Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

AFRIKA/035: Grüne Wüsten in Afrika - Mobilisierung gegen industrielle Holzplantagen (ARA Magazin)


ARA Magazin 2/10 - Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz e.V.

Grüne Wüsten in Afrika


Seit August unterstützen Isabel Jakob und Tim Strupat die Arbeit von ARAs südafrikanischer Partnerorganisation GeaSphere. Im Rahmen des Freiwilligenprogramms "weltwärts" lernen sie 12 Monate lang Arbeit und Alltag einer Umweltorganisation kennen, die sich für Menschen und Natur einsetzt, die von der Ausweitung industrieller Monokulturen betroffen sind.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts werden in Südafrika immergrüne Eukalyptus- und Kieferplantagen angebaut. Hauptsächlich zu Papier und Zellstoff für den Export verarbeitet, verheißt das angebliche "grüne Gold" einen hohen Profit. Mit Blick auf das schnelle Geld werden die schlechten Seiten von Holzplantagen unter den Teppich gekehrt.

Heute breiten sich die in Monokulturen gepflanzten Bäume auf 1,5 Millionen Hektar aus. Das ist zwar nur gut ein Prozent der Landfläche Südafrikas - aber genau hier fällt der meiste Regen. In den trockenen Landesteilen können sie nicht wachsen, denn gerade Eukalyptus benötigt große Mengen an Wasser. Die holt er sich mit bis zu 40 Meter langen Wurzeln, die das brüchige Gestein mühelos durchdringen können. Die Leidtragenden sind die Menschen, die unterhalb der Baumplantagen leben. Viele Flüsse, die einst als Wasserquelle zum Trinken, Waschen und Anbauen kleiner Gemüsegärten genutzt wurden, trockneten wegen des ständigen Durstes der Plantagen aus.

Und weil die Bäume auch in der Trockenzeit viel Wasser benötigen, ist vielerorts der Grundwasserspiegel bereits gesunken. Aber auch die ökologischen Auswirkungen sind gravierend. Vor allem Grasland, uralter Lebensraum für unzählige Tiere und Pflanzen, wird durch den Plantagenbau großflächig zerstört. Viele im Grasland heimische Vogel- und Antilopenarten sind mittlerweile vom Aussterben bedroht. Wichtige Nutz- und Heilpflanzen werden immer seltener.

Außerdem bleiben Kiefern und Eukalyptus nicht dort, wo sie angepflanzt wurden. Immer weiter dringen sie in das Grasland vor. In Südafrika werden sie als alien species bezeichnet: nicht heimische Arten, die sich unkontrolliert ausbreiten. Aber bislang müssen die Besitzer der Plantagen keine Verantwortung übernehmen, wenn ihre Monokulturen intakte Ökosysteme verdrängen.


GeaSphere - Aktiv gegen Aliens

Die Umweltorganisation GeaSphere hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, die Bevölkerung über die negativen Folgen industrieller Holzplantagen aufzuklären und alternative Landnutzungsmodelle zu entwickeln. Ihren Sitz hat sie in der Nähe von Nelspruit, der Hauptstadt der Provinz Mpumalanga. Hier finden sich nicht nur über 40 Prozent der Holzplantagen Südafrikas, sondern auch ein Zellstoffwerk mit einer Produktion von 150.000 Tonnen pro Jahr.

Weil es derzeit Pläne gibt, die Kapazität des Werkes um 225.000 Tonnen pro Jahr zu erweitern, werden von GeaSphere zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt, auf denen über die Folgen der Plantagen informiert wird. Auch die Verantwortlichen aus Industrie und Regierung werden immer wieder mit den Ergebnissen der Recherchen von GeaSphere konfrontiert.

"Als weltwärts-Freiwillige sind wir an fast allen Aktivitäten der Organisation beteiligt. Unser Aufgabenfeld reicht von gewöhnlichen Büroarbeiten wie das Anstellen von Nachforschungen und das Erstellen von Flyern bis hin zu spannenden Expeditionen in betroffene Regionen. Es erlaubt uns einen tiefen Einblick in die vielen Facetten der Arbeit als Umweltaktivist in Südafrika.

Die ersten Wochen nutzten wir vorwiegend zum intensiven Einarbeiten und schon nach kurzer Zeit konnten wir mit einem breiten Wissen im Gepäck die Projektarbeit von GeaSphere aktiv unterstützen.


