Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → INTERNATIONALES


GENTECHNIK/207: Burkina Faso klagt über Ernteausfälle und schlechte Qualität der Gentechnik-Baumwolle (Securvital)


Securvital 2/18 - April/Juni 2018 Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen

Qualitätsfrage
Baumwoll-Anbau in Afrika

von Christian Selbherr


Afrika dient als Versuchsfeld für die Kommerzialisierung von gentechnisch verändertem Saatgut für Baumwolle, Mais und Soja. Nun ist ein Land ausgestiegen: Burkina Faso klagt über Ernteausfälle und schlechte Qualität der Gentechnik-Baumwolle.

Burkina Faso ist der größte Baumwollproduzent in Afrika und zugleich eines der ärmsten Länder des Kontinents. Baumwolle ist das wichtigste Exportgut des westafrikanischen Staates. 20 Prozent der Bevölkerung leben vom Baumwollanbau, allerdings reicht das Einkommen der Kleinbauern kaum für das Existenzminimum. So wie bei Hélène Kabré, einer Baumwollbäuerin aus einem kleinen Dorf, etwa eineinhalb Autostunden von der Hauptstadt Ouagadougou entfernt. Seit ihr Mann gestorben ist, sorgt sie als Witwe allein für ihre sechs Kinder.

Die Baumwolle auf dem Feld von Hélène Kabré hat Bio-Qualität. Statt chemischem Dünger verwendet sie Mist und Mulch. Außerdem verzichtet sie auf die teuren Pestizide, die an vielen anderen Orten ohne Schutzkleidung und ohne Anleitung versprüht werden. Der Bio-Anbau wie bei Hélène Kabré ist nur eine kleine Nische: Ein winziges Prozent beträgt der Anteil an der gesamten Produktion im Land. Aber er wäre ausbaufähig: "Was wir biologisch produziert haben, das haben wir alles verkauft", sagt David Nana, ein junger Mitarbeiter vom Bauernverband UNPCB. Wenn sie zusätzliche Abnehmer finden könnten, würden sie noch mehr biologische Baumwolle anbauen, so die UNPCB.

Stattdessen nimmt der konventionelle Anbau im Land zu, nach ausgesprochen schwierigen Phasen in den vergangenen Jahren. In den 1990er-Jahren geriet der Anbau des "weißen Goldes" in Westafrika in eine Krise. Bis dahin war Baumwolle das wichtigste Exportgut des Landes, meist von Kleinbauern im Familienbetrieb angebaut.

Kampf gegen die Schädlinge

Doch die Verarbeitungsfabriken aus französischer Zeit waren veraltet, außerdem mussten die Bauern jedes Jahr mit neuen Plagen kämpfen. Erst fraßen Raupen die Felder leer, dann kamen die "Weißen Fliegen" - Mottenschildläuse, die die Fasern auf den Sträuchern schwarz werden ließen. In dieser schwierigen Zeit begann der Staat, gentechnisch veränderte Baumwolle an Stelle der traditionellen Sorten massiv zu fördern.

Als man 2008 zum ersten Mal flächendeckend das Bt-Saatgut des Gentechnik-Konzerns Monsanto anbaute, erschien das als ersehnte Rettung. Die Bezeichnung Bt steht für die genetische Veränderung: Gene des Bodenbakteriums "Bacillus thuringiensis", in die Erbanlagen der Baumwolle eingefügt, sollten die Pflanzen gegen bestimmte Insekten resistent machen. Die Versprechen des US-Konzerns klangen verheißungsvoll: höhere Erträge und geringere Kosten, Widerstandsfähigkeit gegen viele Schädlinge und weniger Bedarf an gesundheitsschädlichen Pestiziden.

Doch jetzt, ein Jahrzehnt später, sind die Erfahrungen ernüchternd. Das Experiment hat sich nicht gelohnt. Die quasi-staatliche Baumwollgesellschaft Sofitex, die 80 Prozent des Baumwollgeschäfts in Burkina Faso lenkt, beschloss gemeinsam mit anderen Unternehmen, aus der Kooperation mit dem Gentechnik-Konzern Monsanto auszusteigen. Es hatte sich herausgestellt, dass die gentechnisch veränderte Baumwolle im Prüflabor der Sofitex zu wenig Ertrag brachte und ein erhebliches Qualitätsproblem aufwies. "Wir stellten fest, dass die Baumwollfasern zu kurz geworden sind", berichtet der Sofitex-Prüfer Anselme Kaboré. Die Länge der Fasern ist ein entscheidendes Kriterium für den Weltmarkt und bestimmt damit auch die Preise und Einnahmen.

