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MELDUNG/310: Ruin der Ems-Ökologie - Meyer-Werft zeigt sich undankbar (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 1081 vom 26. März 2016, 35. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Ruin der Ems-Ökologie - Meyer-Werft zeigt sich undankbar


Um mehrere Tausend Arbeitsplätze in der Papenburger Meyer-Werft und bei den Zulieferfirmen in der strukturschwachen Ems-Region zu erhalten, sind die niedersächsischen Landesregierungen der Werft seit Jahrzehnten entgegengekommen. Unter anderem wurde mit Steuermitteln der Bau eines Wehres finanziert, dass angeblich den Mündungsbereich der Ems vor Sturmfluten sichern soll. Tatsächlich dient die Wehranlage dazu, die Ems so aufzustauen, dass die gigantischen Kreuzfahrschiffe aus der Papenburger Werft auf dem kleinen Fluss in die Nordsee geschleppt werden können. Der aktiv betriebene Stau und die Kanalisierung der Ems haben an der Ems alle Vorgaben der EG-Wasserrahmenrichtlinie zur Makulatur verkommen lassen (s. RUNDBR. 960/3, 941/3, 708/3, 566/4, 494/1-3, 493/1, 423/1). Die Verschlickung des Unterlaufs der denaturierten Ems hat derartige Dimensionen angenommen, dass sich die Gewässerökologie immer weiter vom »guten ökologischen Zustand« entfernt.

In den letzten Monaten würde man sich aber lt. HANDESLBLATT vom 17.12.15 auch in der Politik zunehmend fragen, "warum man das alles mache". Die Politiker, die der Werft-Führung bisher alles verziehen haben, fühlen sich zunehmend brüskiert. Der selbstherrlich regierende Firmenpatriarch hat nämlich klammheimlich für sein Werftenimperium eine Holding mit Sitz in Luxemburg gegründet. "Nicht aus steuerlichen Gründen, sondern um keinen Aufsichtsrat einrichten zu müssen", schreibt das HB. Der Firmenchef will sich von einem Aufsichtsrat nicht in seine Geschäfte reinreden lassen. Gleichwohl soll die Verlegung der Holding nach Luxemburg für das Land mit Steuerverlusten verbunden sein. Unmut gegen die Leitung der als Familienbetrieb geführten Werft ist jetzt zusätzlich entstanden, weil die Werftleitung den Betriebsratsvorsitzenden feuern will.

Anlass für die Kündigung ist, dass der Betriebsratsvorsitzende eine Mitarbeiterin zum Eintritt in die IG Metall genötigt haben soll. Bei Betrieben mit einem hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad ist es üblich, dass man gleich vom Büro der Personalabteilung ins Betriebsratsbüro geschickt wird, um dort den Aufnahmeantrag in die Gewerkschaft zu unterschreiben. Der Betriebsratsvorsitzende hat allerdings in diesem Fall den Vorwurf der Nötigung als völlig an den Haaren herbeigezogen zurückgewiesen. Wahrer Grund für die Kündigung sei das unbotmäßige Auftreten des Betriebsrates gegen den Werftenpatriarch - beispielsweise weil er gegen die nicht abgesprochene Verlegung der Holding nach Luxemburg protestiert hatte. Damit habe die Werftleitung lt. HB das Stillhalteabkommen mit der IG Metall aufgekündigt. Denn auch die IG Metall hatte bislang das zerstörerische Wirken der Werft gegenüber der Ems-Ökologie aktiv gutgeheißen.

Dem ökologischen Ruin der unteren Ems will man seit Anfang 2015 mit einem "Masterplan" begegnen. Der auf 35 (!) Jahre angelegte Genesungsplan für die daniederliegende Ems sieht umfangreiche Maßnahmen gegen die Verschlickung des Flusses vor - bei Gewährleistung der Überführung der Luxuspötte aus der Papenburger Werft in die Nordsee. Im Sommer 2014 hatten Naturschutzverbände sowie Vertreter von Land, Bund, anliegenden Kommunen und der Meyer Werft erstmals den Masterplan präsentiert. Im Januar 2015 war der Plan von allen Beteiligten - bis auf die Stadt Emden und den Kreis Leer - unterzeichnet worden. Auch die Kosten für den Masterplan gehen selbstverständlich gößtenteils auf Kosten der Steuerzahler.


"Rechtswidrige Verteidigung der Alleinherrschaft"

Kritische Berichte zu allem, was mit der Ems, der Meyerwerft und dem Masterplan zusammenhängt, kann man immer wieder in dem Küstenmagazin "WATERKANT" (s. 1048/1, 512/2-3) nachlesen: www.waterkant.info

Die in der Region als "Paukenschlag" empfundene Verlegung des Firmensitzes der Meyer-Werft nach Luxemburg war der "WATERKANT" ebenfalls einen Beitrag wert. Unter der Überschrift "Die Flucht der Meyer Werft vor der Mitbestimmung ist kein Einzelfall - Verstaatlichen wäre eine gute Idee" weist CHRISTOPH SPEHR in der Ausgabe 3/15, S. 9-12, u.a. darauf hin, dass die Werft wiederholt mit EU-Hilfen für Infrastrukturmaßnahmen subventioniert worden ist. Der Autor beschäftigt sich nicht nur mit der Ablehnung des "Familienunternehmens" gegenüber der Einrichtung eines Aufsichtsrates. Auch der sich anbahnende Strukturwandel beim Bau von Kreuzfahrtschiffen ("schwimmende Eventanlagen") ist ein Thema.


Den Masterplan selbst sowie 63 Fragen und Antworten zum Masterplan finden interessierte RUNDBR.-LeserInnen auf der Homepage des Umweltministeriums in Hannover:
http://www.umwelt.niedersachsen.de/startseite/masterplan_ems/fragen-undantworten-zum-masterplan-ems-131674.html

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1081
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2016

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