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CHEMIE/236: Schöne bunte Plastikwelt (ROBIN WOOD-Magazin)


ROBIN WOOD-Magazin Nr. 104/1.2010
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie

titel
Schöne bunte Plastikwelt

Von Sabine Genz, Berlin


Plastik ist billig, haltbar und unglaublich vielseitig. Doch der Preis dafür sind Müllberge und giftige Altlasten in der ganzen Welt - in Böden, Gewässern, in Tieren und Menschen. Das unverzichtbare Plastik ist zu einer globalen Bedrohung geworden. Während das Müllproblem vielerorts offensichtlich ist, werden schwerwiegende gesundheitliche Risiken verschwiegen oder so lange wie irgend geht von der Industrie und vom Gesetzgeber ignoriert. Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass wir Konsumentinnen und Konsumenten durch Änderungen unseres Kaufverhaltens sehr wohl die Macht haben, Änderungen selbst bei multinationalen Konzernen zu bewirken. Also fangen wir einfach damit an.

Zugegeben, die Welt wäre ärmer ohne Lego. Und Plastik ist nichts anderes als Lego für Erwachsene: Man fügt kleine Bausteine zusammen und erhält ein Ding mit Funktionen und Eigenschaften, die die einzelnen Teile vorher nicht hatten. Doch während man beim komplett gebauten Naboo-Starfighter oder dem Reitstall immer noch weiß, aus welchen Teilen und wie das Ganze zusammengesetzt wurde, kann man das beim fertigen Kunststoff leider nicht sagen. Die Plastikherstellung ist geheim, die Hersteller weigern sich, die konkreten Bestandteile und Verfahren öffentlich zu machen - denn das könnte unangenehme Folgen für sie haben.

Chemisch gesehen sind Kunststoffe organische Stoffe. Alle Kunststoffe enthalten das Element Kohlenstoff, weitere Bestandteile sind u.a. Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff sowie Schwefel. Hinzu kommen diverse Additive (Weichmacher, Stabilisatoren, Farbmittel, Flammschutzmittel, Antistatikmittel...), die im Verarbeitungsprozess beigemischt werden, um die Eigenschaft des Materials an den jeweiligen Verwendungszweck anzupassen. Stahlhart oder wabbelig weich, knallbunt oder glasklar, aber so gut wie unzerbrechlich - Plastik kann eigentlich alles. Wohl deshalb hat Kunststoff einen so unvergleichlichen Siegeszug durch unser alltägliches Leben angetre ten, seit Leo Hendrik Baekeland vor gut 100 Jahren mit dem nach ihm benannten Bakelite die industrielle Produktion von vollsynthetischen Kunststoffen aus Erdöl startete. Die Eigenschaften sind je nach Ausgangsstoffen, Herstellungsverfahren und Zusätzen quasi frei wählbar. Doch die Zusätze sind es, die es in sich haben. Wie lange Plastik hält, weiß man noch nicht genau, aber mindestens 500 Jahre hat es Zeit, in Böden und Gewässer einzudringen und unser Hormonsystem zu schädigen, Allergien auszulösen oder Krebs zu erzeugen.

Unglaublich, wie abhängig wir uns in der kurzen Zeit von diesem Stoff gemacht haben - es erscheint fast unmöglich, darauf zu verzichten. Kaum ein Bereich unseres Lebens ist frei von Kunststoff. Bestimmte Zusätze stehen sogar auf unserem Speiseplan: Bestandteile aus Verpackungen mit Klarsichtfolie, Plastikflaschen und Plastik- Aufbewahrungsdosen. Im Blut sind diese Substanzen nachweisbar.

Verboten werden problematische Stoffe erst dann, wenn ihre Giftigkeit zweifelsfrei nachgewiesen wurde. Wir müssen aber sofort Wege finden, diese enorme Umweltverschmutzung durch Plastik einzudämmen. Wie lässt sich unser Konsumverhalten ändern? Hat die Industrie Alternativen zu giftigen Inhaltsstoffen? Ist Bioplastik die Lösung? Und was kann Industrie und Politik dazu bringen, endlich Verantwortung zu übernehmen? Wo die Politik versagt, haben letztendlich wir KonsumentInnen die Aufgabe und die Macht, Druck auf die Industrie auszuüben, ihre gefährlichen Produkte zumindest zu kennzeichnen.

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Telefone, Tupperdosen und Textilien, Babyschnuller, -fläschchen, - töpfchen, Autoreifen - wir haben uns von Plastik in kurzer Zeit unglaublich abhängig gemacht

Das Müllproblem ist offensichtlich: Politik, Industrie und VerbraucherInnen sind gefordert die enorme Umweltbelastung durch Plastik einzudämmen


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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 104/1.2010, S. 7
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2010