Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

GENTECHNIK/055: Europaparlament beschließt Grundlage für nationalspezifische Regelungen (Greenpeace)


Greenpeace - Presseerklärung vom 13. Januar 2015

Europaparlament beschließt Grundlage für nationalspezifische Regelungen

Anbauverbote für Gen-Pflanzen rücken näher



Hamburg, 13.01.2015 - Das Europäische Parlament hat heute einer Neuregelung zugestimmt, die nationale Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen zulässt. Wenn der EU-Ministerrat diese ebenfalls bestätigt, können die neuen Regelungen in nationales Recht umgesetzt werden. Dies ermöglicht dann unter anderem ein Anbau-verbot für den Gen-Mais 1507. "Die Bundesregierung muss die neuen Möglichkeiten für Anbauverbote gefährlicher Gen-Pflanzen zügig nutzen", sagt Dr. Dirk Zimmermann, Greenpeace-Experte für Gentechnik. "Agrarminister Christian Schmidt hat nationale Gentechnik-Anbauverbote zum politischen Ziel erklärt, seinen Worten müssen jetzt Taten folgen. Die Regelung zum Gen-Mais 1507 muss er soweit vorbereiten, dass er im Fall einer EU-Zulassung den Anbau auch wirklich untersagen kann."

Zurzeit sind keine Gen-Pflanzen für den Anbau in Deutschland zugelassen. Der einzige Gen-Mais mit EU-Anbauzulassung, Mon810, ist wegen Umweltrisiken seit 2009 mit einem nationalen Verbot belegt. In Brüssel steht jedoch die Anbauzulassung für den umstrittenen Gen-Mais 1507 unmittelbar bevor. Seit Anfang 2014 unter den EU-Mitgliedsstaaten keine ausreichende Mehrheit gegen den Mais zustande gekommen war, liegt die Entscheidung bei der Europäischen Kommission. Neue Regeln: Mehr Verbotsmöglichkeiten trotz rechtlicher Schwächen

Bislang steht für Verbote von Gen-Pflanzen lediglich die sogenannte Schutzklausel zur Verfügung. Sie kann nur dann herangezogen werden, wenn "neue wissenschaftliche Erkenntnisse" für eine Gefährdung durch genveränderte Pflanzen vorliegen. Die heute vom Parlament verabschiedeten neuen Regeln sehen weitere Begründungen für Verbote vor: Sozioökonomische Auswirkungen des Anbaus oder umweltpolitische Ziele können zur Sperre für Gen-Pflanzen angeführt werden. Greenpeace befürchtet rechtliche Unsicherheiten, weil nach neuem Recht ökologische Risiken nicht als Verbotsgründe angegeben werden dürfen. Die unabhängige Umweltschutzorganisation kritisiert zudem, dass Biotech-Unternehmen Spielräume eröffnet werden, direkt mit den nationalen Regierungen zu verhandeln.

Konsequentestes Szenario: Bundesweite Verbote für Gruppen von Gen-Pflanzen

Die neuen Regeln sollen auch das Verbot ganzer Gruppen von Gen-Pflanzen der gleichen Art oder mit denselben Eigenschaften möglich machen. Damit ließe sich der Anbau von Gen-Pflanzen, die Insektengifte produzieren, oder Pflanzen mit der eingebauten Toleranz gegen Unkrautvernichter grundsätzlich ausschließen. In der EU steht lediglich die Zulassung von Gen-Pflanzen mit diesen beiden Eigenschaften an. So verfügt der Gen-Mais 1507 über beide Modifikationen.

In der Praxis hat der Anbau herbizidtoleranter Gen-Pflanzen den Einsatz giftiger Agro-Chemikalien massiv gesteigert. Er bedroht die Artenvielfalt, Gewässer, Anwender und Anwohner. "Wenn Agrarminister Schmidt es wirklich ernst meint, muss er dem Anbau all dieser gefährlichen Gen-Pflanzen grundsätzlich die Absage erteilen - und somit sämtliche herbizidresistenten und Insektengift produzierenden Gen-Pflanzen verbieten", sagt Zimmermann. "Die Verbote müssen unbedingt bundesweit ausgesprochen werden. Ein Flickenteppich innerhalb Deutschlands ist inakzeptabel."

*

Quelle:
Presseerklärung, 13.01.2015
Herausgeber: Greenpeace e.V., Pressestelle
Hongkongstraße 10, 20457 Hamburg
Tel. 040/306 18-0, Fax 040/30618-100
E-Mail: presse@greenpeace.de
Internet: www.greenpeace.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang