Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

ABFALL/009: Malediven - Rauchender Müllberg soll saubere Energie produzieren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Juni 2011

Malediven: Rauchender Müllberg soll saubere Energie produzieren

Von Feizal Samath


Malé, 20. Juni (IPS) - Der "rauchende Berg" ist für die Urlauber auf den Malediven kaum zu übersehen. Auf der Insel Thilafushi, nur wenige Kilometer von der Hauptstadt Malé entfernt, werden täglich hunderte Tonnen Müll abgeladen und teils verbrannt. Doch schon bald könnte der von Umweltschützern als 'Giftbombe im indischen Ozean' verrufene Abfall beseitigt sein.

Auf der 'Müll-Insel' werden derzeit nicht nur Haushaltsabfälle, sondern auch Altbatterien, Asbest, Blei und andere giftige Rückstände abgeladen. Die Regierung will die tickende Zeitbombe endlich entschärfen. So soll der Unrat recycelt und die aus dem Müllberg aufsteigenden Gase in Energie umwandelt werden.

Ein Ende Mai mit dem indisch-deutschen Konsortium 'Tatva Renewable Energy' geschlossenes Abkommen sieht vor, dass in zwei Jahren auf Thilafushi sauberer Strom erzeugt wird. Tatva ist ein Zusammenschluss von 'UPL Environmental Engineers' mit Sitz im westindischen Bundesstaat Gujarat und der Mitteldeutschen Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft aus Bitterfeld in Sachsen-Anhalt.

Umweltaktivisten begrüßen den von der Internationalen Finanz-Korporation (IFC) unterstützten Plan. "Damit werden wir nicht nur den Giftmüll los, sondern bringen auch Energie aus erneuerbaren Quellen hervor. Genau das brauchen wir im Moment", sagte Ali Rizwan von der unabhängigen Organisation 'Blue Peace', die Thilafushi bereits die 'Giftbombe im Indischen Ozean' getauft hat.

Wie in vielen Inselstaaten ist auch auf den Malediven die Abfallbeseitigung zu einem ernsten Problem geworden. Von den insgesamt 1.200 Inseln des Archipels sind etwa 200 bewohnt. Um den Müll aus Malé zu lagern, funktionierte die Regierung 1992 Thilafushi zur Deponie um. Bald begannen aber auch zahlreiche Touristen-Resorts sich auf diesem Weg ihrer Abfälle zu entledigen. Thilafushi wurde zu "einem immer ernsteren Umwelt- und Gesundheitsproblem", stellte 'Blue Peace' fest.


Hohes Touristenaufkommen

Auf den Malediven leben rund 370.000 Menschen. Die Zahl der ausländischen Urlauber ist über das Jahr verteilt mehr als doppelt so hoch. Im vergangenen Jahr besuchten etwa 800.000 Gäste die Inseln. Damit war das Touristenaufkommen weit größer als im benachbarten Sri Lanka mit 20 Millionen Einwohnern.

Schätzungen zufolge fallen in einem Hotel auf den Malediven pro Tourist und Tag im Schnitt 7,5 Kilo Müll an. Dies ist doppelt so viel, was ein Einheimischer produziert. Wie Rizwan kritisierte, bemühen sich die Resorts bisher kaum um einen bewussteren Umgang mit dem Müll.

Bei einem Besuch auf einer von Maledivern bewohnten Insel entdeckte Rizwan am Strand größere Mengen an leeren Plastikflaschen und Cola- Dosen, die von Touristeninseln angeschwemmt worden waren. "So etwas kommt bei uns häufig vor", beklagte er. Der Tourismussektor müsse der Regierung unbedingt dabei helfen, dieses Problem zu lösen.

Vor zwei Jahren wollte die Regierung bereits eine 'grüne Steuer' einführen, um die Umweltfolgen durch die Abfälle auszugleichen. Das Vorhaben wurde aber im vergangenen Januar gekippt, nachdem der finanziell klamme Staat Hotels und anderen Privatunternehmen zahlreiche andere neue Steuern auferlegt hatte.

Die nun vereinbarte öffentlich-private Partnerschaft werde "optimale Vorgehensweisen und Standards der Abfallwirtschaft in Tilafushi und anderen Insel im Umkreis von Malé einführen", teilte IFC mit. Den Erwartungen zufolge wird das Projekt Privatinvestitionen in Höhe von bis zu 50 Millionen US-Dollar anziehen und die Treibhausgasemissionen um rund 12.000 Tonnen senken.

Der Rückgang der Klimagase liegt im ureigenen Interesse der Malediven, denn der durch den Klimawandel bedingte Anstieg des Meeresspiegels gefährdet den Inselarchipel in seiner Existenz. Etwa 80 Prozent der Inseln der Malediven befinden sich lediglich einen Meter über dem Meeresspiegel. Nur Malé ist durch eine drei Meter hohe Mauer vor den Fluten geschützt. Umweltexperten warnen davor, dass die gesamten Malediven schon in 100 Jahren im Ozean versunken sein könnten.


Zusammenarbeit mit Schweizer NGO beim Klimaschutz

Nach Angaben von Tourismusministerin Maryam Zulfa unterzeichnete die Regierung kürzlich eine Absichtserklärung mit der unabhängigen Schweizer Organisation 'Myclimate', Maßnahmen für einen freiwilligen Emissionsausgleich einzuleiten.

Zulfa zufolge sollen die Malediven eine Modellregion für Umweltschutz werden. Die größte Herausforderung besteht darin, den für die Stromgeneratoren der Hotels verwendeten Diesel durch Solarenergie zu ersetzen. Diese Energie erfordert allerdings hohe Investitionen. Ebenso schwierig ist es nach Ansicht der Ministerin, den Schiffsverkehr auf eine kostengünstige Alternative zu fossilen Brennstoffen umzustellen.

Die Regierung in Malé will immerhin bis 2020 alle schädlichen Emissionen neutralisieren. Vor allem die Tourismusindustrie wird daher dringend dazu angehalten, umweltfreundliche Kühlschränke und Klimaanlagen einzusetzen. (Ende/IPS/ck/2011)


Link:
http://www.bluepeacemaldives.org/
http://www.myclimate.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56077

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 20. Juni 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juni 2011