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KLIMA/265: Klimaschutz-Kohleprojekten an den Kragen gehen (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2013 Globalisierung und Freihandel - Pokerspiel mit ungewissem Ausgang

Klimaschutz-Kohleprojekten an den Kragen gehen
Kann Polen nein zur Klimafinanzierung von Kohle sagen?

von Eva Filzmoser



Dem Absurdum von Klimaschutzkompensationszertifikaten von Kohleprojekten könnte bald ein Ende gesetzt werden. In den letzten Wochen haben sich Europäische Akteure, die in Clean Development Mechanism (CDM) Kohleprojekte involviert sind, offiziell von deren Unterstützung distanziert. Die Frage ist nun, ob dieser Trend auch bei der UN-Klimakonferenz in Polen fortgesetzt werden kann.


Im Rahmen des Clean Development Mechanism (CDM) der UN-Klimakonvention können durch Investitionen in Projekte in Entwicklungsländern Emissionsgutschriften erzeugt werden, die dann auf Klimaschutzverpflichtungen in Industrieländern angerechnet werden. Bisher können dabei auch Kohlekraftwerke in Entwicklungsländern anerkannt werden, wenn sie darlegen, dass dort ohne CDM-Gutschriften ein weniger effizientes neues Kohlekraftwerk gebaut worden wäre. Gegenwärtig gibt es 45 Kohlekraftwerkprojekte in den Ländern Indien und China, die sich als CDM-Projekte registrieren lassen wollen. Sechs dieser Projekte sind bereits registriert und könnten so 89 Millionen Emissionsgutschriften generieren.

Carbon Market Watch, ein Netzwerk aus internationalen NRO, weist bereits seit 2010 auf die Probleme von CDM-Kohleprojekten hin. Diese betreffen nicht nur die offensichtlichen Umwelt- und Sozialauswirkungen, sondern sind auch bezüglich des schädlichen Klimaeffekts problematisch. Beispielsweise, wenn Klimazertifikate aus CDM-Kohleprojekten von Europäischen Firmen dazu verwendet werden, Emissionsreduktionsverpflichtungen zu kompensieren. Neuesten Entwicklungen zufolge, könnten die CDM-Kohleprojekte jedoch ein rapides Ende nehmen, da es immer weniger potentielle Käufer gibt. Norwegen war die erste Regierung die offiziell bekannt gab, keine Investitionen in CDM-Kohleprojekte tätigen zu wollen. Im Juni erläuterte auch US-Präsident Barack Obama, dass der Bau von neuen Kohlekraftwerken nur gefördert werden würde, wenn es gar nicht anders ginge. Dies wird seit neuesten auch von der Weltbank und der Europäischen Investitionsbank unterstützt. Des Weiteren ließ auch die Britische Regierung im August überraschend verlauten, dass keine weiteren Unterstützungsbriefe für CDM-Kohleprojekte ausgestellt werden würden.

Die einzigen Zertifikate von CDM-Kohleprojekten, die bisher am Markt sind, wurden laut offizieller UNFCCC CDM-Website(1) von EDF Trading, dem französischen Energiekonzern gekauft. Im August hat sich aber auch EDF Tradings davon distanziert. Der Konzern stellte klar, dass es keinen Zusammenhang zwischen EDF Trading und den CDM-Kohleprojekten gibt, noch seien derartige Zertifikate gekauft worden.

Was vor ein paar Jahren noch undenkbar war, rückt somit der Realität um einiges näher: eine Entscheidung der UN-Klimarahmenkonvention die finanzielle Unterstützung für den Abbau von Kohle gänzlich zu unterbinden. Fast 100 Umweltorganisationen haben vor knapp zwei Jahren beim Klimagipfel in Durban für einen Ausschluss von Kohlekraftwerken aus dem CDM plädiert. Hieraufhin stellt sich nun die Frage, ob Polen nein zur Klimafinanzierung von Kohle sagen kann?


Eva Filzmoser ist Geschäftsführerin des Programmes Carbon Market Watch, eine Initiative die von dem Verein Nature Code - Zentrum für Entwicklung und Umwelt, umgesetzt wird.


(1) http://cdm.unfccc.int/Projects/DB/DNVCUK1245932980.89/view

Weitere Informationen:
http://carbonmarketwatch.org/pressrelease-edf-trading-backs-away-from-adanis-carbon-offsetting-coal-project/


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2013, Seite 33
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2013