Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INDUSTRIE

AUTO/321: Fussabdruck - Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos umweltfreundlicher als erwartet (idw)


Empa - Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt - 27.08.2010

Ökobilanz von Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos: Umweltfreundlicher als erwartet


Batterie betriebene Elektrofahrzeuge dürften für die Mobilität der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Bisher war jedoch nicht bekannt, wie umweltverträglich Herstellung, Betrieb und Entsorgung der Antriebsbatterie sind. Empa-Forschende haben nun erstmals den ökologischen Fussabdruck für den gebräuchlichsten Typ, die Lithium- Ionen-Batterie, berechnet; der fällt geringer aus als befürchtet. Anders ausgedrückt: Maximal 4 Liter Benzin pro 100 Kilometer darf ein herkömmliches Auto schlucken, um ähnlich umweltverträglich zu sein wie moderne Elektroautos.

Die Umweltauswirkungen Batterie betriebener Autos mit denjenigen konventionell angetriebener Autos zu vergleichen, ist nicht einfach. Denn es ist nicht genau bekannt, wie stark Herstellung, Nutzung und Entsorgung der elektrischen Energiespeicher die Umwelt belasten. Erstmals hat nun ein Empa-Team die Ökobilanz von Lithium-Ionen-Akkus (Li-Ion) genau untersucht, und zwar einer chemisch verbesserten (will heissen: umweltverträglicheren) Version des bei solchen Fahrzeugen aktuell am häufigsten eingesetzten Typs. Die Studie zeigt: Stammt der Strom nicht allein aus Wasserkraft, dann ist es, genau wie bei Autos mit konventionellen Verbrennungsmotoren, vor allem der Betrieb der Autos, der die Umwelt belastet - je nachdem, welcher Strommix für das Laden der Batterien benutzt wird. Die Li-Ion-Batterie selbst hat dagegen einen geringen Einfluss auf die Ökobilanz der Elektroautos - entgegen ursprünglicher Befürchtungen, die Herstellung der technisch aufwändigen Batterien könnte den Vorteil des Elektroantriebs wieder wettmachen.

Umweltbilanz von Batterien für Elektroautos

Batterie betriebene Elektroautos werden gerne als ideale Lösung für die Mobilität der Zukunft angepriesen, da sie beim Fahren keine Abgase produzieren. Als Energiespeicher haben sich Li-Ion-Akkus durchgesetzt, weil sie im Vergleich zu Bleiakkus und solchen mit Nickel- Metallhydriden (NiMH) leichter sind und mehr Energie speichern können. Sie sind zudem praktisch wartungsfrei, kennen keinen Kapazitätsverlust bei häufiger Teilentladung (Memoryeffekt), haben eine geringe Selbstentladung und gelten als sicher und langlebig. Daher werden sie in vielen Produkten, beispielsweise Laptops, eingesetzt. Doch sind sie auch umweltfreundlich?

Forschende der Empa-Abteilung «Technologie und Gesellschaft» wollten dies herausfinden. Sie berechneten den ökologischen Fussabdruck von mit Li-Ion-Akkus ausgestatteten Elektroautos, indem sie alle massgeblichen Faktoren von der Produktion der Einzelbestandteile über die Betriebszeit bis zur Verschrottung des Fahrzeugs einbezogen. Die Daten für die Beurteilung der Akkus mussten dafür eigens erhoben werden. Dabei trafen die Forschenden bewusst ungünstige Annahmen: So wurde etwa nicht berücksichtigt, dass eine ausrangierte Fahrzeugbatterie durchaus noch stationär weiterverwendet werden kann. Die Daten für die Ökobilanzierung der restlichen Fahrzeugbestandteile stammen aus der von der Empa betreuten «ecoinvent»-Datenbank (www.ecoinvent.org). Das untersuchte e-Fahrzeug entsprach in Grösse und Leistung der Golfklasse, als Treibstoff diente Strom aus dem durchschnittlichen europäischen Strommix.

Als Vergleichsfahrzeug wurde ein neues Benzinauto - schadstoffarm nach Abgasnorm Euro 5 - eingesetzt, das im neuen Europäischen Fahrzyklus (NEDC) durchschnittlich 5,2 Liter auf 100 Kilometer verbraucht. Dieser Verbrauch ist wesentlich tiefer als der europäische Durchschnitt; das Fahrzeug gehört damit zu den Klassenbesten Benzinautos auf dem Markt.

Auf den Strom kommt's an - weniger auf die Batterie

Die Studie zeigt, dass der eigentliche Li-Ion-Antrieb des Elektroautos die Umwelt nur mässig belastet; nur maximal 15 Prozent der Gesamtbelastung durch das Elektroauto entfallen auf die Batterie, durch deren Herstellung, Unterhalt und Entsorgung. Die Hälfte davon wiederum - also rund 7.5 Prozent der Belastung - machen die Gewinnung und Herstellung der Batterierohstoffe Kupfer und Aluminium aus; die Lithiumgewinnung schlägt dagegen nur mit 2.3 Prozent zu Buche. «Lithium-Ionen-Akkus sind also nicht so schlecht wie bisher angenommen», sagt Dominic Notter, Mitautor der Studie, die soeben im Fachjournal «Environmental Science & Technology» publiziert wurde.

Anders sieht es dagegen für den Betrieb des Elektromobils über eine erwartete Lebensdauer von 150'000 Kilometer aus: Die grösste Umweltbelastung verursacht das regelmässige Laden der Batterie, also der «Sprit» des e-Autos. «Tankt» man einen in Europa üblichen Strommix aus Atom-, Wasser- und Kohlekraftwerken, wird die Umwelt dreimal mehr belastet als durch den Li-Ion-Akku an sich. Hier lohnt es sich, Alternativen zu prüfen: Während Strom, der vollständig in Kohlekraftwerken produziert wird, die Ökobilanz nochmals um 13 Prozent mehr belasten würde, wird diese um 40 Prozent entlastet, wenn der Strom ausschliesslich aus Wasserkraft stammt.

Die Bilanz der Empa-Forschenden: Ein Benzinauto müsste zwischen drei und vier Liter auf 100 Kilometer verbrauchen, um etwa gleich umweltfreundlich zu sein wie das untersuchte, mit europäischem Strommix aufgeladene Li-Ion-Elektroauto.


Literaturhinweis

«Contribution of Li-Ion Batteries to the Environmental Impact of Electric Vehicles», D.A. Notter, M. Gauch, R. Widmer, P. Wäger, A. Stamp, R. Zah, H.J. Althaus, Environmental Science & Technology, 9 August 2010, DOI: 10.1021/es903729a

Weitere Informationen Dr. Dominic Notter, Technologie und Gesellschaft, Tel. +41 44 823 47 60, dominic.notter@empa.ch

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/pages/de/attachment4522 - pdf der Medienmitteilung

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter: http://idw-online.de/pages/de/news383981
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter: http://idw-online.de/pages/de/institution1017


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Empa - Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, Sabine Voser, 27.08.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2010