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KLIMA/024: 'Ramsch'ökonomie gefährdet globales System zur Reduktion der Entwaldung REDD (RFUK)


The Rainforest Foundation UK - 25.11.2010

Neuer Bericht warnt vor den Gefahren untauglicher ökonomischer Berechnungen für das globale System zur Verringerung der Entwaldung


Einem neuen Bericht zufolge, der heute von der 'Rainforest Foundation UK' herausgegeben wurde - "How McKinsey 'cost curves' are distorting REDD" (Wie McKinseys 'Kostenkurven' REDD verkehren) - könnte durch die Ratschläge des internationalen Beratungsunternehmens McKinsey & Company für die Regierungen waldreicher Nationen ein System Schaden nehmen, das die Zerstörung des Regenwaldes bremsen soll und unter dem Namen REDD bekannt ist.

McKinsey hat Brasilien, Indonesien, die Demokratische Republik Kongo (DRK) und Guayana in Zusammenhang mit einem globalen Plan zur Verringerung der Emissionen durch Entwaldung und Walddegradierung (REDD) beraten, der auf dem in der nächsten Woche in Cancun, Mexiko, beginnenden UNO-Gipfel [1] zum Klimawandel verabschiedet werden könnte. Der Bericht besagt, daß McKinseys Beratung auf mangelhaften Analysen beruht, die entscheidende Kosten von Programmen zur Verminderung der Entwaldung verschleiern und zu vermehrter Zerstörung natürlicher Wälder durch Holzeinschlag und Agrarindustrie, zu verstärkter Ausgrenzung von Millionen armer Farmer und zur Aufweichung von Umweltbestimmungen führen könnten.

Auch wenn die vorgeschlagenen REDD-Programme noch nicht einsatzfähig sind, wurden McKinseys Analysen von einigen Ländern, die finanzielle Unterstützung von der Weltbank und UNO-Einrichtungen erhalten sollen [2], pauschal in die nationalen Pläne zur Verminderung der Entwaldung aufgenommen. Der Bericht besagt, daß die sogenannte 'Kostenkurve' im Modell von McKinsey die tatsächlichen Kosten von Programmen zur Verringerung der tropischen Entwaldung weit zu gering ansetzen könnte, insbesondere geht es um Projekte, die Bauern betreffen, die von Subsistenzwirtschaft oder Brandrodung leben. Das könnte zu finanzschwachen Programmen führen, die katastrophale Folgen für Millionen Menschen haben könnten, deren tägliches Überleben vom Wald abhängt.[3]

"McKinsey behauptet, daß mit geringem Kostenaufwand eine hohe CO2-Reduktion zu erreichen ist, wenn man die Brandrodung ins Visier nimmt, aber die Summen lassen sich nicht in Übereinstimmung bringen. Wahrscheinlich besteht der einzige Weg, auf dem McKinseys angeblich billiges CO2-Sparen durch Programme zur Verminderung der Entwaldung erreicht werden könnte, darin, Millionen Menschen von ihren Subsistenzhöfen zu vertreiben," erklärt Simon Counsell, der geschäftsführende Direktor der Rainforest Foundation UK.

Der Bericht zeigt auch, daß McKinsey vorgeschlagen hat, existierende Umweltvorschriften zur Holzfällung in Guayana, einem sehr waldreichen südamerikanischen Land, zu entschärfen [4] und die industrielle Abholzung sowie Palmölplantagen im Kongobecken, dem zweitgrößten Regenwaldgebiet der Erde, auszudehnen.[5] Die Vorschläge in einem Bericht für die indonesische Regierung könnten dazu führen, daß reichere Waldnutzer für den Schutz eines gleich großen Waldgebietes wesentlich mehr Geld erhalten als ärmere Gemeinschaften.[6]

McKinseys Beratung basiert auf einer 'CO2-Minderungs-Kostenkurve', einer graphischen Darstellung der Kosten und des CO2-Minderungspotentials unterschiedlicher Ansätze, eine Frage, die in Debatten über den Klimawandel an Einfluß gewonnen hat.

"Da es McKinseys mangelhafte Analysen wesentlich billiger und leichter erscheinen lassen, die Entwaldung in den Tropen aufzuhalten als es in Wirklichkeit ist, könnten sie den Kampf gegen den Klimawandel gefährden, indem sie uns dazu verleiten, die Maßnahmen, die zuhause real getroffen werden müßten, um ihn zu verhindern, zu verschieben. Bei der Reduktion der CO2-Emissionen müssen sich die Prioritäten nach den wirklichen Kosten der verschiedenen Optionen richten und nicht nach ökonomischen Ramschtheorien", meint Simon Counsell.

Die zusammenfassende Empfehlung des Berichtes lautet, McKinseys Kostenkurve in ihrer derzeitigen Form als Hilfsmittel für die Erstellung nationaler Pläne zur Verringerung der Entwaldung fallenzulassen, die wiederum auf der Basis richtiger Beratungen mit allen Beteiligten, insbesondere den Gemeinschaften, die vom Wald abhängen, sowie der Analyse der realen Kosten zur Vermeidung der Entwaldung erstellt werden sollten.

