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LATEINAMERIKA/123: Guyana - Überschwemmungen vertreiben Bewohner aus Mahaica-Flussgebiet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. Dezember 2015

Guyana: Überschwemmungen vertreiben Bewohner aus Mahaica-Flussgebiet

von Neil Marks


Bild: © Samuel Maughn/IPS

Eines der Häuser in Hope Estate für die Menschen, die Mahaica verlassen mussten
Bild: © Samuel Maughn/IPS

GEORGETOWN (IPS) - Nach verheerenden Überschwemmungen im südamerikanischen Staat Guyana haben bereits viele Familien, die nahe am Mahaica-Fluss lebten, ihre Häuser verlassen und sich an anderen Orten niedergelassen.

Auch Mrs. Doodnaught zog mit ihren Angehörigen in eine neue Wohngegend, die von den Behörden als sicher eingestuft worden war. "Es regnet zu viel", erklärt sie. "Niemals zuvor haben wir so viele Überschwemmungen erlebt."

Bereits vor zehn Jahren zerstörte eine extreme Flut weite Teile der Küstenregionen Guyanas, die unterhalb des Meeresspiegels liegen und deshalb besonders überschwemmungsgefährdet sind.

Laut den offiziellen Wetteraufzeichnungen verursachte die große Flut im Jahr 2005 Sachschäden in Höhe von etwa 465 Millionen US-Dollar. Dies entsprach zu der Zeit etwa 59 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts. Seitdem haben heftige Niederschläge immer wieder zu Überflutungen geführt.


Wasser aus Speicherkanal in Flüsse umgeleitet

Der Regen, der den Mahaica-Fluss über seine Ufer treten lässt, ist nicht der einzige Grund, der die Menschen zum Umzug zwingt. Zum Teil sind die Überschwemmungen auch durch Infrastrukturmaßnahmen der Regierung verursacht worden.

Die Küstengebiete, in denen die meisten Einwohner von Guyana leben und wo sich die wirtschaftlichen Aktivitäten des Landes konzentrieren, sind von einem dichten Netzwerk aus Abfluss- und Bewässerungskanälen durchzogen, die mit dem großen Speicherkanal 'East Demerara Water Conservancy' (EDWC) verbunden sind. Dieses Reservoir liefert den Einwohnern der Hauptstadt Georgetown Trinkwasser und dient während der Trockenzeit außerdem zur Bewässerung von Feldern, auf denen unter anderem Reis und Zuckerrohr wächst.

Der Wasserspeicherkanal wird durch einen etwa 67 Kilometer langen Erddamm begrenzt, der zu brechen droht, wenn die Wassermenge auf mehr als 250 Millionen Kubikmeter ansteigt. Weiträumige Überschwemmungen der Küstenzonen wären die Folge. In Zeiten extremer Regenfälle kann der Speicher daher durch fünf Schleusen Wasser ablassen. Zwei dieser Schleusen sind mit dem Mahaica-Fluss verbunden.

Infolge dieser Maßnahmen steigt der Pegel des Flusses, der bei starkem Regen ohnehin rasch unter Druck gerät, rasch auf ein bedrohliches Niveau an. Familien, die sich gegen die wiederkehrende Gefahr nicht schützen konnten, haben keine andere Wahl als umzuziehen und sich an einem anderen Ort eine neue Existenz aufzubauen.

An der Küste wurden ihnen Grundstücke zugeteilt, auf denen die Organisation 'Food for the Poor' bescheidene Häuser bauen ließ. Die Neuankömmlinge konnten zudem Ackerland pachten.

Die Bäuerin Khemwantie Ramkissoon hat schon oft miterlebt, wie die Fluten ihre Wassermelonen- und Kürbispflanzungen am Mahaica-Fluss vernichtet haben. Von ihrem neuen Zuhause aus kann sie mit ihrem Mann nicht mehr oft zu der nun weit entfernten Farm zurückkehren. Früher fing sie zudem im Fluss Fisch, den sie jetzt kaufen muss.


Felder überflutet, Vieh getötet

Der 57-jährige Bahawanie Basdeo aus dem Ort Joe Hook hatte sein gesamtes Leben am Mahaica-Fluss verbracht, bevor er in ein höher gelegenes Gebiet umziehen musste. "Es war furchtbar", erinnert er sich. "Die Fluten haben alles mit sich gerissen. Irgendwann waren die Ersparnisse aufgebraucht." Mehrmals musste er neue Rinder kaufen, weil seine Tiere in den Wassermassen ertrunken waren.

"Die Familien in Joe Hook waren als erste und am schlimmsten betroffen, als Wasser aus dem Reservoir in die Flüsse Mahaica und Mahaicony abgeleitet wurde", berichtet der frühere Landwirtschaftsminister Robert Persaud, während dessen Amtszeit den Familien neue Bleiben angeboten worden waren.

Viele Menschen sind trotz der Risiken in dem Flussgebiet geblieben. Sie haben die Hoffnung, dass endlich ein großanlegtes Projekt umgesetzt wird, das den Bau eines weiteren Abflusskanals für den Speicher vorsieht. Damit könne sich Guyana an die Folgen des Klimawandels anpassen, der das Land akut gefährde, meint Persaud. Ein kürzlich durchgeführter Test an einer neuen Schleuse habe sich als erfolgreich erwiesen. Behördenvertreter zeigen sich zuversichtlich, dass diese Schleuse die Überschwemmungsrisiken für den Mahaica-Fluss wesentlich reduziert. (Ende/IPS/kf/08.12.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/12/climate-change-and-floods-the-uninvited-guests-of-guyana/

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IPS-Tagesdienst vom 8. Dezember 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2015

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