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AFRIKA/090: Simbabwe - Klimaschutz-Waldprojekte bringen armer Landbevölkerung kaum Vorteile (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. August 2015

Simbabwe: Klimaschutz-Waldprojekte bringen armer Landbevölkerung kaum Vorteile

von Ignatius Banda


Bild: © Ninara/CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

Regenwald in Simbabwe
Bild: © Ninara/CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

BULAWAYO, SIMBABWE (IPS) - Projekte zum Schutz der Urwälder in Simbabwe geraten zunehmend in die Kritik. Eine neue Studie befeuert Befürchtungen, dass traditionelle Gewohnheitsrechte der lokalen Bevölkerung missachtet werden und diese keinen ausreichenden Zugang zu den Wäldern und ihren Ressourcen erhalte.

Traditionell besaßen die Bewohner eines Gebietes keine Rechte für das Land, auf dem sie lebten und das sie bewirtschafteten. Bis heute hat sich daran kaum etwas geändert. Nun stellte sich die Frage, ob die lokale Bevölkerung aufgrund ihrer Gewohnheitsrechte dennoch von den Waldschutzprojekten profitieren können.

Selbst in Fällen, in denen Simbabwer Landrechte besäßen, träten sie in Konkurrenz zu anderen Akteuren, die wirtschaftliche Ziele verfolgen, erklären die Autoren der Studie. Die im REDD+-Konzept der Klimarahmenkonvention UNFCCC angestrebten Ziele rückten damit in weite Ferne.


Bevölkerungswachstum in ländlichen Gebieten

Trotz der Agrarreform, die Millionen Landlosen zu Grundbesitz verhalf, ist der Großteil des Territoriums weiterhin im Besitz der Regierung von Simbabwe. Forscher weisen indes darauf hin, dass die Nachfrage nach Landtiteln und natürlichen Ressourcen steigt, da die Bevölkerung in ruralen Gebieten wächst und weitere Menschen dorthin ziehen.

Dadurch geraten die natürlichen Ressourcen immer mehr unter Druck. "Die Ausbeutung der Natur nimmt Jahr für Jahr in einem Ausmaß zu, das nicht mehr nachhaltig ist", warnt Steve Wentzel, Direktor der Organisation 'Carbon Green Africa'. Dies mache unter anderem umfangreiche Wiederaufforstungsmaßnahmen notwendig, wenn immer mehr Bäume für Feuerholz und für die Produktion von Tabak gefällt werden.

Das Waldschutzprogramm REDD+ sieht vor, dass lokale Bevölkerungsgruppen in Entwicklungsländern wie Simbabwe durch die Wiederaufforstung von Wäldern Klimazertifikate erwerben können und diese an Industriestaaten verkaufen. Dadurch sollten lokale Völker einen Anreiz erhalten, Wälder zu schützen, da sie letztlich selbst davon profitieren würden.

Doch wie bei allen wirtschaftlichen Aktivitäten ziehen auch in diesem Fall diejenigen, die die Produktionsmittel besitzen, den größten Gewinn aus dem Handel. In Simbabwe gehört das meiste Land entweder dem Staat oder großen Unternehmen - und die profitieren auch vom Waldschutzprogramm.


"Waldprojekte kein Allheilmittel"

Ian Scoones, der gemeinsam mit Melissa Leach das kürzlich erschienene Buch 'Carbon Conflicts and Forest Landscapes in Africa' geschrieben hat, merkt an, dass Waldprojekte zur CO2-Reduzierung, ebenso wie frühere Reformen bei der Waldbewirtschaftung, kein Allheilmittel seien. "Zwischen Grundbesitzern, Waldnutzern und Projektentwicklern gibt es viele Konflikte. Durch Forstprojekte eine marktbasierte Lösung zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels anzustreben, ist nicht zielgerichtet."

Scoones ist der Ansicht, dass bei dem REDD+-Projekt, das sich auf etwa 1,4 Millionen Hektar Land in Simbabwe bezieht, die ruralen Gemeinschaften in ihrer Rolle als traditionelle Landbesitzer das Sagen haben sollten. "Sie sind jedoch mit mächtigen Akteuren konfrontiert, die andere Vorstellungen von Ressourcen und wirtschaftlichen Prioritäten haben."

Zivilgesellschaftliche Organisationen in Simbabwe sehen dies als Grund dafür an, dass die Bevölkerung in ländlichen Gebieten immer den Kürzeren zieht.

Doch es gibt noch ein weiteres Problem: Das simbabwische Klimaministerium erklärte kürzlich, dass "reiche Länder ihre Zusagen bisher kaum eingehalten haben". Es sei somit unsicher, ob rurale Gemeinschaften ihre CO2-Zertifikate überhaupt jemals gegen Geld einlösen könnten.


Landverteilung bleibt strittiges Thema

Auf der UN-Klimakonferenz im mexikanischen Cancún war im Jahr 2010 festgelegt worden, dass die Zusagen für eine Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2020 erfüllt werden müssen. Beamte des Klima- und Umweltministeriums in Simbabwe sind sich allerdings darin einig, dass die Frage des Landbesitzes in dem afrikanischen Land ein sehr heikler Punkt ist, und daher nicht klar ist, ob der Termin eingehalten werden kann. Der Dialog mit zivilgesellschaftlichen Organisationen über Landrechte und einen Nutzen der Waldschutzprojekte für die Bevölkerung zieht sich dahin.

Wentzel, der Simbabwes einziges REDD+-Projekt im Sambesi-Tal koordiniert, ist jedenfalls der Ansicht, dass die Bewohner dieses Gebiets einen rechtmäßigen Anspruch auf die durch die natürlichen Ressourcen generierten Einkünfte haben, auch wenn sie keine Landtitel besitzen. (Ende/IPS/ck/19.08.2015)


Link:
http://www.ipsnews.net/2015/08/zimbabwes-forest-carbon-programme-not-all-it-seems/

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IPS-Tagesdienst vom 19. August 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. August 2015

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