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ARTENSCHUTZ/021: Peru - Schutzzone für bedrohte Anden-Springaffen durch Wiederaufforstungsprojekt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. April 2011

Peru: Schutzzone für bedrohte Anden-Springaffen durch Wiederaufforstungsprojekt

Von Milagros Salazar


Juanjuí, Peru, 20. April (IPS) - Die frühmorgendliche Ruhe nimmt ein jähes Ende. Aus allen Richtungen des Waldes ist ein Brüllen zu hören, das an Kriegsgeschrei erinnert. So klingen Anden-Springaffen in der nordöstlichen Region San Martín, wenn sie ihr Terrain markieren. Der 23,5 Hektar große Lebensraum der vom Aussterben bedrohten Primatenart ist eine Besonderheit, er ist das Ergebnis einer privaten Wiederaufforstungsmaßnahme.

Trinidad Vela ist inzwischen 74 Jahre alt und in San Martin eine Legende. 1994 legte sie den Grundstein für die Entstehung des Pucunucho-Schutzgebietes, indem sie hier, in der Provinz Mariscal Cáceres, native Bäume pflanzte und eine Heimat für 20 Familien der 30 Zentimeter großen orange-braunen Anden-Springaffen schuf.

"Jede Affenfamilie besteht aus vier Mitgliedern: Mutter, Vater und zwei Kindern", erläutert Josie Chambers, eine Biologin aus den USA, die das Verhalten der Primaten erforscht. "Jedes Familienmitglied hat seinen eigenen individuellen Schrei, den es aber zur gleichen Zeit wie alle anderen Angehörigen zwischen 6.00 und 7.00 Uhr morgens ausstößt."

"Es ist schon erstaunlich, dass ausgerechnet ein so junger Wald einer bedrohten Tierart ein Refugium bieten kann", meint die 21-Jährige, die bereits mit Kolobus- und Kapuzineraffen in Uganda und Costa Rica gearbeitet hat. Die Anden-Springaffen (Callicebus oenanthe) sind in Höhen von bis zu 1.000 Metern über dem Meeresspiegel anzutreffen.

San Martín gehört zu den drei Regionen des peruanischen Amazonasgebietes, die vom Holzeinschlag besonders stark betroffen sind. Um das Problem zu bekämpfen, schlossen sich zivilgesellschaftliche Organisationen und Anrainer zusammen. Sie wollten die Regierung dazu bringen, ihnen vier Schutzgebiete mit einer Gesamtfläche von 267.133 Hektar Land zu überlassen. Auch Pucunucho, eine zehnminütige Autofahrt von Juanjuí, entfernt, der Hauptstadt von Mariscal Cáceres, war Teil dieses Netzwerkes für den Schutz der lokalen Artenvielfalt.


Artenvielfalt

Pucunucho ist inzwischen vielen wildlebenden Tieren zur neuen Heimat geworden. Neben den Anden-Springaffen leben hier Vögel wie Guanos, Tukane, Kolibris und Hoatzine, die als Bindeglied zu den prähistorischen Vögeln - den gefiederten Reptilien - betrachtet werden.

Das Schutzgebiet müsste dringend ausgeweitet werden. "Bleiben die Anden-Springaffen isoliert und ohne die Möglichkeit, sich genetisch auszutauschen, werden sie in 30 oder 40 Jahren ausgestorben sein", warnt Chambers. Im Rahmen des Projekts zum Schutz der Anden-Springaffen soll nun mit Hilfe benachbarter Landeigentümer auf beiden Seiten des Pucunocho-Flusses ein 180 Hektar langer Waldkorridor entstehen.

"Ja, ich mache gern mit, um den kleinen Affen zu helfen", sagte der 70-jährige Landbesitzer Isaías Moreno. Er will unbedingt in die Fußstapfen von Trinidad Vela treten, mit der alles anfing. Velas Tochter, die Biologin Karina Pinasco, ist stolz auf die umsichtige und kluge Art ihrer Mutter, dem abgeholzten und erosionsgeschädigten Gebiet neues Leben einzuhauchen. "Zunächst säte sie zur Wiederherstellung der Böden Hülsenfrüchte aus und bepflanzte sie dann mit einheimischen Hölzern wie Buriti-Palmen sowie Mahagoni- und Eiscremebohnenbäumen (Inga).


Schutz der Wasserressourcen

Der von Vela geführte Kreuzzug zur Rettung der Wälder sorgte ferner dafür, dass der ausgetrocknete Pucunucho-Fluss wieder Wasser mit sich führt. Zur Zeit der verheerenden Dürre 2005 versorgte er die Felder lokaler Bauern mit ausreichend Wasser. Nun sind die Anden-Springaffen an der Reihe, von der Initiative zu profitieren. "Nie hätte ich gedacht, dass das Gebiet zur Heimat so vieler Wildtier- und Pflanzenarten werden würde", meint dazu die inzwischen 74-jährige Vela.

Doch das Idyll ist jedoch gegen Übergriffe von Wilderern und Entwicklungsprojekten nicht gefeit. Im April 2010 rodete das staatliche Elektrizitätswerk 'Electro Oriente' einen Teil des Gebietes, um dort einen Hochspannungsmast zu errichten. Die Kosten für den Verlust von Flora und Fauna bezifferte Karina Pinasco mit mehr als 115.000 Dollar. Nach Angaben der lokalen Umweltbehörde war sich das Elektrizitätswerk nicht bewusst gewesen, eine Umweltsünde begangen zu haben. (Ende/IPS/kb/2011)


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http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=97955

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2011