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ENERGIE/1546: Gute Kohle, schlechte Kohle (ARA Magazin)


ARA Magazin 27-2021/22
Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz e.V.

Gute Kohle, schlechte Kohle


Als, nach den üblichen Überstunden, die 26. Klimakonferenz im schottischen Glasgow zu Ende ging, begann erst einmal die Zeit des gegenseitigen Schulterklopfens und man versicherte sich, einen wichtigen Schritt vorangekommen zu sein. Insbesondere, weil zum ersten Mal in der fast 30jährigen Geschichte der Klima-Rahmenkonvention die wichtigsten Ursachen der Klimaveränderung beim Namen genannt werden: Kohle und andere fossile Brennstoffe.

Seit dem ersten Bericht des International Panel on Climate Change (IPCC) aus dem Jahr 1990 wurden weltweit mehr Treibhausgase freigesetzt als in den 150 Jahren davor. Trotzdem haben es die Vertragsstaaten der Klima-Rahmenkonvention bislang tunlichst vermieden, in einem der Abschlussberichte ihrer Klimakonferenzen ein konkretes Datum für den Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energieträger zu nennen. Dazu ist es auch in Glasgow nicht gekommen.

Als großer Erfolg wurde gefeiert, dass die Mitgliedstaaten zum ersten Mal "zu einer Beschleunigung ihrer Bemühungen um ein Herunterfahren der unverminderten Kohleverstromung und der schrittweisen Abschaffung ineffizienter Subventionen für fossile Brennstoffe" aufgefordert werden. Einigen Wirbel gab es am Ende der Verhandlungen, als die ursprünglich vorgeschlagene Formulierung "phase out" (Ausstieg) durch "phasedown" (Herunterfahren) ersetzt wurde. Wenig verwunderlich ist, dass sich die Vertragsstaaten nicht auf einen konkreten Zeitplan einigen konnten.

Besorgniserregend ist allerdings, dass nur "unverminderte Kohleverstromung" (unabated coal power) heruntergefahren werden soll. Dahinter verbirgt sich die Idee, dass es auch "saubere Kohle" geben könnte: Kohlekraftwerke, die das CO2 nach der Verbrennung auffangen und es dann in unterirdische Lagerstätten verpressen (Carbon Capture and Storage, CCS).

Bis dahin ist es allerdings ein langer Weg, auf dem noch viele Probleme gelöst werden müssen. So muss noch geklärt werden, welche Lagerstätten geeignet sind, das verflüssigte Kohlendioxid auch unter der Erde zu halten.

Außerdem ist die Technologie so teuer, dass sich Kraftwerksbetreiber nur dann auf diesen Weg machen, wenn ihnen viele Millionen an Subventionen zugesagt werden. Geld, das dann für den Ausbau wirklich erneuerbarer Energien nicht zur Verfügung steht.

So gibt es weltweit bisher nur ein einziges Kohlekraftwerk, das diese Technologie einsetzt: das Boundary Dam Kraftwerk in Kanada - und auch hier nur in einem von 5 Kraftwerksblöcken. Bis zu 90 Prozent des CO2 sollen hier aus dem Rauchgas gefiltert werden, eine Million Tonnen pro Jahr.

Von dort aus wird es über eine 66 km lange Pipeline in das nahe gelegene Wayburn Ölfeld transportiert, wo es in den Boden gepresst wird, um die Ölförderung zu verbessern. Nach Angaben der Betreiber erhöht eine Tonne CO2 die Ölförderung in Wayburn um fast 3 Barrel (360 l). Ob sich so das Klima retten lässt?


Infografik - Klimaschutz: TOP 20 der Steinkohlekraftwerke mit den höchsten Treibhausgasemissionen in Deutschland. Die Grafik zeigt die CO2-Emissionen der Steinkohle-Kraftwerke für das Jahr 2016, wie sie im europäischen Emissionshandelssystem (EU ETS) berichtet werden. Im Emissionshandel werden die Emissionen immer pro Anlage angegeben; eine Anlage kann auch aus mehreren Kraftwerksblöcken bestehen. Außerdem ist die installierte elektrische Leistung der Steinkohlekraftwerke im Jahr 2016 dargestellt. Kraftwerksblöcke, die vor 1990 in Betrieb genommen wurden, sind in pink dargestellt. Kraftwerksblöcke die ab 1990 errichtet wurden, sind blau eingefärbt. Die dargestellten 20 Steinkohlekraftwerke repräsentieren in Summe 68 Millionen Tonnen CO2-Emissionen bei einer installierten Leistung von 18 Gigawatt. Damit repräsentieren diese 20 Kohlekraftwerke etwa zwei Drittel der Emissionen und der installierten Leistung aller Steinkohlekraftwerke in Deutschland. Über die Hälfte der hier dargestellten Kraftwerkskapazität wurde bereits vor 1990 errichtet.Quelle: Öko-Institut e.V., Attribution-ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0) [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/]

Die 20 Steinkohlekraftwerke mit den höchsten Treibhausgas-Emissionen in Deutschland
Infografik, Öko-Institut e.V.
Attribution-ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0)
[https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/]

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Quelle:
ARA Magazin 27-2021/22, Seite 3
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veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 12. Juni 2022

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