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ASIEN/105: Sind die Flüsse tropischer Torfsümpfe wirklich CO2-Schleudern? (idw)


Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) - 16.12.2015

Sind die Flüsse tropischer Torfsümpfe wirklich CO2-Schleudern?


Tropische Torfsümpfe gehören zu den wichtigsten terrestrischen Kohlenstoffspeichern der Erde. Südostasien galt wegen der weit verbreiteten Torfsümpfe bislang als "Hotspot" der CO2-Emissionen von Flüssen. Wissenschaftler des ZMT und ihre Partner haben die CO2-Emissionen aus südostasiatischen Torfsumpfflüssen nun erstmals gemessen.


Foto: © Tim Rixen, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie

Ein Torfsumpfgebiet auf Sumatra
Foto: © Tim Rixen, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie

Tropische Torfsümpfe gehören zu den wichtigsten terrestrischen Kohlenstoffspeichern der Erde. Einen Großteil dieser Ökosysteme findet man in Indonesien und Malaysia. Allein dort sind mehr als 66 Gigatonnen Kohlenstoff im Torf gespeichert - eine Menge, die etwa dem Achtfachen der jährlichen globalen Emission an Kohlenstoffdioxid (CO2) durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe entspricht.

Die zunehmende Rodung der Torfwälder Südostasiens setzt diese empfindlichen Ökosysteme jedoch starkem Druck aus: Immer mehr Kohlenstoff geht an die Umgebung verloren. Ein Teil davon gelangt in Flüsse, wo Mikroorganismen den Kohlenstoff aus seinen organischen Verbindungen lösen und teilweise zu CO2 umwandeln. Dieses CO2 gelangt über die Wasseroberfläche in die Atmosphäre und trägt dort als Treibhausgas zur globalen Erwärmung bei.


Foto: © Francisca Wit, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie

Entnahme von Sedimentproben im Siak-Fluß, Sumatra
Foto: © Francisca Wit, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie

Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenökologie (ZMT) und der Universität Hamburg haben die CO2-Emissionen aus südostasiatischen Torfsumpfflüssen nun erstmals gemessen. Die Studie, die die Forscher in Kooperation mit dem Institut für Umweltphysik der Universität Bremen und Partnern in Indonesien und Malaysia durchgeführt haben, ist diese Woche in der renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschrift "Nature Communications" erschienen.

Wegen der weit verbreiteten Torfsümpfe galt Südostasien unter Forschern bislang immer als "Hotspot" der CO2-Emissionen von Flüssen - eine spekulative Annahme, denn Messdaten aus dieser Region gab es nicht. Um der Rolle der südostasiatischen Flüsse im Kohlenstoffkreislauf auf den Grund zu gehen, unternahmen die ZMT-Forscher und ihre Partner mehrere Expeditionen nach Sumatra und Borneo. Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützten Forschungsprojekts untersuchten sie dabei erstmals die Ausgasung von CO2 aus sechs verschiedenen Torfsumpfflüssen vor Ort.

Die Messungen der Wissenschaftler zeigten, dass eine relativ geringe Menge CO2 aus den beprobten Flüssen freigesetzt wird. Nur etwa die Hälfte des aus den Torfsümpfen eingetragenen Kohlenstoffs wird dabei als CO2 in die Atmosphäre abgegeben, der Rest gelangt in die Ozeane. Während die untersuchten Flüsse und ihr Einzugsgebiet durchschnittlich 25 Gramm Kohlenstoff pro Quadratmeter und Jahr emittieren, liegt dieser Wert beispielsweise im Amazonas bei 120 Gramm. Eine überraschende Erkenntnis, die bisherige Spekulationen, Südostasien sei ein Brennpunkt der CO2-Emissionen von Flüssen, widerlegt.

Der vorrangige Grund hierfür ist die kurze Zeit, die der eingetragene organische Kohlenstoff in den Flüssen verweilt. Die meisten Torfsümpfe liegen dicht an der Küste, so dass die Flüsse erst relativ kurz vor ihrer Mündung ins Meer die Fracht an organischem Material aufnehmen. Im Schnitt befindet sich der organische Kohlenstoff nur zehn Tage in den Flüssen, bevor er ins Meer gespült wird. Daher bleibt Mikroorganismen nur wenig Zeit, den organisch gebundenen Torf-Kohlenstoff in CO2 umzuwandeln.

Doch auch im Ozean kann noch CO2 aus dem eingetragenen Kohlenstoff entstehen. Wieviel davon wieder in die Atmosphäre abgegeben wird oder im Ozean verbleibt, ist aber noch ungeklärt.

Publikation:
Francisca Wit, Denise Müller, Antje Baum, Thorsten Warneke, Widodo Setiyo Pranowo, Moritz Müller and Tim Rixen (2015) The impact of disturbed peatlands on river outgassing in Southeast Asia. Nature Communications 6. doi:10.1038/ncomms10155

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news643506
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution457

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT), Dr. Susanne Eickhoff, 16.12.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Dezember 2015

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