Arbeit in und mit ländlichen Gemeinden

Besonders berührt hat uns das Schicksal einiger ländlicher Gemeinden, die von der Holzindustrie aus ihrer Heimat vertrieben und umgesiedelt wurden. Daher investieren wir viel Zeit in die Dokumentation dieser Schicksale und ihrer Hintergründe. Durch aufschlussreiche Interviews und Filmaufnahmen wollen wir die Geschichte dieser Menschen aufzeigen und das Ergebnis der Öffentlichkeit präsentieren. Dabei ist uns wichtig, dass sich die Menschen ihrer Rechte bewusst werden und Entschädigung für ihre Verluste erhalten. Bei der Arbeit mit der Bevölkerung vor Ort hilft uns December Ndlhovu, der als Community-Koordinator von GeaSphere viel Erfahrung in diesem Bereich hat.

Das Besondere an diesem Projekt ist, dass es uns nicht nur die Möglichkeit gibt, Betroffenen zu helfen, sondern auch uns in vielerlei Hinsicht bereichert. Durch die Gespräche mit den Menschen erhalten wir tiefe Einblicke in deren Kultur und Lebensweise und hatten sogar schon die einzigartige Gelegenheit, bei einem Treffen von traditionellen Heilern teilzunehmen.


Industrielle Monokulturen

in Mosambik Während der Fokus in Südafrika auf Wiedergutmachung und Aufarbeitung liegt, konzentriert sich die Arbeit von GeaSphere in Mosambik darauf, neue Plantagen zu verhindern. Dort plant die Holzindustrie mehrere hunderttausende Hektar industrieller Plantagen. Mit dem nur selten eingehaltenen Versprechen, viele Arbeitsplätze zu schaffen und Schulen zu bauen, eignet sich die Industrie das Land vieler Kleinbauern an. Diese wissen meist nichts von den verheerenden Auswirkungen der Plantagen, lassen sich von den Verlockungen der Industrie verleiten und treten ihr Land leichtsinnig ab.

Auch auf sie wird das zukommen, mit dem die Landbevölkerung in Südafrika schon jetzt zu kämpfen hat: Flüsse werden austrocknen, nur wenige neue Arbeitsplätze werden entstehen und ohne Land zur Bewirtschaftung wird es für viele Menschen schwer sein, ihre ursprünglich unabhängige Existenz weiterhin zu sichern. Deshalb beabsichtigen wir, eine Forschungsreise in die betroffenen Gebiete zu unternehmen. Wir wollen die lokale Landbevölkerung über die Problematik der Holzplantagen unterrichten und ihr helfen, sich gegen die mächtige Industrie zu wehren. In Zusammenarbeit mit zwei weltwärts-Freiwilligen bei Justiça Ambiental (JA!), einer mosambikanischen Umweltorganisation, und weiteren Umweltaktivisten suchen wir nach weiteren Unterstützern für dieses Projekt. Sie können uns dabei helfen!"


*


Steckbrief:

weltwärts mit ARA und dem Welthaus Bielefeld

Weltwärts ist ein entwicklungspolitischer Freiwilligendienst für junge Menschen zwischen 18 und 28, die in der Regel für 12 Monate die Arbeit von Partnerorganisationen im Süden unterstützen und den Alltag der Menschen vor Ort kennen lernen wollen.

Das Programm wird durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Die Freiwilligen werden durch erfahrene Entsendeorganisationen intensiv auf ihren Einsatz vorbereitet und während der gesamten Zeit ihres Dienstes begleitet.

Weitere Informationen des BMZ zu weltwärts gibt es unter: www.weltwaerts.de

Bei der Betreuung von Freiwilligen in Umweltprojekten in Südafrika und Mosambik arbeitet ARA eng mit dem Welthaus Bielefeld zusammen. Bis zum Ende des Jahres werden dort noch Bewerbungen für die nächste Projektphase angenommen, die im August 2011 beginnt: www.welthaus.de/weltwaerts


*


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Kiefern in Reih' und Glied: Sie liefern den Nachschub für eine Zellstofffarbrik in der Nähe von Nelspruit.
Die schleichende Invasion der alien species: Kiefern und Eukalyptus haben in Südafrika schon mehr als 1,7 Millionen Hektar Grasland überwachsen.
Die beiden weltwärts-Freiwilligen Isabel und Tim haben bereits in ihren ersten Monaten viele neue Erfahrungen gemacht.

*


Quelle:
ARA Magazin 2/10, S. 9-11
Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz e.V.
August Bebel Str. 16-18, 33602 Bielefeld
Redaktion: Jürgen Wolters, Wolfgang Kuhlmann, Jürgen Birtsch
Telefon: 0521/6 59 43, Fax: 0521/6 49 75
E-Mail: ara@araonline.de
Internet: www.araonline.de

Das ARA Magazin erscheint halbjährlich.
Mitglieder und Förderer von ARA erhalten es kostenlos.


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Dezember 2010