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ARTENRAUB/193: Mit Kleinwaffen auf Großwildjagd - Militarisierung der Wilderei (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 5. Juni 2015

Rüstung: Mit Kleinwaffen auf Großwildjagd - Militarisierung der Wilderei

Von Thalif Deen


Foto: Hein Waschefort/cc by 3.0

Nashornkalb und -junges, die wegen ihrer Hörner abgeschlachtet wurden
Foto: Hein Waschefort/cc by 3.0

NEW YORK (IPS) - Kleine und leichte Waffen halten bekanntlich Konflikte in Regionen wie Nahost und Afrika in Gang. Entwicklungen in jüngster Zeit deuten jedoch darauf hin, dass sie nicht nur eine tödliche Gefahr für viele Menschen darstellen, sondern auch für Wildtiere wie Elefanten und Rhinozerosse.

Wie aus dem aktuellen 'Small Arms Survey' hervorgeht, kommen Sturmgewehre, Maschinen- und Selbstladepistolen, tragbare Panzer- und Flugzeugabwehrgewehre, Handgranaten, Raketen und Co auch im Kampf um die Kontrolle von Rohstoffen zum Einsatz.

Angesichts der hohen Nachfrage nach Rhinozeroshörnern und Elefantenstoßzähnen rüsten sowohl Wilderer aber auch Parkwächter immer weiter auf. Die zunehmende Militarisierung der Großwildjagd bringt demnach immer aggressivere Taktiken mit sich.

In Afrika gehen die Elefantenpopulationen zurück, während die Zahl der in den letzten Jahren erlegten Nashörner in die Höhe schnellt. Bei den in Wilderei verstrickten Akteuren handelt es sich der Untersuchung zufolge um skrupellose Militäroffiziere, kommerzielle Wilderer sowie Buschwild- und Subsistenzjäger.

Der illegale Handel mit Rhinozeroshörnern bedroht alle afrikanischen Nashornarten in ihrer Existenz. Trotz einiger erfolgreicher Bemühungen, die Dickhäuter in Schutzgebieten Südafrikas, wo 80 Prozent aller Afrikanischen Rhinozerosse anzutreffen sind, wieder neu anzusiedeln, greift die Wilderei laut der Umweltorganisation WWF immer weiter um sich.

Strafen ohne abschreckende Wirkung

Wie Paula Kahumbu von 'WildlifeDirect' berichtet, gefährdet die Wildlife-Kriminalität in vielen afrikanischen Staaten das Überleben bedrohter Tierarten. Dem Kenia-Büro ihrer Organisation lägen ausreichend Hinweise dafür vor, dass von den Strafen keine abschreckende Wirkung ausgehe. Ein weiteres Problem sei, dass die geltenden Bestimmungen nur halbherzig durchgesetzt würden, was in Verbindung mit korrumpierten Regierungsbeamten und Sicherheitskräften der Wildtier-Kriminalität weiter Vorschub leiste.

Der 'Arms Controll Survey' hat auch die Rolle des Klimawandels in aktuellen und künftigen Konflikten untersucht. In tropischen Kriegszonen sei es üblich, dass Kämpfe während der Regensaison zum Erliegen kämen und erst dann wieder fortgesetzt würden, wenn der Boden ausgehärtet sei und den Transport von Kriegsgeräten erlaube. Der Zustand des Terrains entscheide sogar über Taktiken bei der Kriegsführung, heißt es.

In einigen Teilen der Welt habe der Klimawandel zu zeitlichen und qualitativen Veränderungen der Jahreszeiten, der Temperaturen und Niederschläge sowie zu einem Anstieg des Meeresspiegels geführt. Der Bericht geht davon aus, dass die Entwicklungen zwangsläufig Konfliktstoff bergen.

Die Verbreitung von Kleinwaffen befeuert auch Konflikte im Zusammenhang mit der illegalen Rohstoffförderung, die entlegene Gebiete quasi über Nacht urbanisiert. Der Trend gehe zwangsläufig mit einer Gefährdung der Sicherheitslage einher, da unterschiedliche Gruppen um die Kontrolle über die Rohstoffe kämpften und sich lokale Gemeinden gegen die Ausbeutung ihrer Ressourcen zu wehren versuchten. Die Erdöl- und Gasförderung sowie der Abbau von Mineralien in Verbindung mit der Urbanisierung und das Bestreben der beteiligten Akteure, sich die Kontrolle über die Bodenschätze zu sichern, locke zudem Sicherheitskräfte und Gangster an.

Die jährlich erscheinende Studie, die von vielen westlichen Staaten finanziell gefördert wird, setzt sich auch mit dem internationalen Kleinwaffenhandel, den privaten Sicherheitsfirmen, internationalen Waffenhandelsabkommen und dem UN-Aktionsprogramm zur Überprüfung des illegalen Waffenhandels auseinander.

Mehr Waffen für Milizen

Nach den jüngsten verfügbaren UN-Zahlen gehören die USA, Italien, Deutschland, Brasilien, Österreich, Südkorea, Russland, China, Belgien, Tschechien, die Türkei, Norwegen und Japan zu den größten Exporteuren kleiner und leichter Waffen. Da immer mehr Waffen in die Hände bewaffneter Milizen gelangten, seien diese deutlich besser ausgerüstet als noch vor einem Jahrzehnt, warnt die Untersuchung. Sie besäßen großkalibrige Waffen und wie im Fall der Terrororganisation Islamischer Staat tragbare Luftabwehrsysteme (MANPADS), von denen allerdings etliche unbrauchbar seien.

Die von Rebellenorganisationen am häufigsten verwendeten Waffen sind chinesische und russische, die noch aus Zeiten des Kalten Krieges stammen. Inzwischen haben die Gruppen aber auch Zugang zu bulgarischen Rüstungsgütern.

Mit Blick auf die Unruheregionen in Nahost besteht dem Bericht zufolge kein Zweifel daran, dass der Arabische Frühling die Verbreitung von Kleinwaffen in der Region beflügelt habe. Libyen ist bisher der einzige von Aufständen betroffene Staat, gegen den die UN ein Waffenembargo verhängt haben. Bemühungen, auch Syrien mit einem solchen Embargo zu belegen, sind bisher gescheitert. Im Fall Ägypten wurde diese Option noch nicht diskutiert. (Ende/IPS/kb/02.06.2015)

Link:
http://www.ipsnews.net/2015/06/small-arms-proliferation-a-trigger-for- rising-wildlife-crimes/

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IPS-Tagesdienst vom 2. Juni 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2015

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