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AFRIKA/081: Afrika - Feuchtgebiete in Gefahr (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. März 2015

Afrika:
Feuchtgebiete in Gefahr

von Tonderayi Mukeredzi


Bild: Creative Commons CC0

Wirtschaftsentwicklung, Landwirtschaft und Siedlungsbau sind Faktoren, die Afrikas Feuchtgebieten zusetzen
Bild: Creative Commons CC0

Harare, 13. März (IPS) - Die Feuchtgebiete Afrikas gehören zu den artenreichsten Ökosystemen der Welt. Obwohl den insgesamt 131 Millionen Hektar großen Arealen aus ökologischer und klimatischer Sicht eine besondere Bedeutung zukommt, sind sie aufgrund menschlicher Aktivitäten in ihrer Existenz bedroht.

Die größte Gefahr geht von kommerziellen Entwicklungsvorhaben aus. So soll beispielsweise auf der nordkenianischen Insel Lamu im Indischen Ozean ein Mega-Hafen entstehen - mit unabsehbaren Folgen für die lokalen Mangrovenbuchten und Fischlaichstätten.

Auch die Öl-, Kohle- und Gasindustrie setzt den Feuchtgebieten zu. So finden sich fossile Lagerstätten in den wasserreichen Ökosystemen und Schutzgebieten der Länder Nigeria, Guinea-Bissau und Mosambik. In Südafrika befinden sich Schwermineralsande ausgerechnet in einem ökologisch sensiblen Dünenwald, im Karoo-Becken soll nach Gas gebohrt werden.

In den Regenwäldern des Kongobeckens Ostafrikas und im Virunga-Nationalpark im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo (DRC) wiederum, einem Weltkulturerbe und von der Ramsar-Konvention anerkanntes Feuchtgebiet, könnte in naher Zukunft Öl gefördert werden.

Das Okavango-Delta in Botswana, eines der bedeutsamsten Feuchtgebiete Afrikas, das von der Weltkulturorganisation UNESCO als 1.000. Welterbe ausgezeichnet wurde, ist der Lebensraum vieler bedrohter Arten. Doch zunehmende Trockenheit, Weideflächen und der Tourismus bringen es zum Schrumpfen.

"Dieses Delta ist eine wahre Oase inmitten der knochentrockenen Kalahari-Standwüste, eine aufgrund jahrzehntelanger Grenz- und Bürgerkriege in angolanischen Wassereinzugsgebieten unberührte Wildnis", berichtete der Forschungsreisende der Zeitschrift 'National Geographic', Steve Boyes, in einem Interview.


"Überall ist Leben"

"Viele Menschen am Okavango River leben noch so wie ihre Vorfahren vor 400 Jahren - und von ihnen können wir lernen, bessere Verwalter unserer Natur zu werden." Nach Schätzungen Boyes sind hier mehr als 530 Vogel-, tausende Pflanzen- und 160 Säugetierarten sowie 155 verschiedene Reptilien und Unmengen an Fröschen und Insekten anzutreffen. "Wohin man auch schaut, überall ist Leben", betonte er. "Wir haben uns nach Fledermäusen umgesehen und fanden 17 Spezies. Wir suchten Gottesanbeterinnen und fanden 90 unterschiedliche Arten."

Eine jüngste Studie, die die botswanische Behörde für Wildlife und Nationalparks in Zusammenarbeit mit der Umweltgruppe 'BirdLife Botswana' erstellt hat, kommt zu dem Schluss, dass die historisch gewachsenen Röhrichtinseln im Okavango-Delta durch hydrologische Veränderungen, Buschfeuer und Viehherden zerstört werden.

Untersuchungen von BirdLife Botswana zeigen, dass die Population der Braunkehlreiher, ein ausschließlich in Südafrika lebender Wasservogel, dessen wichtigste Brutstätten sich in den Feuchtgebieten Sambias und Mosambiks sowie im Okavango-Delta befinden, nur noch 4.000 Exemplare zählt. Der Vogel, der auf der Roten Liste der bedrohten Arten des Weltnaturschutzverbands steht, scheint seine Bruststätten am Okavango zu verlieren.

Umweltschützer hoffen, dass sich das Feuchtgebiet mit Hilfe des 'Braunkehlreiher-Aktionsplans' retten lässt, den die botswanische Behörde für Wildlife und Nationalparks, BirdLife und andere Akteure zur Rettung des Okavango-Deltas entwickelt haben. In diesem Monat hat die Regierung zudem angekündigt, Wandersafaris im Okavango-Delta zu verbieten. Der Botswanische Verband der Reiseführer, von denen viele Wandersafaris organisieren, will gegen die Vorgabe rechtlich angehen.

Ein weiteres Beispiel für die Zerstörung größerer Feuchtgebiete ist Nigeria, wo die Verschmutzung von Agrarland mit den Förderaktivitäten des Erdölmultis Shell in Verbindung gebracht wird. Das von nigerianischen, US-amerikanischen und britischen Wissenschaftlern ins Leben gerufene Projekt zur Abschätzung und Wiederherstellung der im Niger-Delta geschädigten natürlichen Ressourcen stuft das Nigerdelta als "eines der weltweit am schlimmsten erdölgeschädigten Ökosysteme" ein.

2013 hatte ein niederländisches Gericht die nigerianische Niederlassung von Shell für die Verseuchung von Agrarland in Ikot Ada Udo im Bundesstaat Akwa Ibom an der Südküste des Landes verantwortlich gemacht. Das Nigerdelta ist mit 7.000 Quadratkilometern Afrikas größtes Delta. Es besteht zu einem Drittel aus Feuchtgebieten und beherbergt den größten Mangrovenwald der Welt.

Das Gerichtsurteil bedeutete einen Sieg für die Menschen im Nigerdelta nach deren jahrzehntelangem Kampf gegen den Ölmulti. Doch die Reinigungsarbeiten werden noch lange Zeit in Anspruch nehmen.


Übernutzung

"Die Zerstörung der Feuchtgebiete ist in fast allen afrikanischen Ländern zu beobachten. Dahinter stecken Faktoren wie Bevölkerungsdruck, die Notwendigkeit, viele Mäuler zu stopfen, Unwissen über die Funktionen und die Bedeutung der Feuchtgebiete, ein Mangel an staatlichen Schutzmaßnahmen, Gesetzen und institutionellen Rahmenwerken. "Dort, wo sie vorhanden sind, werden sie häufig nicht umgesetzt, kritisiert John Owino, der im Kenia-Büro des Weltnaturschutzverbands für Wasser und Feuchtgebiete zuständig ist.

Owino zufolge hängt die Zukunft der afrikanischen Feuchtgebiete vom politischen Willen der Regierungen ab, die Ökosysteme zu schützen. Es gelte solide Schutzstrategien zu entwickeln und die lokale Bevölkerung an der Verwaltung der Areale zu beteiligen.

Bisher haben nur sehr wenige afrikanische Staaten besondere Programme zum Schutz dieser Ökosysteme aufgelegt und werden von unterschiedlichen Sektoren wie der Landwirtschaft, dem Energiesektor und anderen Industrien ausgebremst. (Ende/IPS/kb/2015)


Link:
http://www.ipsnews.net/2015/03/safeguarding-africas-wetlands-a-daunting-task/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 13. März 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2015

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