Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

ASIEN/042: Waldschutz in Vietnam - Das Überleben der Goldkopf-Languren (ARA Magazin)


ARA Magazin 2/10 - Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz e.V.

Waldschutz in Vietnam

Das Überleben der Goldkopf-Languren


Auf der Insel Cat Ba im Nordosten von Vietnam lebt eine der seltensten Affenarten: der Goldkopf-Langur. Seit acht Jahren engagieren sich der Allwetterzoo Münster und die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP) für seinen Schutz. In diesem Jahr konnte ARA dabei helfen, das erfolgreiche Projekt um eine neue Komponente zu erweitern.

Es begann vor anderthalb Jahren, als Jörg Adler, der Direktor des Allwetterzoos Münster, von den Stadtwerken Münster zu einem Gespräch über eine neue Kooperation eingeladen wurde.

Vorgestellt wurde die Idee eines neuartigen Angebotes für die Gas-Kunden der Stadtwerke - Münster:natürlich. Wer seine persönliche Klimabilanz verbessern möchte, kann seit Herbst 2009 in Münster diesen Gas-Tarif wählen. Mit einem Aufschlag von 0,21 Cent pro Kilowattstunde werden auf Cat Ba konkrete Maßnahmen zum Schutz des tropischen Regenwaldes unterstützt, die das beim Erdgasverbrauch erzeugte CO2 kompensieren.

Diese Verbindung eines Artenschutzprojektes mit Wald- und Klimaschutz wird von ARA inhaltlich und fachlich begleitet. Im September 2010 war ARA-Mitarbeiter Wolfgang Kuhlmann in Vietnam, um die Planung und Umsetzung neuer Projektkomponenten zu unterstützen.


Ein Schutzprojekt mit langem Atem

Die Insel Cat Ba ist die Heimat der letzten 60 Goldkopf-Languren. 1986 wurde der CatBa-Nationalpark gegründet, doch unkontrollierte Wilderei und Holzeinschlag bedrohten die Affen und ihren Lebensraum weiterhin. Dies änderte sich erst, als im Rahmen des 2001 begonnenen Schutzprojektes für den Goldkopf-Languren regelmäßige Patrouillen durchgeführt wurden.

Seit die Halong-Bucht zu einem der wichtigsten touristischen Ziele Vietnams geworden ist, gibt es immer wieder Pläne für den Bau neuer Straßen und Hotels. Aber alle Vorschläge, den Nationalpark zu verkleinern, konnten nicht zuletzt durch Interventionen des Projektteams abgewehrt werden. Es gelang sogar, weitere Gebiete unter Schutz zu stellen, darunter auch Küstenzonen mit Mangrovenwald. Nach einer Neuordnung der Parkgrenzen im Jahr 2006 umfasst das Schutzgebiet nun 109 km² Landfläche und zusätzlich 52 km² Küstengewässer.

Eine weitere Besonderheit des Langurenprojektes ist die starke Einbindung von Einheimischen in den aktiven Schutz der Tiere mit dem markanten goldgelben Kopf. Einige sind, fast wie Bodyguards, direkt für die Sicherung bestimmter Langurengruppen zuständig. Andere schützen als Patrouillengänger die Wohngebiete der Languren oder den Zugang zu ihnen. Manche unterstützen auch Parkranger als Beobachter. Diese enge Kooperation vermittelte in der Region erstmals die Idee, dass Arten- und Naturschutz auch Arbeitsplätze und Einkommen schaffen kann.

Durch die langfristige Ausrichtung des Projektes und die fachliche Weiterbildung von Mitarbeitern der vietnamesischen Partnerorganisationen, allen voran des Nationalparks, konnte die Grundlage für eine gut funktionierende Zusammenarbeit gelegt werden.


Mehr Wald für Cat Ba

In Zukunft soll stärker daran gearbeitet werden, Wald- und Umweltschutz in die breitere Öffentlichkeit zu tragen und hierfür Vertreter möglichst vieler unterschiedlicher Interessengruppen zu mobilisieren.