Gütesiegel verloren

Die Baumwolle aus Burkina Faso und den westafrikanischen Nachbarländern war in Fachkreisen für ihre längeren Fasern bekannt. Doch mit der Monsanto-Baumwolle und ihren kürzeren Fasern "haben wir unser Gütesiegel verloren", sagt der Chef von Sofitex, Wilfried Yaméogo. Er forderte Schadensersatz von Monsanto für die nicht gehaltenen Versprechen der Bt-Baumwolle. Man einigte sich auf eine Summe von 11,3 Milliarden CFA (knapp 20 Millionen US-Dollar). "Die Akte Monsanto ist damit für uns geschlossen", erklärt Wilfried Yaméogo.

Das könnte eine internationale Signalwirkung haben, denn auch andere afrikanische Länder wie Ägypten, Sudan und Südafrika haben seinerzeit begonnen, gentechnisch veränderte Baumwolle anzupflanzen. "Das Ergebnis war in keinem der Länder überzeugend", urteilte die Zeitschrift "Le Monde diplomatique". Damit sei allerdings keineswegs die Gentechnik in der afrikanischen Landwirtschaft generell auf dem Rückzug. Burkina Faso zum Beispiel gestattet - trotz der schlechten Erfahrungen mit der Gen-Baumwolle - den Testanbau von Genmais. Andere Länder haben Mais, Soja, Maniok, Reis, Süßkartoffeln und andere genetisch veränderte Nutzpflanzen genehmigt - nicht nur von Monsanto (das vom deutschen Bayer-Konzern übernommen werden soll), sondern auch von DuPont Pioneer, ChemChina und anderen internationalen Unternehmen.

Versorgung gefährdet

Kritiker sehen darin eine Gefahr für die regionale Landwirtschaft und die Lebensmittelversorgung. In Afrika bewirtschaften die Bauern in der Regel kleine Parzellen, auf denen sie verschiedene Produkte anbauen. Sie verbinden Ackerbau und Viehzucht, was der Umwelt, der Biodiversität und den Böden zugutekommt. "Der Anbau von Gentechnik-Pflanzen geht genau in die Gegenrichtung", meint Le Monde diplomatique. "Er läuft auf große Monokulturen hinaus, die aus den heutigen Bauern womöglich einfache Landarbeiter machen."

Der Baumwollbauer Bognini Boyoun aus dem Ort Koumbia in Burkina Faso stellt seine eigene Rechnung auf. "Die konventionellen Samen kosten mich 3.000 CFA pro Hektar", sagt Boyoun. Das Gen-Saatgut von Monsanto, das er einige Jahre lang verwendete, ist jedoch neun Mal so teuer und muss jedes Jahr neu gekauft werden. Er ist jetzt wieder auf die konventionelle Baumwolle umgestiegen und mit der Ernte zufrieden. Das deckt sich mit den Erfahrungen von Sofitex.

Seit der Abkehr von der Monsanto-Baumwolle sind die Quantität und die Qualität der Ernte wieder gestiegen. Die vergangene Saison, die erste nach der Rückkehr zu konventionellem Saatgut, war mit weit über 600.000 Tonnen überaus erfolgreich, berichtet der Sofitex-Direktor Wilfried Yaméogo. Gänzlich abgeschlossen ist für ihn das Thema aber nicht. Vielleicht werde ein anderer Konzern künftig eine bessere Qualität anbieten, meint er.


Massenproduktion

Baumwolle ist die weltweit wichtigste Pflanzenfaser für Textilien. 26 Millionen Tonnen werden pro Jahr geerntet, vor allem in China, Indien und den USA. Für viele Kleinbauern in Afrika und Asien ist die Baumwolle eine wichtige Lebensgrundlage. Etwa ein Prozent der weltweiten Ernte stammt aus Bio-Anbau, während etwa 70 Prozent gentechnisch verändert sind. Umweltschützer kritisieren, dass bei der Massenproduktion in Monokulturen außerordentlich große Mengen an Pestiziden und Insektiziden eingesetzt werden. Außerdem verbraucht Baumwolle viel Wasser - bis zu 2.700 Liter für das Gewicht eines einzigen T-Shirts.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

  • Baumwollpflückerinnen in Burkina Faso (ganz links: Hélène Kabré)
  • Bei der Modernisierung der Verarbeitungsanlagen gab es Nachholbedarf
  • "Die Akte Monsanto ist damit für uns geschlossen." Wilfried Yaméogo, Direktor, der Baumwollgesellschaft Sofitex
  • Fertig verpackte Baumwollballen für den Export

*

Quelle:
Securvital 2/18 - April/Juni 2018, Seite 32-34
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen
Herausgeber: SECURVITA GmbH -
Gesellschaft zur Entwicklung alternativer Versicherungskonzepte
Redaktion: Norbert Schnorbach (V.i.S.d.P.)
Lübeckertordamm 1-3, 20099 Hamburg
Telefon: 040/38 60 800
E-Mail: presse@securvita.de
Internet: www.securvita.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Mai 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang