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ENERGIE/1476: Ausbau der Offshore-Windparks - Folgen ungewiss... (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 175 - August/September 2013
Die Berliner Umweltzeitung

Folgen ungewiss ...
Ausbau der Offshore-Windparks ist nicht nur aus ökonomischer Sicht umstritten

von Moritz Zackariat



Bisher gibt es kaum Erkenntnisse über die ökologischen Auswirkungen der Errichtung großer Energieparks im Meer. Allenfalls gesichert scheint, dass die großen Meeressäuger diesen Eingriff nicht unbeschadet überstehen. Neue Standards sollen dies nun verhindern. Der "Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderung" (WBGU) hat für den Sommer ein Gutachten unter dem Titel "Menschheitserbe Meer" angekündigt und bereits einige Thesen zusammengefasst präsentiert. Unter anderem steht das Gremium für eine radikale Änderung des Seerechts mit einer Rechenschaftspflicht für alle Nutzer des Meeres nach dem Verursacher-Prinzip. Denn ähnlich wie bei der Kernenergie werden die Offshore-Parks bereits geplant und gebaut, obwohl die Langzeitfolgen für Meeressäuger und Zugvögel noch gar nicht erforscht sind. Frei nach dem Motto nach uns die Sintflut.

Erforschung

Bei einer kürzlich abgehaltenen Konferenz in Hamburg berichtete Henrike Seibel von der Tierärztlichen Hochschule Hannover über langfristigen Studien, die den Einfluss von Unterwasserschall auf das marine Leben untersuchen sollen. Mit diesen Schallstudien und mittels an den Tieren angebrachte Datenloggern werden das Flucht- und Tauchverhalten sowie Stressreaktionen und weitere Verhaltensänderungen analysiert. Die Alternativen, sogenannte "leise" Verfahren wie das Einrütteln von Fundamenten oder das Einsetzten von vorgefertigten Fundamenten sind teurer und vertragen sich damit nicht mit der schnellen Profitgier der Investoren.

Hier liegt auch wieder das Problem: Es wird nicht auf lange Sicht geplant, so lange das Geld schnell sprudelt. Weitere Konstruktionen wie Pfeiler, die sich durch ihr Eigengewicht halten oder sogenannte "Buckets", die sich an den Boden festsaugen sind ebenfalls zu teuer. Deswegen wird derzeit auf Steuerzahlerkosten nach günstigeren Alternativen geforscht - der Umwelt aber auch den Investoren zur Liebe.

Für und wieder

Allerdings bieten die Windräder auch neuen Lebensraum für Krebse und andere Schalentiere. An den Fundamenten auf dem Meeresboden werden sie vor den Schleppnetzen der Fischer geschützt. Doch auch die Menschen vor Ort sind größtenteils nicht erfreut über die Windparks. Zum einen sind die Gebiete um die Offshore-Anlagen für Fischer Sperrgebiet, was teilweise existenzbedrohende Konsequenzen nach sich ziehen kann, zum anderen fürchten Tourismusverbände, dass die Windkrafträder am Horizont die Urlauber abschrecken. Nichts desto trotz wird nun erst einmal produziert, ohne die Folgen groß abzuwägen.

Ökonomische Folgen

Die Offshore-Windparks sind noch Neuland, aber bei den Onshore-Windparks zeichnet sich der Trend ab, dass die prognostizierten Erträge nicht erreicht werden. Der Vorsitzende des Anlegerbeirates des Bundesverbandes Windenergie (BWE) hat mehr als 1.150 Jahresabschlüsse aus den Jahren 2000 bis 2011 von 175 Parks ausgewertet und kommt zu dem Ergebnis, dass nur 86 Prozent der prospektierten Abschlüsse erreicht wurden. Dies wird sich natürlich auch auf die Investitionsbereitschaft der Anleger auswirken, gerade da die Anlagen eine geschätzte Lebensdauer von 25 Jahren haben. Wenn das Geschäft mit der Windenergie bis dahin nicht rentabler wird, könnte es Probleme geben.

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Quelle:
DER RABE RALF - 23. Jahrgang, Nr. 175 - August/September 2013, Seite 18
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
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Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2013