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KLIMA/268: Ärmste Länder fordern Fonds zur Rettung des Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. November 2013

Klima: Ärmste Länder fordern Fonds zur Rettung des Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung

von Wambi Michael


Bild: © Wambi Michael/IPS

Eine Frau im ugandischen Slum Katwe verwendet einen Energiesparofen, der die Verwendung von Holzkohle einschränken soll
Bild: © Wambi Michael/IPS

Warschau, 15. November (IPS) - Die Unterhändler der ärmsten Länder der Welt (LDCs) haben das UN-Klimasekretariat in Warschau aufgefordert, einen Fonds zur Rettung des Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (CDM) des Kyoto-Protokolls aufzulegen.

Der CDM erlaubt Entwicklungsländern, Emissionsgutschriften (CERs) aus Klimaschutzprojekten an Industriestaaten zu verkaufen, die wiederum mit den CERs ihre Klimabilanz aufbessern und somit ihren Emissionsreduktionsverpflichtungen nachkommen können.

Die Teilnehmer der Warschauer Konferenz, vor allem Afrikaner und Vertreter der Entwicklungsländer, befürchten, dass der CDM ohne die Hilfe eines Fonds, der die Auswirkungen der europäischen Wirtschaftskrise abfedern würde, am Ende wäre.

Fred Onduri Machulu, ehemaliger Vorsitzender der LDC-Expertengruppe bei der UNCCC erklärte gegenüber IPS, dass "wir ein Polster brauchen, um zu verhindern, dass die aktuellen und künftigen Schocks den CDM vernichten, der gerade angefangen hat zu funktionieren". Die niedrige Wert der CERs, die jeweils einer Tonne CO2 entsprechen, habe bereits dazu geführt, dass das Vertrauen des Privatsektors in den CDM schwinde.


Wertverfall der CERs

Beim CDM wurden inzwischen 7.400 CO2-Reduktionsprojekte registriert und mehr als 1,2 Milliarden CERs ausgegeben. Doch der Wertverfall der CERs von mehr als 15 US-Dollar 2011 auf derzeit 40 US-Cent setzt dem System erheblich zu.

Machulu räumte ein, dass der CDM für einige LDCs in Afrika, Asien und der Karibik ein viel zu kompliziertes System sei. Zudem gebe es viele afrikanische Länder, denen es an den erforderlichen Kapazitäten mangele, um Projekte zu entwickeln und durchzuführen, die für den CDM in Frage kommen. Dennoch hätten sich die Projekte auf viele Menschen und Gemeinschaften äußerst positiv ausgewirkt.

Tom Okurut, Leiter der Nationalen Umweltmanagementbehörde Ugandas, betonte gegenüber IPS, dass die Zukunft des CDM ohne einen Rettungsplan an einem seidenen Faden hänge. "In Uganda konnten sich acht Müllmanagementprojekte für den CDM qualifizieren." Zum Zeitpunkt der Registrierung sei der Wert der CERs noch recht gut gewesen. Doch ausgerechnet jetzt, wo sich mehr Projekte registrieren lassen würden, hätten die Preise für CERs ihren Tiefstwert erreicht.

Im Juni hatte die Beraterfirma 'Vivid Economics' in einem Bericht die Kosten zur Stabilisierung des CDM in den nächsten Jahren mit 2,5 bis drei Milliarden Euro angegeben. Christiana Figueres, die UNFCCC-Exekutivsekretärin, erklärte unlängst, dass der Mangel an politischem Ehrgeiz einiger Industriestaaten, den Klimawandel zu bekämpfen, zu einem Rückgang der Nachfrage nach CERs geführt habe.

Der Geschäftsführer des Tansanischen Instituts für Umwelt, Klima und nachhaltige Entwicklung, Joachim Khawa, beschuldigte einige Teilnehmerstaaten der UN-Klimakonferenz vom 11. bis 22. November in Warschau, nur deshalb gekommen zu sein, um einen neuen internationalen Marktmechanismus, dem sogenannten NMM durchzusetzen.

Auf der Klimakonferenz im südafrikanischen Durban 2011 hatten die Vertragsparteien die Einführung eines NMM als Ergänzung zum CDM beschlossen. Details über die Arbeitsweise des neuen Mechanismus werden derzeit in Warschau diskutiert.

Dort gibt es Gruppen, die einen CDM-Rettungsfonds ablehnen. Ihrer Meinung nach sollten sich die LDCs lieber für eine schnelle Umsetzung des Grünen Klimafonds einsetzen, der bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar mobilisieren soll, um den Entwicklungs- und Schwellenländern bei der Verringerung ihrer CO2-Emissionen und der Anpassung an den Klimawandel zu helfen.

"Der Grüne Klimafonds wäre eine vielversprechende Möglichkeit, um solide Investitionen in den CDM zu garantieren", sagte Wael Hmaidan vom Internationalen Aktionsnetzwerk gegenüber IPS. Er habe den Vorteil, dass er direkte Investitionen zulasse, während der CDM ein ergebnisorientiertes Finanzierungsinstrument sei.


Sektorale Marktmechanismen befürchtet

Shewangizaw Kifle Mulugeta, Manager eines Projekts zur Klimafinanzierung der Äthiopischen Eisenbahn, erklärte gegenüber IPS, dass die meisten LDCs befürchteten, dass die Europäische Union mit dem Ansatz der sektoralen Marktmechanismen für neue Wirtschafts- und Handelsbarrieren auf dem Karbonmarkt sorgen könnte. "Unsere Position ist, dass der CDM nicht zum Erliegen gebracht werden darf, weil sich dies negativ auf bereits gebilligte oder in Aussicht gestellte Projekte auswirken würde", meinte er.

Figueres wiederholte vor Journalisten in Warschau, dass ihr Sekretariat der Integrität des CDM verpflichtet sei. Der Mechanismus habe sich dank des Technologietransfers nicht nur positiv auf die Entwicklungsländer ausgewirkt. Die Industriestaaten hätten sich selbst höhere Emissionsreduktionsziele gesetzt, indem sie die Anpassungsmaßnahmen bezahlbarer gemacht hätten. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://cdm.unfccc.int/about/index.html
http://unfccc.int/2860.php
http://www.ipsnews.net/2013/11/developing-world-pushes-for-rescue-of-u-n-carbon-credit-fund/

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IPS-Tagesdienst vom 15. November 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. November 2013