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KATASTROPHEN/097: Karibik - Wenn Hilfseinsätze neue Probleme verursachen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Oktober 2014

Karibik: Wenn Hilfseinsätze neue Probleme verursachen - Trinidad und Tobago für 'grünen' Katastrophenschutz

von Jewel Fraser


Bild: © Marco Dormino/UN

Notaufnahmelager in Port-au-Prince in Haiti
Bild: © Marco Dormino/UN

Port of Spain, Trinidad, 22. Oktober (IPS) - Hilfseinsätze bei Naturkatastrophen können unabsichtlich die Probleme verschärfen, die durch den Klimawandel hervorgerufen worden sind. Darauf haben mehrere neue Studien hingewiesen.

Als heftige Regenfälle 2012 in Diego Martin im Westen von Trinidad Schäden im Umfang von etwa 20 Millionen US-Dollar anrichteten, waren Hilfsteams schnell zur Stelle, um den Betroffenen zu helfen.

Nur zwei Wochen später wurde Diego Martin erneut überflutet, als ein Tropensturm über die Region hinweg zog. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Rotkreuz-Gesellschaft von Trinidad und Tobago (TTRCS) hält es für möglich, dass die zweite Überschwemmung teilweise durch den vorangegangenen Hilfseinsatz verursacht wurde.


Verstopfung durch Plastikbehälter

Bei der ersten Flutkatastrophe hatten die Helfer Trinkwasser in biologisch nicht abbaubaren Flaschen und Plastikbestecke verteilt, so der Report. "Neben den intensiven Niederschlägen hat vor allem auch die Verstopfung der Wasserwege zu den Überschwemmungen in Diego Martin beigetragen. Die Müllabfuhr war unmittelbar nach der Katastrophe nur eingeschränkt im Einsatz. Die Überschwemmungen hätten möglicherweise verhindert werden können, wären biologisch abbaubarer Materialien verwendet worden."

Der TTRCS-Bericht 'Grüne Antwort: Eine Länderstudie' wurde vor kurzem von der Leitung der Katastrophenschutzbehörde ODPM auf einem Treffen der Vereinigung Karibischer Staaten (ACS) vorgestellt. Er war im Anschluss an eine Studie erstellt worden, die sich mit der Frage beschäftigt hatte, wie sich die negativen Auswirkungen von Produkten und Technologien, die bei der Katastrophenhilfe zum Einsatz kommen, minimieren lassen.

Zu der Studie hatte sich Trinidad und Tobago nach einem ACS-Treffen 2011 entschlossen, bei dem nachhaltige Reaktionen auf Naturkatastrophen diskutiert wurden. Dieses Thema findet inzwischen international große Beachtung.

Aus einem Bericht der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung (IFRC) geht hervor, dass die Organisationen, die sich intensiv an solchen Hilfseinsätzen beteiligen, die Klimarisiken gegenwärtiger und künftiger Katastrophen in Betracht ziehen und ihre Programme entsprechend ändern würden.

Wie wichtig solche Überlegungen sind, wurde besonders nach dem Erdbeben in Haiti 2010 deutlich, das mehr als 20.000 Menschen das Leben kostete. Abgesehen davon, dass nepalesische Blauhelme, die für den Wiederaufbau des Landes einsetzt wurden, die Cholera einschleppten, verursachten Zehntausende nicht biologisch abbaubare Zelte aus geteerter Leinwand Probleme. Diese Zelte mussten zudem alle paar Monate ausgetauscht werden.

Aus einem IFRC-Bericht zu Haiti geht hervor, dass rund 50.000 Bäume notwendig wären, um die CO2-Emissionen auszugleichen, die im Verlauf des Verrottungsprozesses des Zeltmaterials entstanden sind. "Das Wichtigste ist, dass wir bei allem, was wir tun, dafür sorgen, dass die Umweltschäden möglichst gering bleiben", sagt George Nicholson, der bei der ACS für den Sektor Transport und Katastrophenvorsorge zuständig ist.

Trinidad und Tobago hat sich vorgenommen, ökologische und klimarelevante Überlegungen in sämtlichen Programmen zu berücksichtigen. Als in der ACS über einen grünen Katastrophenschutz diskutiert wurde, erbot sich das Land, die Machbarkeitsstudie zu erstellen, die als 'Grüne Antwort' bekannt ist.

Nicholson ist zuversichtlich, dass nach der Veröffentlichung der Untersuchung auch andere Mitgliedsländer der ACS dem Beispiel folgen und die Strategien von Trinidad und Tobago übernehmen werden.


Lokale Produktion von Hilfsgütern angeregt

Stephen Kishore von TTRCS ist der Meinung, dass die grünen Maßnahmen beim Katastrophenschutz auch die Produktion von Hilfsgütern vor Ort beinhalten sollten. Dadurch ließe sich der ökologische Fußabdruck verringern, meint er. Bisher kommen die meisten Hilfsgüter für Trinidad und Tobago aus China. Zudem sollten Hilfsgüter möglichst nicht in Plastik eingeschweißt werden. Er ist überzeugt, dass grüne Hilfseinsätze Recyclingbemühungen und die Nutzung der Solarenergie vorantreiben.

Eine wichtige Rolle kommt auch den gesetzlichen Bestimmungen zu, die für Katastrophenschutzorganisationen gelten. Wie Nicholson erklärt, werden in der Machbarkeitsstudie die Gesetzgebungsverfahren in Trinidad und Tobago untersucht. Ziel sei gewesen, die Bereiche zu identifizieren, in denen sich ökologische Vorgehensweisen besonders auszahlen könnten.

Als Nächstes sollen Verfahren für eine grüne Katastrophenhilfe einschließlich der Herstellung grüner Produkte aus der Region entwickelt werden. Produzenten vor Ort sollen dazu ermutigt werden, Hilfsgüter herzustellen, die wiederaufbereitet werden können. (Ende/IPS/ck/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/10/when-helping-hands-make-a-disaster-worse/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2014