Der vollständige Bericht ist unter dem folgenden Link herunterzuladen: http://rainforestfoundationuk.org/files/McRedd%20English.pdf

[1] Die 16. Vertragstaatenkonferenz (COP 16) der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) findet vom 29. November bis zum 10. Dezember in Cancun, Mexiko statt.

[2] Die nationalen Pläne zur Verringerung der Entwaldung werden als RPPs bezeichnet (REDD Preparation Plans - REDD-Vorbereitungspläne). Der Vorschlag einer 14-Punkte umfassenden nationalen Strategie zur Verminderung der Entwaldung, der von McKinsey für die Demokratische Republik Kongo vorgelegt wurde, ging praktisch wortgleich in den RPP des Landes ein, der von Februar bis März 2010 mit 3,6 Millionen US-Dollar von der 'Forest Carbon Partnership Facility' der Weltbank (FCPF) und mit 5.5 Millionen US-Dollar vom REDD-Programm der UNO gefördert wurde.

[3] McKinseys Vorschlag lautete, daß Milliarden Tonnen an Treibhausgasemissionen "mit sehr geringem" Kostenaufwamd durch Programme gegen die Kultivierung von Land durch Brandrodung eingespart werden können. In einem Beispiel entspräche dieser rund 720 US-Dollar pro Familie im Subsistenzanbau, was höchstwahrscheinlich eine massive Unterschätzung der wahren Kosten darstellt und die Situation hunderter Millionen Menschen weltweit, die vom Wald abhängen, verschlechtern könnte.

[4] Ein Bericht, der von McKinsey gemeinsam mit der Regierung Guyanas erstellt wurde, schlug vor, ein "freizügigeres Rechtssystem" in dem Land einzuführen, das erlauben würde, bis zu 40 m3 Holz pro Hektar zu schlagen statt der derzeitigen 20 m3 pro Hektar, was Holzunternehmen ermöglichen würde, mehr aus den REDD-Zahlungen herauszuholen.

[5] Ein Bericht, den McKinsey für das Umweltministerium der Demokratischen Republik Kongo erstellt hat, umfaßt unter anderem den Vorschlag, als Teil der nationalen Strategie zur 'Verminderung von Emissionen aus Entwaldung und Walddegradierung' neue Holzschlagkonzessionen für 10 Millionen Hektar zu erteilen und Palmölkonzessionen für 1,6 Million Hektar.

[6] Wenn die Zahlen in einem von McKinsey gemeinsam mit der indonesischen Regierung erstellten Bericht benutzt würden, um Entschädigungen für den Schutz von Wäldern festzulegen, würden Subsistenzbauern für den Schutz von 50 Hektar Regenwald 36.000 US-Dollar erhalten, während die Besitzer von Palmölplantagen 1 Million US-Dollar erhalten würden - fast das Dreißigfache.


http://www.rainforestfoundationuk.org/McRedd_News

Raute

The Rainforest Foundation UK - 03.06.2010

Koalition aus 40 Ländern warnt: Die Rechte von 350 Millionen Waldbewohnern sind in Gefahr

Ein neuer, heute erschienener Bericht gibt zu bedenken, daß die in dieser Woche bei den Internationalen Klimaverhandlungen in Bonn diskutierten Maßnahmen zum Schutz der Wälder die Rechte von über 350 Millionen armen Menschen gefährden, die vom Wald leben, sollten die Gespräche die CO2-Frage in den Mittelpunkt stellen.

Der Bericht: 'Realising Rights, Protecting Forests: An Alternative Vision for Reducing Deforestation' ('Rechte achten, Wälder schützen: Eine alternative Vision zur Verminderung der Entwaldung') schlägt eine alternative Möglichkeit vor, die REDD-Ziele (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation - Verringerung von Emissionen aus Entwaldung und Walddegradierung) zu erreichen, und betont, daß im Wald lebende Gemeinschaften fähig sind, die Wälder zu schützen und kommunal organisierter Waldschutz und -management als Hauptfaktor in den Plänen zur Verringerung der Waldzerstörung verbleiben sollte. Zusammengestellt wurde der Bericht vom 'Accra Caucus', einer Koalition von über 100 Organisationen aus mehr als 40 tropischen Ländern, die internationale Gruppen wie die Rainforest Foundation UK, die Rainforest Foundation Norwegen, Greenpeace, HuMa und Care International umfaßt. Er basiert auf Fallstudien aus allen Teilen der Welt und setzt sich für eine sozial gerechte Politik sowie für Maßnahmen ein, die an den der Entwaldung zugrundeliegenden Ursachen ansetzen.

