine im Northern Territory ins Umland.


Das IPPNW-Papier "Die Versorgung Deutschlands mit Uran" finden Sie unter
http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/uran_deutschland_2009.pdf

Das Buch "Störfall Atomkraft" widmet der Frage der Herkunft des Urans für deutsche Atomkraftwerke ein eigenes Kapitel (Uran: ein unendlicher Brennstoff, sauber, CO2-frei und einheimisch? von Astrid Schneider).


Die IPPNW veranstaltet am 26. August 2010 in Basel den Kongress "Uranabbau, Gesundheit und indigene Völker". Sprecherinnen und Sprecher durch den Uranabbau bedrohter indigener Völker aus den USA, Kanada, Australien, Indien, Namibia, Niger und Mali werden begründen, warum sie mit der IPPNW fordern: "Das Uran muss in der Erde bleiben." Weitere Informationen unter http://www.nuclear-risks.org


*


Über die IPPNW:

Diese Abkürzung steht für International Physicians for the Prevention of Nuclear War. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges engagieren sich seit 1982 für eine Welt ohne atomare Bedrohung und Krieg. 1985 wurden sie dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Seit 1990 stehen zusätzlich gesundheitspolitische Themen (z.B. Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere, Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten) auf dem Programm des Vereins. In der IPPNW sind rund 7.000 ÄrztInnen und Medizinstudierende organisiert.


*


Quelle:
Presseinformation der IPPNW - Deutsche Sektion der
Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, 27.07.2010
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Sven Hessmann, Pressereferent
Tel.: 030-69 80 74-0, Fax: 030-69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2010