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ÖKOSYSTEME/034: Wie wirken sich Klimawandel und Mensch auf die antarktische Umwelt aus (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena, Sebastian Hollstein, 26.11.2012

Menschliche Spuren im ewigen Eis

Ökologen der Uni Jena brechen heute (26.11.) zu Forschungsaufenthalt in die Antarktis auf



Es gibt Menschen, die fahren mit einem Ballon auf fast 40 Kilometer Höhe, um dann zurück zur Erde zu springen. Es gibt Menschen, die nehmen unendliche Mühen auf sich, um einmal alleine um die Welt zu segeln. Und es gibt Menschen, die legen etwa 15.000 Flugkilometer zurück, um Pinguine zu zählen. Doch während der Nutzen der ersten beiden Leistungen eher im persönlichen Bereich und im Unterhaltungssektor liegt, hat letzteres großen wissenschaftlichen Wert. Davon jedenfalls sind die Ökologiestudenten Jan Esefeld, Michel Stelter und Johannes Krietsch zurecht überzeugt, wenn sie sich am heutigen Montag (26.11.) auf ihre weite Reise in die Antarktis begeben. Denn dort werden die Nachwuchswissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena in den kommenden drei Monaten das sensible Ökosystem im ewigen Eis untersuchen. Und auch wenn Pinguinzählen für Außenstehende klingt wie eine Methode zum schnelleren Einschlafen, liefert es wichtige Informationen darüber, wie die Natur am Südpol mit verschiedenen äußeren Einflüssen umgeht. "Genauer gesagt wollen wir herausfinden, wie sich zum einen der Klimawandel und zum anderen der direkte Kontakt mit Menschen auf die antarktische Umwelt auswirkt", erklärt Dr. Hans-Ulrich Peter vom Institut für Ökologie der Universität Jena, der die regelmäßigen Antarktisaufenthalte der Jenaer Studentinnen und Studenten koordiniert und seit fast 30 Jahren regelmäßig dort forscht. Auch diesmal wird er seinen Schützlingen Mitte Dezember in die russische Forschungsstation Bellingshausen auf King George Island folgen.

Den Zusammenhang zwischen Pinguinen und dem Klimawandel hat Peter schnell erklärt: "In den vergangenen 50 Jahren hat sich die Winterdurchschnittstemperatur um ca. sechs Grad erhöht, während in Deutschland der Jahresdurchschnitt in den vergangenen 100 Jahren nicht einmal um zwei Grad gestiegen ist. Diese radikale Veränderung sorgt im Winter für weniger Eis im Meer, an dessen Unterseite Kieselalgen leben, die eine wichtige Rolle in der Nahrungskette einnehmen. Weniger Algen bedeutet weniger Krill - ein kleiner Krebs, von dem sich die in diesem Gebiet lebenden Adélie-Pinguine ernähren. Somit hat auch deren Zahl erheblich abgenommen." Innerhalb von 15 Jahren habe sich die Zahl der Brutpaare von 1.500 auf 300 reduziert. Außerdem sei die Fläche der Kolonien kleiner geworden - auch das wollen die Jenaer Ökologen zusammen mit einer Kollegin aus Kanada durch Messungen überprüfen. Neben den Pinguinen ist die Artenvielfalt allein unter den Vögeln weitaus größer als man ahnt. So wollen die Forscher die Brutgebiete etwa des Südlichen Riesensturmvogels, der Antarktisseeschwalbe und der Skuas aufzeichnen. Außerdem suchen sie nach den Wurfplätzen der Seeelefanten, der Wedellrobben und Seebären in diesem Gebiet. Während ihrer Arbeit kooperieren die Jenaer eng mit kanadischen, russischen und koreanischen Wissenschaftlern.

Neben der reinen Erfassung der Tiere geht es auch darum, zu untersuchen, wie sehr sie sich an die Nähe zum Menschen angepasst haben. Während früherer Aufenthalte haben die Jenaer Forscher etwa die Herzfrequenz einiger Vögel gemessen, um herauszufinden, wie sie körperlich darauf reagieren, wenn sich Menschen ihrem Territorium nähern. Denn inzwischen sind auch Touristen keine Seltenheit mehr in der Antarktis. Ihre Zahl habe sich aber bei etwa 30.000 im Jahr eingependelt und bisher halten sich die Schäden durch die Tagesbesucher in Grenzen, sagt Ökologe Peter. Durchaus sei es sogar zu begrüßen, dass durch die gesteigerte Aufmerksamkeit mehr Interesse für die Probleme dieser einmaligen Landschaft vorhanden sei.

Doch was für Touristen gilt, daran müssen sich auch die Forscher selbst halten, schließlich dringen auch sie in den Lebensraum der Tiere ein. Deshalb gehen die Jenaer in ihrem Projekt, das im Übrigen vom Umweltbundesamt finanziert wird, auch den Einflüssen nach, die das Forschungspersonal in der Antarktis auf die Organismen ausüben. "In der Vergangenheit z. B. haben die Besatzungen einiger Forschungsstationen ihren Müll, der nicht verbrannt werden konnte, einfach vergraben", erzählt Jan Esefeld. "Inzwischen tritt er wieder zutage und stört die Umwelt." Heute werden diese Abfälle in der Regel abtransportiert. Doch Bauaktivitäten und der Verkehr auf dem südlichen Kontinent hinterlasse ebenfalls Spuren.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-jena.de

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Sebastian Hollstein, 26.11.2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2012