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KLIMA/189: Kuba - Klimaanpassung drängt, 577 Dörfer in Überflutungsgefahr (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. November 2012

Kuba: Klimaanpassung drängt - 577 Dörfer in Überflutungsgefahr

von Patricia Grogg


'Noch nie habe ich so hohe Wellen gesehen', sagt Rey Antonio Acosta - Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

"Noch nie habe ich so hohe Wellen gesehen", sagt Rey Antonio Acosta
Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Santiago de Cuba, 22. November (IPS) - Noch immer liegen kaputte Teller herum, Teile von Spielzeugen, zerrissene Bücher. Fotos sind durcheinander gewirbelt und liegen unter dem Schutt, der einst das Haus von Rey Antonio Acosta war. Auch viele andere Gebäude in der Küstenstadt Santiago de Cuba hat der Hurrikan Sandy zerstört.

Der zwölfjährige Rey Antonio erzählt, wie er dem Auge des Orkans entgegen geblickt hat, bevor sich dieser am Morgen des 25. Oktobers über sein Dorf im Osten Kubas hermachte. Schwarz sei der Sturm auf die Küste zugekommen, in seinem Zentrum hätten Sterne geblitzt. "Dann stiegen die Wellen höher an und der Wind wurde stärker. Schließlich wurde der Sturm immer lauter und klang wie das Brüllen eines riesigen Tieres."

Die Menschen fingen an zu weinen, erzählt der Junge. "Ich dachte, ich würde sterben." Jetzt wisse er, was ein Hurrikan sei. "Wenn wieder einer kommt, dann werden wir uns so schnell wie möglich in Sicherheit bringen."

Viele der Bewohner von Santiago de Cuba berichteten im Nachhinein, von Sandy überrascht worden zu sein. Das ist verwunderlich, da die Meteorologen vor dem Sturm gewarnt hatten. "Wir sind davon ausgegangen, dass wir uns auf ein bisschen Wind und Regen einstellen müssten", sagt María Caridad, eine der 500.000 Einwohner der Stadt. "Keiner meiner Nachbarn hat Sandy ernst genommen - schon allein, weil wir bis spät in die Nacht noch elektrisches Licht hatten."

Doch als Sandy über der Stadt war, warf der Hurrikan die Mauer zum Nachbargrundstück gegen das Haus der Familie Caridad. Das Dach brach ein, und die Familie war dem Wind schutzlos ausgeliefert. In anderen Teilen der Stadt fiel der Strom aus, und dadurch hörten sie die Warnungen der Meteorologen nicht, die im Radio übertragen wurden.


Tagsüber wären noch mehr Menschen gestorben

"Bisher sind die Wirbelstürme immer aus dem Osten gekommen und haben Santiago de Cuba verschont. Sandy kam aus dem Norden. Das war der erste Hurrikan, in dessen Auge unsere Stadt geraten ist", erzählt Eddy Acosta von der Behörde für Zivilschutz. "Zum Glück kam Sandy in der Nacht. Tagsüber hätte es wesentlich mehr Tote gegeben, weil mehr Menschen auf der Straße gewesen wären." Doch auch so sind elf Menschen ums Leben gekommen.

Der UN-Vertretung in Kuba zufolge hat Sandy in Santiago de Cuba 137.000 Häuser zerstört. 65.000 waren es in Holguín und 8.759 in Guantánamo, den beiden anderen betroffenen Provinzen. Der Hurrikan beschädigte auch viel Infrastruktur: Strom und Telefone fielen aus, und die Industrie musste ihre Produktion teilweise einstellen.

Klimaforscher gehen davon aus, dass 577 kubanische Gemeinden von künftigen Überflutungen bedroht sind. Grund seien Wirbelstürme wie Sandy und der Anstieg des Meeresspiegels - beides negative Folgen der globalen Erderwärmung.


Verletzlichkeit gegenüber Klimawandel verringern

"Wenn wir davon ausgehen, dass es künftig mehr Hurrikans hier in der Gegend geben wird, dann müssen wir uns jetzt schnell damit auseinandersetzen, wie wir damit umgehen", sagt Ramón Pérez von Institut für Meteorologie. "Zum einen müssen wir die Verletzlichkeit gegenüber den negativen Folgen von Tropenstürmen verringern, zum anderen die Menschen besser über die Auswirkungen und Schutz- sowie Anpassungsmaßnahmen informieren."

Sandy war der 18. tropische Wirbelsturm im Jahr 2012 und der zehnte, der als Hurrikan klassifiziert wurde. Neben New York und der Ostküste Kubas traf er auch die Dominikanische Republik, Jamaika, Bahamas, Bermudas und die Küste Kanadas. (Ende/IPS/jt/2012)


Links:

http://www.cubagob.cu/otras_info/minfar/defcivil/defensa_civil.htm
http://www.met.inf.cu/
http://www.ipsnews.net/2012/11/tomorrow-is-too-late-for-adaptation-to-climate-change/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=101924

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 22. November 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. November 2012