Hierzu tragen auch acht neu gegründete Waldschutzteams bei. Diese kommunalen Wald- und Umweltschutzinitiativen zählen fast 150 Mitglieder in sämtlichen Kommunen auf Cat Ba. Ihr Ziel ist die Verbesserung des Waldschutzes, die Verringerung von illegalem Wildtierhandel und der Erhalt von gesunden, produktiven landwirtschaftlichen Nutzflächen durch verbesserten Umweltschutz. Langfristig geht es aber auch darum, den lokalen Behörden eine Anregung für das Schaffen von (bezahlten) Arbeitsplätzen im kommunalen Naturschutz zu liefern.

Die Aktivitäten der Clubs konzentrieren sich darauf, die Abholzung von Bäumen für Baumaterial und die Entnahmen von Zierbäumen zu verhindern. Konfiszierte Zierbäume werden wieder eingepflanzt und regelmäßige Seminare informieren über Waldschutzstrategien und den rechtlichen Hintergrund.

Gemeinsam mit der Nationalpark-Verwaltung wurden darüber hinaus Pläne entwickelt, wie illegaler Holzeinschlag verhindert und Waldbrände verringert werden können. Grundlagen dafür wird eine genauere Kartierung der verschiedenen Waldzonen liefern, die in Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Abteilung des Nationalparks erstellt wird.

Das Science Department ist außerdem für die Wiederbewaldung gerodeter Flächen innerhalb des Nationalparks zuständig. Diese liegen insbesondere in den erst 2006 unter Schutz gestellten Flächen. Im ersten Schritt werden dazu Gräser und Buschwerk entfernt und zwischen 500 und 800 Akaziensetzlinge pro Hektar gepflanzt. Die Bäume reichern Nährstoffe im Boden an und haben nach einem Jahr eine Höhe von etwa 150 cm erreicht. In ihrem Schatten werden dann pro Hektar zwischen 800 und 1200 Setzlinge heimischer Baumarten gepflanzt, die in der Baumschule des Nationalparks gezogen wurden.

In den Folgejahren müssen mehrfach Gräser und Büsche entfernt werden, die die Bäume überwachsen könnten. Nach fünf bis sechs Jahren werden die Akazien entfernt und nach etwa zwölf Jahren kann der neue Wald sich selbst überlassen werden.


Langfristige Planung

Auf 50 Hektar wurde bereits mit einer Wiederbewaldung begonnen. Die Arbeiten konnten aber mangels Finanzierung durch die zuständigen Behörden nicht fortgesetzt werden. Dank der Unterstützung durch die Stadtwerke Münster ist es jetzt möglich, die Zahl der bisher gepflanzten Setzlingen von 200-300 Bäume pro Hektar auf über 1000 zu erhöhen. Damit steigen die Chancen einer langfristig erfolgreichen Renaturierung deutlich, denn erst so kann sich ein geschlossenes Kronendach bilden. Damit ist es möglich, neue Korridore zu schaffen, die bestehende Waldfragmente vernetzen.

Mit der Verhinderung von Entwaldung durch einen verbesserten Schutz bleibt das klimaschädliche Kohlendioxid in der Biomasse gebunden und bei der Wiederbewaldung degradierter Flächen wird weiteres CO2 aus der Atmosphäre entnommen. So können Kunden der Stadtwerke Münster sicher sein, dass ihr geringfügig höherer Gaspreis nicht nur dazu genutzt wird, die Auswirkungen ihres Energieverbrauchs auf das Klima zu kompensieren. Sie leisten auch einen wichtigen Beitrag zum Schutz einer vom Aussterben bedrohten Affenart.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
- Regelmäßge Patrouillen helfen, das Überleben der Goldkopf-Languren zu sichern.
- Messungen liefern Daten über die Biomasse des Waldes - und damit über die Menge des gespeicherten Kohlendioxids.


*


Quelle:
ARA Magazin 2/10, S. 6-8
Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz e.V.
August Bebel Str. 16-18, 33602 Bielefeld
Redaktion: Jürgen Wolters, Wolfgang Kuhlmann, Jürgen Birtsch
Telefon: 0521/6 59 43, Fax: 0521/6 49 75
E-Mail: ara@araonline.de
Internet: www.araonline.de

Das ARA Magazin erscheint halbjährlich.
Mitglieder und Förderer von ARA erhalten es kostenlos.


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2010