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LATEINAMERIKA/089: Mexiko - Dammprojekt in Feuchtgebiet, Artenvielfalt in Gefahr (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Juni 2014

Mexiko: Dammprojekt in Feuchtgebiet - Artenvielfalt in Gefahr

von Emilio Godoy


Bild: © Mit der freundlichen Genehmigung des WWF

Mangroven im mexikanischen Biosphären-Reservat 'Marismas Nacionales'
Bild: © Mit der freundlichen Genehmigung des WWF

Mexiko-Stadt, 10. Juni (IPS) - Im nordwestmexikanischen Bundesstaat Najarit soll ein Wasserkraftwerk entstehen - mit verheerenden Folgen für das Feuchtgebiet 'Marismas Nacionales'. Naturschützern zufolge wird das Dammprojekt 'Las Cruces' 90 Prozent der Sedimente zurückhalten, mit denen der Fluss San Pedro die Mangrovenwälder speist.

Außerdem werden im Zuge des Vorhabens die tiefer gelegenen Urwaldgebiete geflutet, wie Heidy Orozco von der Umweltorganisation 'Nuiwari' berichtet. Nuiwari ist Teil der Protestbewegung, die den 188 Meter hohen Damm am San Pedro verhindern will, auch weil er 14 heilige Stätten und Kultzentren der indigenen Völker Náyeri (oder Cora), Wixárica (oder Huichol), Tepehuano und Mexicanero unter Wasser setzen würde.

Der Umweltverträglichkeitsstudie für den Damm ist zu entnehmen, dass Las Cruces der Subsistenzlandwirtschaft und kleinen Viehzucht vor Ort den Garaus machen wird. Diese Verluste sollen durch den Fischfang in dem mehr als 5.000 Hektar großen Stausee kompensiert werden. Der staatliche Stromversorger CFE gibt die installierte Leistung des Damms mit 240 Megawatt an.

Das Biosphärenreservat Marismas Nacionales beherbergt den größten Mangrovenwald an der mexikanischen Pazifikküste, in dem ganzjährig etwa 20.000 Wasservögel leben. Im Winter finden dort mehr als 100.000 Zugvögel Zuflucht. In der Ramsar-Konvention ist das Reservat als 'Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung' anerkannt. Erfasst wurden dort mehr als 300 Tierarten. 60 Spezies sind gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht, weil ihr Habitat überbeansprucht oder zerstört wurde. Wie aus der seit 1975 geltenden Ramsar-Konvention hervorgeht, kommen 51 Tierarten ausschließlich in diesem Gebiet vor.

Die Fischerei, die von dem Ökosystem des Feuchtgebietes abhängt, bringt den Bewohnern der umliegenden Dörfer den offiziellen Daten zufolge schon jetzt jährlich zwischen 6,5 und 13,5 Millionen US-Dollar ein.


Nagoya-Protokoll schwierig umzusetzen

Doch gerade der Schutz der Artenvielfalt und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile sind die Hauptziele des 2010 in Japan unterzeichneten Nagoya-Protokolls. Es ergänzt das 1993 in Kraft getretene Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD).

Dem Protokoll zufolge ist es unter anderem Aufgabe der Vertragsstaaten, Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder politische Maßnahmen zu ergreifen, "damit die Vorteile, die sich aus der Nutzung von sich auf genetische Ressourcen beziehendem traditionellem Wissen ergeben, mit den indigenen und ortsansässigen Gemeinschaften, die Träger dieses Wissens sind, ausgewogen und gerecht geteilt werden".

"Solange die Autonomie indigener Völker nicht anerkannt und traditionelles Wissen nicht wertgeschätzt wird, handelt es sich nur um eine Bekundung guter Vorsätze", meint dazu jedoch die unabhängige Beraterin Patricia Arendar.

Mexiko zählt zu den weltweit zwölf Staaten mit der größten Biodiversität. In dem Land wurden nach Angaben der nationalen Artenvielfaltskommission CONABIO 2.692 Fisch-, 361 Amphibien-, 804 Reptilien-, 1.096 Vogel-, 535 Säugetier- und mehr als 25.000 Pflanzenarten registriert. Die Kommission hat zudem 127 offiziell als ausgerottet geltende Spezies erfasst. 475 Arten gelten als vom Aussterben bedroht und 896 als gefährdet. 1.185 Spezies stehen in Mexiko unter besonderem Schutz.


Viele Ökosysteme verloren

Dem Sektoralen Programm für Umwelt und natürliche Ressourcen 2013-2018 zufolge hat Mexiko auf fast 29 Prozent des mexikanischen Staatsgebietes seine natürlichen Ökosysteme eingebüßt. Auf dem übrigen Territorium überleben Arten unter unterschiedlich guten Bedingungen.

Das Naturkapital gehörte zu den wichtigen Themen, die auf dem Zweiten Weltgipfel der globalen Parlamentariervereinigung 'GLOBE International' vom 6. bis 8. Juni in Mexiko-Stadt diskutiert wurden. Etwa 500 Parlamentsabgeordnete aus mehr als 80 Nationen nahmen daran teil.

Mit der finanziellen Hilfe der Globalen Umweltfazilität (GEF) versucht das mexikanische Umweltministerium, den nationalen Rechtsrahmen mit dem Nagoya-Protokoll in Einklang zu bringen. Erwogen wird unter anderem das 2000 verabschiedete Gesetz zum Schutz wildlebender Tiere zu ändern oder ein neues Gesetz einzuführen.

Bis jetzt haben 92 Staaten das Nagoya-Protokoll unterzeichnet. In Kraft treten kann es erst, wenn es von 50 Ländern ratifiziert ist. Bisher haben das erst 36 Länder einschließlich Honduras, Mexiko und Panama getan. (Ende/IPS/ck/2014)


Links:

http://www.ipsnews.net/2014/06/mexicos-biodiversity-under-siege/
http://www.ipsnoticias.net/2014/06/los-enemigos-acechan-la-biodiversidad-mexicana/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 10. Juni 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2014