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CHEMIE/010: Seveso-III - Umweltverbände fordern fortschrittliche Neuregelung (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News Montag, 26. März 2012 / Chemie & Nanotechnologie

Seveso-III: Umweltverbände fordern fortschrittliche Neuregelung



Die letzten Verhandlungen der EU-Institutionen zur Neuregelung der Seveso-II-Richtlinie über schwere Unfälle mit gefährlichen Substanzen drohen die Anlagensicherheit in Europa weiter zu verwässern. Das kritisieren Umweltverbände wie das Europäische Umweltbüro (EEB) und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU).

Am Dienstag soll bei den letzten Triloggesprächen zwischen VertreterInnen der drei EU-Institutionen Kommission, Rat und Parlament eine Einigung erzielt werden. Die Verbände befürchten, dass sich Wirtschaftsinteressen letztlich durchsetzen und die Interessen der AnwohnerInnen und der Umweltschutz ins Hintertreffen geraten.

"Es scheint so, als hätten EU-Kommission, Mitgliedstaaten und Europäisches Parlament eine Spirale in Gang gesetzt, die das Niveau der Anlagensicherheit immer weiter nach unten verlagert. Insbesondere bestimmte Mitgliedstaaten haben das Ziel, ein möglichst niedriges Level festzusetzen. Gerade von der deutschen Regierung hätten wir mehr erwartet," kritisierte Oliver Kalusch vom geschäftsführenden Vorstand des BBU.

Bei den Verhandlungen müssten aus Sicht des BBU mindestens die folgenden Punkte durchgesetzt werden:

- Der Anwendungsbereich der Seveso-II-Richtlinie darf nicht reduziert werden.

- Beibehaltung des Mitentscheidungsverfahrens statt alleiniger Entscheidungsbefugnis bei der EU-Kommission.

- Die Öffentlichkeit muss umfassend beteiligt werden, damit sie Entscheidungen und Pläne überprüfen kann; insbesondere muss der Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten gewährleistet sein, wenn es um die für Anlagen vorgeschriebenen externen Notfallpläne geht.

- Für Störfallbetriebe muss eine Pflicht zur ausreichenden finanziellen Versicherung eingeführt werden, damit im Ernstfall nicht die Allgemeinheit haften muss.

Auch das Europäische Umweltbüro spricht sich für eine Ausweitung der Reichweite der Richtlinie aus (EU-News 06.10.2011 [1], EU-News 05.01.2012 [2]). Darüber hinaus wird der Ausschluss der Öffentlichkeit bei entscheidenden Anlagenbelangen kritisiert.

Der Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten und die Information der Öffentlichkeit sollte durch die Aarhus-Konvention auch für EU- Regelungen gelten. Wenn europäische Gesetzesregelungen diesen Regeln nicht entsprechen, kann im Zweifelsfall der Aarhus-Beschwerdeausschuss (ACC) angerufen werden. (jg)

Pressemitteilung BBU
http://www.bbu-online.de/presseerklaerungen/prmitteilungen/PR%202012/26.03.12.html

EEB, Seveso-Experte Christian Schaible, Tel. +32 (0)2 / 2891094, E-Mail: christian.schaible@eeb.org


Nachtrag 28.02.2012
VertreterInnen der EU-Institutionen haben sich auf einen Kompromisstext für Seveso-II geeinigt (Trilog-Verfahren). Formale Abstimmung im EU-Parlament: voraussichtlich Juni 2012, Abstimmung im EU-Ministerrat: zweite Jahreshälfte 2012. Mögliches Inkrafttreten/ersetzung Seveso-II: 1.06.2015

Pressemitteilung EU-Ministerrat
http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_Data/docs/pressdata/en/envir/129282.pdf

[1]‍ ‍http://www.eu-koordination.de/umweltnews/news/chemie/1092-seveso-iii-richtlinie-soll-ueberarbeitet-werden
[2]‍ ‍http://www.eu-koordination.de/umweltnews/news/chemie/1235-sachstandsbericht-zu-seveso-iii

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Quelle:
EU-News, 27.03.2012
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2012