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LANDWIRTSCHAFT/118: Methangeblubber - Für eine Tonne Palmöl gibt's 18 Tonnen Abwasser (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1098, vom 07. Dez. 2016 - 36. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Methangeblubber: Für eine Tonne Palmöl gibt's 18 Tonnen Abwasser


Unser exorbitant hoher Verbrauch an Palmöl ist auch wasserrelevant: In den beiden Ländern, in denen der Hauptanbau der Ölpalme stattfindet - in Indonesien und Malaysia - werden quadratkilometerweise Moore und Feuchtgebiete trockengelegt, um die Palmölanbauflächen fortlaufend auszuweiten. In anderen tropischen Anbauländern müssen die Palmölplantagen teilweise bewässert werden. Um aus den zwetschgengroßen Palmölfrüchten das Palmöl zu gewinnen, müssen die Palmölfrüchte zerkocht werden. Mit jeder Tonne extrahiertem Palmöl entstehen so etwa 18 Kubikmeter organisch hochbelastetes Abwasser. Das Abwasser wird in großen Teichen "gestapelt":

"Das Abwasser bleibt etwa 45 bis 60 Tage in diesen Seen. Während dieser Zeit fressen Mikroorganismen die organischen Bestandteile und setzen Methan frei, und zwar so viel Methan, dass Sie die Luft über diesen Seen anzünden können. Sie stellen ein richtiges Brandrisiko dar. Wenn Sie neben einem See stehen, sieht es aus wie Bier: eine sehr dunkle Flüssigkeit mit einer Schaumkrone oben drauf. Und man hört die ganze Zeit ein ploppendes Geräusch, weil ständig methangefüllte Luftbläschen an der Oberfläche platzen", berichtete der Deutschlandfunk am 9.5.14 - siehe: [1]
http://www.deutschlandfunk.de/biogas-palmoel-plantagen-liefern-energie.676.de.html?dram:article_id=284953

Palmöl: Nachhaltigkeitszertifizierung ist der "einzig richtige" Weg

U.a. sensibilisert durch die Wasser- und Abwasseraspekte des Palmölanbaus und der Palmölextraktion haben wir uns mit Interesse die soeben erschienene fünfte Ausgabe der Broschürenreihe "Fakt ist ..." zum Thema "Nachhaltiges Palmöl" der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) angeschaut. In der Broschürenreihe "Fakt ist" nimmt die Lebensmittelindustrie zu aktuellen ernährungspolitischen Themen Stellung - beispielsweise auch zu den (vermeintlichen) Vorteilen des geplanten Freihandelsabkommens TTIP für die deutsche Ernährungsbranche und ihre Kunden. Nachstehend wird kurz und ausschnittsweise die BVE-Argumentation zur nachhaltigeren Gestaltung der Palmölproduktion zusammengefasst. Zunächst: Um die schwerwiegende Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes durch den Palmölanbau und Ölextraktion geht es in der BVE-Palmölbroschüre nicht ein Mal am Rande. Dafür wird behauptet, dass NGOs einen Verzicht auf Palmöl fordern würden - eine Forderung, die nach Ansicht der BVE "ökologisch fatal" wäre. Denn ein Ersatz der ungemein produktiven Palmöl-Pflanze durch andere - deutlich weniger produktive - Ölpflanzen würde den Bedarf an Anbauflächen vervielfachen. Tatsächlich setzen sich Verbände aus der Umwelt- und Menschenrechtsszene dafür ein, weniger Palmöl zu verwenden. Dabei haben die NGOs neben dem Futtermittelsektor besonders den "Bioenergie-Sektor" im Fokus: Global werden 16 Prozent der Palmölproduktion als "Biodiesel" in Automotoren oder als Brennstoff in Kraftwerken verbrannt. In Deutschland werden sogar 48 Prozent des hierzulande verbrauchten Palmöls energetisch genutzt. Die BVE macht erst gar nicht den Versuch die Sinnhaftigkeit der energetischen Nutzung von Palmöl zu hinterfragen. Stattdessen setzt sich die BVE "aktiv für eine nachhaltigere Palmölproduktion ein. Dies ist der einzig richtige und erfolgsversprechende Weg", heißt es in der BVE-Pressemitt. am 22.11.16 zur Veröffentlichung der Broschüre. 20 Prozent der Weltproduktion von Palmöl seien bereits durch ein Nachhaltigkeitszerfikat geadelt. In Deutschland wären bereits 79 Prozent des in der Lebensmittelbranche eingesetzten Palmöls im Hinblick auf Nachhaltigkeit zertifiziert. Ziel der deutschen Lebensmittelwirtschaft sei, den Anteil an zertifiziertem Palmöl auf 100 Prozent hochzuschrauben. In der Brosch. selbst heißt es dazu:
"Unternehmen der Ernährungsindustrie sind wesentliche Treiber, wenn es um die Verbesserung der Palmölzertifizierungssysteme und eine um fassendere Verankerung von Nachhaltigkeitskriterien in der Palmöllieferkette geht."

Die ansonsten gut getextete und visualisierte sowie faktenreiche Broschüre (24 S.) kann unter http://ots.de/RdmTQ kostenfrei heruntergeladen werden.


Palmölboom geht ungebremst weiter

Dass der Verbrauch von Palmöl ins schier Unermessliche steigen wird, scheint für die BVE so etwas wie ein Naturgesetz zu sein:
"Die Nachfrage nach Palmöl hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung und mehr Wohlstand in Schwellenländern wird die Nachfrage nach Ölen und Fetten und damit auch nach Palmöl in den kommenden Jahrzehnten weiter deutlich wachsen. Die weltweite Palmölproduktion wird in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich von derzeit 62,5 Millionen Tonnen auf rund 86 Millionen Tonnen ansteigen."

In der BVE-Broschüre werden diese Wachstumsprognosen von Thomas Mielke, dem Geschäftsführer der ISTA Mielke GmbH (Oil World), kommentiert:
"Bei zum Teil begrenzter Verfügbarkeit zusätzlicher Landreserven wird es nötig sein, die Erträge pro Hektar deutlich zu erhöhen und gleichzeitig die notwendige Neuanpflanzung alter, nicht mehr produktiver Bäume rechtzeitig zu gewährleisten."

In der BVE-Broschüre wird eingeräumt:
"Bei der Ausweitung der Palmölproduktion wurden in der Vergangenheit Regenwälder gerodet, Torfmoore trocken gelegt und damit Treibhausgase freigesetzt. Durch Palmölplantagen wurde der Lebensraum zahlreicher Tierarten sowie die Artenvielfalt eingeschränkt. Zudem wurde immer wieder über Landkonflikte beim Anbau von Ölpalmen sowie sozial verbesserungswürdige Arbeitsbedingungen berichtet."

Ob es gelingen wird, diese Missstände durch eine Nachhaltigkeits-Zertifizierung tatsächlich zu beseitigen?


[1] http://www.deutschlandfunk.de/biogas-palmoel-plantagen-liefern-energie.676.de.html?dram:article_id=284953

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1098
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2017

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