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LANDWIRTSCHAFT/063: Karibik - Permakultur im Kommen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. Mai 2014

Karibik: Permakultur im Kommen

von Mark Olalde


Bild: © Mark Olalde/IPS

Erle Rahaman-Noronha auf seiner Farm
Bild: © Mark Olalde/IPS

Freeport, Trinidad und Tobago, 23. Mai (IPS) - Erle Rahaman-Noronha ist kein Revolutionär, jedenfalls nicht im politischen Sinne des Wortes. Ebenso wenig ist er jemand, der sich gern in den Vordergrund drängt. Doch der Kleinbauer kenianischer Herkunft, der in Trinidad und Tobago eine zwölf Hektar große Farm betreibt, hat einen Traum: Er will der Permakultur in der Karibik zum Durchbruch verhelfen.

Jedem, der es hören will, schildert er die Vorzüge einer naturnahen, ressourcenschonenden und ökonomischen Landwirtschaft. "Das hier ist meine Bibel", sagt er und greift zum 'Handbuch der Permakultur-Gestaltung' von Bill Mollison. Der Australier hatte in den 1970er Jahren zusammen mit seinem Landsmann David Holmgren die ethisch-ökologischen Grundsätze der Permakultur im Sinne einer integrativen und zukunftsfähigen Gestaltung von Lebensräumen entwickelt.

Rahaman-Noronha hat in Kanada angewandte Biochemiewissenschaften und Zoologie studiert. "Ich hatte schon immer ein Faible für Natur und Umweltschutz. Doch damit allein lässt sich kein Geld verdienen", sagt er. "Die Permakultur erlaubt mir, an einem bestimmten Ort zu leben, Nahrungsmittel anzupflanzen, Einkommen zu generieren und Umweltschutz zu betreiben."

'Wa Samaki', so der Name seiner Farm, ist ihm Arbeitsplatz, Labor, Lebensmittelladen und Lebensraum zugleich, seit er 1998 ins trinidadische Freeport übergesiedelt ist. Wa Samaki ist Kiswahili und bedeutet 'vom Fisch'. Obwohl er keine Agrarchemikalien einsetzt, kann er gut vom Verkauf seiner Früchte, Blumen und Hölzer leben. Auch züchtet er neuerdings Fisch nach dem Aquaponik-Verfahren - einem geschlossenen System, das Fisch- und erdfreie Pflanzenzucht miteinander kombiniert.

Bild: © Mark Olalde/IPS

Erle Rahaman-Noronhas Aquaponik-System
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Zusammen mit John Stollmeyer macht Rahaman-Noronha die Permakultur in der Karibik bekannt. In der Region leben 40 Millionen Menschen, die besonders anfällig für die negativen Folgen des Klimawandels sind. Die beiden Partner beraten trinidadische Geschäftsleute und halten überall in der Region - von Puerto Rico bis St. Lucia - Permakulturkurse und -workshops ab.


Wenn Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit zusammengehen

Die Notwendigkeit, auf ökologisch nachhaltigere Lösungen umzusteigen, ergibt sich nicht zuletzt durch den Klimawandel. Fast die gesamte Karibik ist ein Hurrikan-Durchgangsgebiet. Trinidad und Tobago trägt zudem durch den Export und Konsum von fossilen Brennstoffen aktiv zum Klimawandel bei. Das Land produzierte 2012 mehr als 119.000 Barrel Erdöl pro Tag und 39,6 Milliarden Kubikmeter Erdgas im gleichen Jahr und wies damit die weltweit zweithöchste Pro-Kopf-CO2-Emissionsrate auf. Sie war somit doppelt so hoch wie die der USA.

Die industrialisierte Landwirtschaft ist für 20 Prozent der Treibhausgasemissionen Lateinamerikas und der Karibik verantwortlich, geht aus UN-Zahlen aus dem Jahre 2005 hervor.

Vor diesem Hintergrund sieht Rahaman-Noronha seine Rolle darin, die Gründung von ökologisch nachhaltigen Start-ups voranzubringen. Zurzeit arbeitet er mit Bienenzüchtern und einem Hilfszentrum für wildlebende Arten zusammen, denen er vorübergehend einen Teil seiner Farm preiswert verpachtet hat.

Berber van Beek aus Curaçao hat der Wunsch, mit dieser Form der Landwirtschaft in tropischen Verhältnissen zu experimentieren, nach Wa Samaki verschlagen. Sie hatte die Permakultur bereits in Europa und Australien praktiziert. "Rahaman-Noronha lässt mir sehr viel Freiheiten, und ich kann sehr viel ausprobieren", sagt sie.

Bild: © Mark Olalde/IPS

Berber van Beek studiert eine Karte von Curaçao
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Van Beek arbeitet in Curaçao derzeit an einem Projekt, das Problemkindern nach Schulschluss nützliche landwirtschaftliche Fähigkeiten und den Respekt vor der Natur vermitteln will. Darüber hinaus wird sie in naher Zukunft ihren ersten eigenen Permakulturkurs geben.

Von solchen Initiativen gehen wichtige Impulse aus. In Curaçao, das zu den niederländischen Antillen gehört, stagniert die Wirtschaft, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 37 Prozent. Die Insel muss nahezu alles importieren. Rund 80 Prozent aller in der Karibik verzehrten Nahrungsmittel müssen eingeführt werden.

Das Wunderbare an der Permakultur ist Rahaman-Noronha zufolge, dass sie überall möglich ist. "Du kannst in deinem Hinterhof damit anfangen. Dann entstehen dir schon mal keine Kosten. Du kannst einen Teil deiner Wohnung nutzen. Ein kleiner sonniger Flecken reicht aus, um damit zu experimentieren", sagt er.


"Sehen heißt glauben"

Van Beek betreibt in ihrem Hinterhof in Curaçao einen Permakulturgarten. Getrocknetes Laub verwendet sie als Dünger. Mit Regen- und wiederaufbereitetem Nutzwasser gießt sie ihre Pflanzen. "Sehen heißt glauben", lautet ihr Mantra, wenn sie andere für die Permakultur begeistern möchte.

Rahaman-Noronha lädt Schulklassen ein und rührt in Internetkonferenzen die Werbetrommel. Was ihm Glaubwürdigkeit verschafft, ist die Tatsache, "dass ich nicht nur die Permakultur anpreise, sondern sie auch selbst praktiziere". (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/05/permaculture-poised-conquer-caribbean/

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IPS-Tagesdienst vom 23. Mai 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Mai 2014