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AFRIKA/036: Westafrika - Bauern fordern Ersatz für eingestellte Wetterdienste (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Dezember 2010

Westafrika: Wissen, wo Regen fällt - Bauern fordern Ersatz für eingestellte Wetterdienste

Von Ousseini Issa


Niamey, 28. Dezember (IPS) - Daouda Iboune aus der Landgemeinde Bankilaré im westlichen Niger ist verbittert. "Seit der letzten Saison habe ich schon zweimal den günstigsten Zeitpunkt für die Winteraussaat verpasst, weil es keine Radioberichte mehr über die Klima- und Wetterlage gibt", beklagte sich der Bauer.

Dass die Wetterberichte eingestellt wurden, macht nicht nur den Landwirten zu schaffen. Auch die Viehzüchter sind betroffen. "Ihnen fehlen jetzt aktuelle Informationen über Weideland, auf dem ihre Herden genügend Futter und Wasser finden", stellte Boubacar Hamidan fest, dessen Herden in der gleichen Gegend weiden.

'Bankilaré FM', das die Voraussagen ausstrahlte, war 1999 als Nigers erstes Kommunalradio an das satellitengestützte Kurzwellenradio 'World Space' angeschlossen worden. Doch wegen technischer Änderungen am Satelliten lassen sich die kostenlosen, in lokale Sprachen übersetzten Dienste nicht mehr in ganz Westafrika empfangen. Seitdem fehlen auch in Radio Bankilarés entlegenem Sendegebiet die dort dringend benötigten aktuellen Wetterberichte.

Diese Informationslücke soll jetzt im Rahmen des weltweit auf meteorologische Informationsdienste spezialisierten internationalen Programms RANET ('Radio et Internet') geschlossen werden. Mobiltelefone und das weltweite Web sollen anstelle der eingestellten Satellitenübertragung kommunale Radios in entlegenen ländlichen Regionen mit qualifizierten, zuverlässigen meteorologischen Informationen beliefern. Über die technische Umsetzung dieser Pläne berieten kürzlich Fachleute und Wissenschaftler mit Bauern, Gesundheitsdiensten, Entwicklungshelfern und anderen Interessentengruppen aus Afrika und Europa auf einer Konferenz in Nigers Hauptstadt Niamey.

"RANET hatte Anfang 2000 in Niger seine Arbeit aufgenommen", berichtete Katiellou Lawan Gaptia, der das Projekt im Rahmen des nationalen Wetterdienstes vorantreibt. In den zwölf Ländern, die sich an RANET beteiligen, hatte das Projekt bei den Bewohnern entlegener ländlicher Regionen großen Anklang gefunden. "Leider funktioniert der Satellit inzwischen nicht mehr, und auch die für den Satellitenempfang ausgerüsteten Geräte sind wegen fehlender Ersatzteile inzwischen völlig unbrauchbar", kritisierte Gaptia.

Im Gespräch mit IPS erklärte Béchir Mohamed, Direktor des meteorologischen Dienstes in Mauretanien: "Wir haben über Möglichkeiten diskutiert, wie sich die auf dem gesamten afrikanischen Kontinent gut etablierten kommunalen Radios durch die Nutzung neuer Informations- und Kommunikationsmedien wie Mobiltelefone und Internet in diese Informationsnetze einbinden lassen und dadurch an Bedeutung gewinnen."


Erweitertes Informationsangebot

Inzwischen hat sich ein gutes Dutzend afrikanischer Länder, darunter Kamerun, Kenia, Mali, Marokko, Mosambik, Niger, Tschad und Sambia, diesem Programm angeschlossen. "Es soll nach und nach um andere Gebiete wie Gesundheit und Umweltschutz erweitert werden", berichtete der Chef von Radio Bankilaré FM, Amadou Boureïma Diallo. "Die in Niamey ansässige internationale Nichtregierungsorganisation 'Helen Keller' hat über unser Netz Sanitärprodukte vertrieben, die in ländlichen Gebieten die Gesundheitsversorgung von Müttern und Kindern verbessern sollen", fügte er hinzu.

"Es gab auch Berichte über Schwangerschaftsvorsorge und über die Vorbeugung von häufig vorkommenden Kinderkrankheiten wie Atemwegsprobleme und Durchfallerkrankungen", betonte Ramou Idrissa, Mitarbeiterin des Gesundheitsdienstes von Niamey.

"Dank dieser Sendungen haben wir erfahren, wie wichtig Beratungen in der Schwangerschaft sind. Auch über das Stillen und die Bedeutung von Impfungen haben wir dadurch viel gelernt", lobte Hamsa Ahamadou, eine 29-jährige Mutter aus Bankilaré.

Auch Mohamed Kouyaté, der im Wetteramt von Mali für Prognosen zuständig ist, zeigt großes Interesse an RANET. Ihm geht es darum, die Landbevölkerung seines Landes schnell mit notwendigen Informationen versorgen zu können. "So lassen sich Entscheidungen treffen, mit denen man den verhängnisvollen Auswirkungen des Klimawandels begegnen kann", meinte der Meteorologe.


Erfolgreiche Wetterwarnung für Baumwollfarmer

Am Beispiel der diesjährigen Baumwollernte habe sich gezeigt, wie dies gelingt, betonte Kouyauté. "In diesem Jahr hat es bis November geregnet, als die Baumwollernte fällig war. Doch dank unserer rechtzeitigen Information über die Wetterlage waren die Pflanzer vorgewarnt. Weil sie sich mit der Ernte beeilten, konnten sie die Baumwolle rechtzeitig und trocken einbringen. Nasse Baumwolle hätte den Marktwert geschmälert", betonte er.

"In Ländern wie Mali, in denen die Solarenergie in ländlichen Regionen viel genutzt wird und Kommunalradios Wetter- und Klimainformationen über das Internet beziehen und verbreiten, konnte RANET auch nach dem Ausfall des Radiosatelliten weiterarbeiten", berichtete Gaptia.

Bauern, deren Länder RANET nutzen und dessen Wetterinformationen verbreiten, sparen bei ihrer Arbeit nicht nur Zeit und Energie. Auch ihre Erträge können sich um 30, 40 Prozent verbessern", erklärte Kouyaté.

Die für Marokkos Wetterdienst in Nordrabat zuständige Regionalleiterin Khadija Kabibi stimmte ihm zu. Sie bedauerte, dass es immer noch Gemeinden gibt, die die ihnen zur Verfügung stehenden meteorologischen Informationen nicht nutzen. Hier sei noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten, mahnte die Marokkanerin.


Links:
http://www.hki.org/
http://www.ranetproject.net/
http://www.ipsinternational.org/fr/_note.asp?idnews=6291

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 28. Dezember 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Dezember 2010