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CHEMIE/213: Neue umweltfreundliche Bioverfahren für die Chemie und Pharmazie (idw)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ - 03.04.2009

Neue umweltfreundliche Bioverfahren für die Chemie und Pharmazie

TU Dresden und UFZ schließen Kooperationsvertrag


Leipzig/Dresden. Forscher der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) arbeiten seit Jahren gemeinsam an der Entwicklung von biotechnologischen Verfahren mit Hefen zur Gewinnung von industrierelevanten Karbonsäuren, wie z.B. Zitronensäure. Im Rahmen einer Industriekooperation konnte kürzlich ein Vorhaben zur Untersuchung der Bioproduktion einer weiteren Karbonsäure - Alpha-Ketoglutarsäure (KGA) - erfolgreich abgeschlossen werden. Bisher wurde diese nur auf chemischem Wege hergestellt. Das neue Bioverfahren könnte in Zukunft die Nutzung nachwachsender Rohstoffe erlauben.

Die Stärken und Potentiale beider Forschungseinrichtungen sollen gebündelt in neue Forschungsvorhaben eingebracht werden. Deshalb haben die TU Dresden und das UFZ nun im Bereich der Biotechnologie einen längerfristigen Kooperationsvertrag geschlossen.

Mikrobiologen und Biotechnologen des Institut für Mikrobiologie der Technischen Universität Dresden und des Umwelt- und Biotechnologischen Zentrum (UBZ) am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ in Leipzig arbeiten seit einigen Jahren gemeinsam an Forschungsvorhaben mit der Hefe Yarrowia lipolytica, welche von bestimmten Käsesorten und anderen Lebensmitteln isoliert werden kann. Ihren Namen bekam die Hefe, weil sie sehr gerne Fette verzehrt.

Diese Hefe ist in der Lage, Zwischenprodukte wie Zitronensäure und Isozitronensäure, welche im Stoffwechsel aller sauerstoffverbrauchenden Lebewesen vorkommen, in großen Mengen herzustellen. Ursprünglich hatten die UFZ-Forscher es geschafft, in ihren Bioreaktoren mit Hilfe von Yarrowia lipolytica langkettige n-Paraffine in diese Karbonsäuren zu wandeln. Paraffine werden allerdings auf der Basis von Erdöl produziert und erfüllen somit nicht die Anforderungen an eine nachhaltige und preiswerte Kohlenstoffquelle. Die entscheidende Aufgabe für die Forscherteams war zunächst Umstellung der Bioverfahren für Karbonsäuren, so dass eine Verwertung von nachwachsenden Rohstoffen, wie Zucker und Pflanzenölen, ermöglicht wird und fossile Rohstoffe geschont werden.

Voraussetzung für einen Erfolg war dabei die Kooperation mit Genetikern der Technischen Universität Dresden. Die Hefestämme wurden von den Forschern der TU Dresden gentechnisch so modifiziert, dass sie auch Saccharose, also Kristallzucker, verwerten können. Nicht modifizierte Stämme konnten das nicht, da ihnen das dafür notwendige Enzym fehlt. Zusätzlich wurden einige Stämme so verbessert, dass sie schneller Sonnenblumenöl und andere Pflanzenöle in Zitronen- oder Isocitronensäure umsetzen können.

In einem kürzlich abgeschlossenen Projekt mit der chemischen Industrie wurde die Produktion von Alpha-Ketoglutarsäure als Beispiel für eine weitere Karbonsäure, die von Hefen gebildet werden, untersucht. Ketoglutarsäure findet einen vielfältigen Einsatz in der Lebensmittelindustrie und Pharmazie, zum Beispiel als Bestandteil von Infusionslösungen. Zusammen mit Forschern des Science-to-Business Centers der Evonik Degussa GmbH in Marl gelang es zu zeigen, dass die Hefe Yarrowia lipolytica auch Rohglyzerin verarbeiten kann. Für Rohglycerol, welches zunehmend als Nebenprodukt bei der expandierenden Biodieselproduktion anfällt, konnte somit eine interessante Einsatzmöglichkeit gefunden werden. Die Optimierung des Hefeverfahrens sorgte dafür, dass die Produktionsmenge sich mehr als verzehnfacht hat und auch der Prozess wesentlich schneller abläuft als bei dem früheren Einsatz von n-Paraffinen.

Um die bestehende Zusammenarbeit auszubauen, haben die TU Dresden und das UFZ nun im Bereich der Biotechnologie einen Kooperationsvertrag geschlossen. In den nächsten fünf Jahren sollen so gemeinsam neue Verfahren zur Herstellung von Bioprodukten auf Hefebasis entwickelt werden. Das Interesse beschränkt sich dabei nicht allein auf die Hefeart Yarrowia lipolytica, vielmehr sollen auch andere nichtkonventionelle Hefen für Herstellung von z.B. Itakonsäure, einem interessanten Copolymer, erschlossen werden. Die TUD bringt in die Kooperation ihr Know-How auf dem Gebiet der Hefegenetik, das UFZ sein Wissen in der Entwicklung und Optimierung von Bioprozessen ein.

Tilo Arnhold


Weitere fachliche Informationen:
Dr. Roland A. Müller,
Dr. Andreas Aurich
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Tel. 0341-235-1758, -3000
http://www.ufz.de/index.php?de=3096
und
Prof. Dr. Gerold Barth
Technische Universität Dresden (TUD)
Tel. 0351-463-37617
http://www.biologie.tu-dresden.de/mibi/all_mibi/all_mibi_de.htm
oder über
Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1635
E-mail: presse@ufz.de
und
Kim-Astrid Magister (Pressestelle der TU Dresden)
Telefon: 0351- 463-32398
E-Mail: pressestelle@tu-dresden.de

Weiterführende Links:
UFZ-Arbeitsgruppe Biotechnologische Produktsynthesen und
Abproduktverwertung:
http://www.ufz.de/index.php?de=3103
Lehrstuhl für Allgemeine Mikrobiologie der TU Dresden:
http://www.biologie.tu-dresden.de/mibi/all_mibi/all_mibi_de.htm


Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit 28000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,4 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des großen Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894). Die Technische Universität Dresden geht auf die 1828 gegründete Technische Bildungsanstalt Dresden zurück; sie gehört damit zu den ältesten technisch-akademischen Bildungsanstalten Deutschlands. Mit rund 35 000 Studierenden, rund 4200 fest angestellten Mitarbeitern (ohne Medizinische Fakultät) - darunter 419 Professoren - sowie fast 2000 Drittmittelbeschäftigten (ohne Medizinische Fakultät) ist sie heute die größte Universität Sachsens. Bis zur Wiedervereinigung wissenschaftlich von den Natur- und Ingenieurwissenschaften geprägt, entwickelte sie sich durch die Hinzugründung neuer Fakultäten auf den Gebieten der Geistes- und Sozialwissenschaften und der Medizin zu einer Volluniversität. Mit insgesamt 14 Fakultäten bietet sie heute ein wissenschaftliches Spektrum, dessen Breite nur wenige andere Hochschulen in Deutschland aufzuweisen haben.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.intern.ufz.de/index.php?de=17937

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/pages/de/image88549
Hefezellen von Yarrowia lipolytica beim Wachstum auf Glycerol (Mikroskopische Aufnahme).

http://idw-online.de/pages/de/image88550
Das UFZ bringt in die Kooperation mit der TU Dresden sein Wissen in der Entwicklung und Optimierung von Bioprozessen ein.

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news308689

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution173


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ, Tilo Arnhold, 03.04.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2009