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ÖKOSYSTEME/009: Schutz der Böden rentiert sich - Experten drängen Regierungen zum Handeln (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Oktober 2011

Umwelt: Schutz der Böden rentiert sich - Experten drängen Regierungen zum Handeln

von Melanie Haider


New York, 7. Oktober (IPS) - Die fortschreitende Verschlechterung der Böden gefährdet laut einer Studie die Lebensgrundlagen vieler Völker und ihre Versorgung mit Nahrungsmitteln. Auch die wirtschaftliche Produktivität droht zu sinken, wie Wissenschaftler des 'International Food Policy Research Institute' (IFPRI) und des Bonner Zentrums für Entwicklungsforschung (ZEF) warnen. Sollten Gegenmaßnahmen weiterhin ausbleiben, werde sich das Problem erheblich verschlimmern.

"Die Welt muss endlich einsehen, dass es überall weniger Produktivland gibt, obwohl die globale Bevölkerung wächst", sagte Ephraim Nkonya, der die Studie leitete. Hohe Landpreise und -streitigkeiten seien die Folge.

Der Untersuchung mit dem Titel 'The Economics of Land Degradation: The Costs of Action Versus Inaction' zufolge gehören zu den am deutlichsten sichtbaren Folgen der Landdegradation Wüstenbildung, Entwaldung, Überweidung sowie Bodenerosion und -versalzung.

"In den vergangenen 50 Jahren haben wir etwa 60 Prozent der Leistungen unserer Ökosysteme eingebüßt. Das sind sehr hohe Verluste in einem sehr kurzen Zeitraum", erklärte Nkonya. Dazu gehören die Produktion von Nahrungsmitteln, von Biotreibstoffen, Futtermitteln und Biochemikalien ebenso wie die Regulierung des Klimas durch CO2-Speicher und Wasserzyklen. Die Studie appelliert an die Politik, den ökonomischen Wert dieser Leistungen stärker zu berücksichtigen.


Wo Böden erodieren, herrscht Armut

Die Autoren weisen auf einen Zusammenhang zwischen Armut, gemessen an der Sterblichkeit von unter fünfjährigen Kindern, und Landverödung hin. Dort wo Regierungen das Problem erkannt hätten und handeln würden, hätten die Böden bessere Chancen, sich zu erholen. Das trifft für einige Länder in Europa, Ostasien, Lateinamerika und Zentralafrika zu - in einigen Fällen sogar dort, wo die Bevölkerungsdichte zunimmt.

Die Verfasser der Studie plädieren für eine globale Berechnung der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Kosten, die sich durch eine Vermeidung der Bodendegradation einsparen ließen. Dieser Vorschlag soll auf der Konferenz der Vertragsstaaten der UN-Konvention gegen Wüstenbildung im November eingebracht werden. Nkonya und seine Kollegen führten Feldstudien in Staaten wie Indien, Kenia, Niger und Peru durch und fanden heraus, dass solche Maßnahmen preiswerter sind als Untätigkeit.

Das westafrikanische Land Niger, das bei der Nahrungsproduktion und Erwirtschaftung von Einnahmen stark von den Böden abhängig ist, verliert acht Prozent seines Bruttoinlandsprodukts durch Überweidung, Versalzung und den Schwund von Nährstoffen. Gegenmaßnahmen würden finanziell erheblich weniger zu Buche schlagen als die Verluste durch die Bodendegradation, so die Untersuchung.

Nkonya verwies auch darauf, dass der Schutz der weltweiten Korallenriffe jährlich etwa 270 Millionen US-Dollar kosten würde. Die Vorteile aus dem Erhalt der Korallen würden sich auf 75 Milliarden Dollar im Jahr belaufen.


Boni für nachhaltig wirtschaftende Bauern

Die Studie empfiehlt unter anderem, die Verwaltung natürlicher Ressourcen zu dezentralisieren und lokale Institutionen einzubinden, Investitionen in die Agrarforschung zu erhöhen und die Kommunikationsinfrastruktur auszubauen. Die Experten fordern außerdem, denjenigen Bauern, die eine Verödung der Böden verhinderten, einen Bonus auszuzahlen. Diese Finanzspritzen könnten in nachhaltige Formen der Landbewirtschaftung investiert werden.

Nach Ansicht von Nkonya hat die Staatengemeinschaft durch die UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) viel gegen die Schädigung von Land in trockenen Regionen ausrichten können. Feuchte oder subhumide Gebiete seien dagegen vernachlässigt worden. Dabei seien genau dort zwischen 1981 und 2003 78 Prozent der weltweiten Bodendegradation zu beobachten gewesen, wie eine 2003 verbreitete Studie der UN-Agrarorganisation FAO feststellte.

Laut Nkonya beeinflusst die Verschlechterung der Böden in Feuchtgebieten aber auch die Situation in den trockenen Zonen. Viele Länder würden Nahrung aus feuchten Regionen importieren. UN-Statistiken zufolge litten im vergangenen Jahr weltweit etwa 925 Millionen Menschen Hunger. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.ifpri.org/sites/default/files/publications/ib68.pdf
http://www.ifpri.org/
http://www.zef.de/
http://www.unccd.int/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=105354

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 7. Oktober 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Oktober 2011