"Den Teilnehmern der Klimaverhandlungen muß klar sein, daß der Zweck eines internationalen REDD-Abkommens im Schutz der Wälder besteht und nicht darin, Geld zu erwirtschaften. Die Sorgen und Interessen der Menschen müssen am Verhandlungstisch berücksichtigt und in die örtlichen Waldprogramme integriert werden. Wir vom Accra Caucus sind überzeugt, daß die Gesellschaft moralisch verpflichtet ist, diese Rechte zu garantieren," erklärte Rahima Njaidi vom tansanischen Netzwerk der lokalen Waldverbände (MJUMITA).

Der Bericht mahnt an, daß REDD in seiner derzeitigen Fassung Verschmutzern im globalen Norden gestatten könnte, die Verschmutzung fortzusetzen und diese mit Waldschutzplänen zu kompensieren, die Menschen im Regenwald richtiggehend schädigen, statt sie zu unterstützen. Er fordert ein sorgfältig geregeltes Programm zur Verminderung von Waldverlust und -degradierung, das die Biodiversität schützt sowie das Auskommen und die Rechte von Waldbewohnern garantiert und gleichzeitig dem globalen Klima nützt.

"Wenn Gemeinschaften, deren Lebensgrundlage der Wald bildet, sind am besten geeignet, diesen gegen die Zerstörung durch andere zu schützen, wenn sie die Kontrolle über die Waldressourcen erhalten. REDD-Gelder an die Holzindustrie oder an starre Naturschutzprogramme zu vergeben, die die Rechte und Gebräuche der örtlichen Bevölkerung außer Acht lassen, kann sich als kontraproduktiv erweisen und Konflikte und Armut verursachen," meinte Nat Dyer, Sachverständiger der Rainforest Foundation UK für Klimawandel und Waldpolitik.

"Auf REDD basierende Maßnahmen dürfen ohne die vorherige freie und informierte Zustimmung der Menschen, die von diesem Entscheidungen betroffen sind, nicht umgesetzt werden. Wir finden es bedenklich, daß bereits REDD-Abschlüsse getätigt wurden, ohne daß es fest vereinbarte Sicherheitsvorkehrungen gibt," erklärte Raja Jarrah, leitende REDD-Beraterin von CARE International.

Der Bericht hebt drei entscheidende Komponenten für den Schutz von Wäldern hervor: vollständige und effektive Beteiligung, garantierte und gerecht verteilte Landrechte und kommunales Waldmanagement. Illustriert werden diese durch Fallstudien von Mitgliedsorganisationen des Accra Caucus in Indonesien, Ecuador, der Demokratischen Republik Kongo, Brasilien, Kamerun, Papua Neuguinea, Tansania und Nepal.


Anmerkung: Der 'Accra Caucus on Forests and Climate Change' (Ausschuß von Accra für Wälder und Klimawandel) ist ein Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen aus dem Süden und dem Norden, das rund 100 Organisationen der Zivilgesellschaft und indigener Völker aus mehr als 40 Ländern vertritt und auf dem Treffen der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) 2008 in Accra, Ghana, gegründet wurde. Der Ausschuß setzt sich dafür ein, die Rechte der indigenen und der Waldgemeinschaften in das Zentrum der Verhandlungen über Verringerte Emissionen aus Entwaldung und Walddegradierung (REDD) zu rücken und sicherzustellen, daß die Bemühungen, die Entwaldung zu vermindern, eine gute Regierungspraxis fördern und nicht der Ersatz für die Reduktion der Emissionen in den Industriestaaten sind.

Zum Bericht:
Realising Rights, Protecting Forests (ENGLISCH)
http://www.rainforestfoundationuk.org/files/Accra_Report_English.pdf
Realising Rights, Protecting Forests (FRANZÖSISCH)
http://www.rainforestfoundationuk.org/files/Accra_Report_French.pdf
Realising Rights, Protecting Forests (SPANISCH)
http://www.rainforestfoundationuk.org/files/Accra_Report_Spanish.pdf


http://www.rainforestfoundationuk.org/Accra_Report_News


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The Rainforest Foundation UK
Securing Lands, Sustaining Lives / Landrechte sichern - Lebensgrundlagen erhalten

Die Arbeit der Rainforest Foundation UK

Weltweit gibt es Millionen Menschen, die in Regenwäldern leben und deren Auskommen und Kultur von ihrer natürlichen Umgebung abhängt. In vielen Fällen werden die grundlegenden Rechte dieser Menschen durch die Zerstörung von Wäldern, Landraub und Ressourcenausbeutung bedroht oder ausgehöhlt. Die Rainforest Foundation UK (RFUK) arbeitet dafür, den langfristigen Schutz der Regenwälder dadurch zu gewährleisten, daß die Rechte der indigenen Gemeinschaften auf Land, Leben und Auskommen geschützt werden.


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Quelle:
Pressemitteilungen vom 25.11.2010 und 03.06.2010
http://www.rainforestfoundationuk.org/McRedd_News
http://www.rainforestfoundationuk.org/Accra_Report_News
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Tel.: +44 (0) 20 7485 0193, Fax: +44 (0) 20 7485 0315
E-Mail: info@rainforestuk.com
Internet: www.rainforestfoundationuk.org
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2010