Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → INTERNATIONALES


PROTEST/103: Alarmierendes Gerichtsurteil gegen Umweltaktivisten in Kamerun (SAVE Wildlife Conservation Fund)


SAVE Wildlife Conservation Fund - Wülfrath, 30. November 2015

Alarmierendes Gerichtsurteil gegen Umweltaktivisten in Kamerun

Wie Palmöl-Investor Umweltschützer zum Schweigen bringen und selbst Klagen in Höhe von 45 Mio. EUR abwenden will


Hintergrund des Prozesses gegen den kamerunischen Umweltaktivisten Nasako Besingi ist dessen Protest gegen die Errichtung einer großflächigen industriellen Palmölplantage im Südwesten Kameruns durch die lokale Tochtergesellschaft SG SOC Ltd. (Sithe Global Sustainable Oils Cameroon Limited) des US-Agrarindustrieunternehmens Herakles Farms.

Das Projekt mit einer Größe von 20.000 bis 70.000 Fußballplätzen zerstört dichte Regenwaldgebiete, die den Lebensraum einer Vielzahl bedrohter Arten und einen der 25 Biodiversitäts-Hotspots der Erde darstellen. Unter anderem zum Schutz dieser Biodiversität sagte Deutschland im Dezember 2013 Kamerun Mittel in Höhe von 86,5 Millionen Euro zu. Die Ziele dieser Entwicklungszusammenarbeit werden unterlaufen, wenn Palmöl-Investoren Regenwälder in Kamerun abholzen. Gemeinsam mit dem SAVE Wildlife Conservation Fund und anderen internationalen Naturschutzorganisationen versuchte Besingi seit Bekanntwerden der Pläne, den Plantagenbau zu stoppen, um die damit einhergehende, massive Regenwaldrodung zu verhindern.

Es war ein kontroverser und langwieriger Gerichtsprozess, der sich über mehr als drei Jahre hinzog. Das umstrittene Urteil vom 3. November 2015: Der Naturschützer Nasako Besingi wurde zu 1,2 Millionen CFA-Francs (entspricht etwa 1.800 EUR) Geldstrafe bzw. einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und 10 Millionen CFA-Francs (ca. 15.200 EUR) Schadenersatz wegen Verbreitung falscher Neuigkeiten über Herakles Farms und Diffamierung zweier Mitarbeiter der Firma verurteilt. Besingis Anwalt hält die Anklagepunkte, die - seiner Ansicht nach - nur dazu dienen sollen, seinen Mandaten zum Schweigen zu bringen, für fadenscheinig und wird gegen das Urteil Berufung einlegen.

Mitarbeiter von Herakles Farms griffen Besingi an und bedrohten ihn, da sie ihr Projekt durch seinen Widerstand in Gefahr sahen. Besingis Verurteilung ist lediglich ein erstes Ergebnis einer ganzen Serie schwebender rechtlicher Schritte gegen ihn. Das Ganze versteht sich als Rachefeldzug, nachdem er gemeinsam mit SAVE und anderen NGOs die Firma zuvor wegen Verstößen gegen Umwelt- und Menschenrechte verklagte. In den benötigten Sozial- und Umweltverträglichkeitsstudien nämlich habe Herakles Farms falsche Zahlen genannt und verheimlicht, dass Tausende von Kleinbauern ihres Landes beraubt wurden - ohne jegliche Ausgleichszahlung. Ebenfalls verschwieg das Unternehmen den großflächigen Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln, die die Wasserquellen der Menschen kontaminieren und Fischpopulationen gefährden können.

Mittels Gerichtsbeschluss ist man nun anscheinend bestrebt, Besingi, den Leiter der kamerunischen Nichtregierungsorganisation SEFE (Struggle to Economize Future Environment), aus dem Weg zu räumen. Dabei ist es so wichtig, dass er den lokalen Gemeinden und Bauern, die ohne seine Unterstützung im Machtspiel der großen Firmen und Investoren niemals Gehör finden würden, eine Stimme verleiht. Diese gilt es nicht verstummen zu lassen aufgrund von Repression und Einschüchterung. In welchem Umfang er die Interessen der lokalen Bevölkerung vertritt, zeigt die von SAVE organisierte Unterschriftenaktion, bei der sich mit 4.000 Unterschriften 80% der Regenwaldbewohner der umliegenden Dörfer - aller direkt betroffenen Menschen also - gegen die Plantage aussprachen.

In einem Schreiben, das uns aus einer vertraulichen Quelle vorliegt, fordert die SG SOC Ltd. die Regierung Kameruns dazu auf, ausstehende Gerichtsprozesse gegen das Unternehmen zu unterbinden. Dabei handelt es sich um acht Fälle mit Klagen in Höhe von insgesamt 45 Millionen Euro. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Firma verklagt diese u.a. wegen Diffamierung, Rassendiskriminierung und böswilliger Verleumdung in mehreren Fällen. Der eingeschlagene Weg von SG SOC über Regierungsbehörden Rechtsklagen entfliehen zu wollen grenzt an Korruption und ist jedenfalls sehr kritisch zu beurteilen. In dem Brief weist die Firma darauf hin, dass Investoren verunsichert wären durch die ständigen Klagen gegen das Unternehmen und dass die Geschäfte signifikant unter diesen Klagen zu leiden hätten. Man wolle sich doch lediglich auf sein Kerngeschäft konzentrieren, die Produktion von Palmöl. Es lässt sich nur hoffen, dass der Versuch der Einflussnahme auf die Regierung am Ende keinen Erfolg hat und nicht dazu führt, dass die Firma sich nicht verantworten muss.

Die ganze Angelegenheit könnte uns auf drastische Art und Weise vor Augen führen, welch ungleiche Behandlung verschiedene Akteure aufgrund unterschiedlicher Machtverhältnisse erfahren. Das Nasako-Besingi-Urteil stellt eine ernsthafte Gefährdung der freien Meinungsäußerung in Kamerun dar. Leider ist dies kein Einzelfall. Auch in anderen Teilen des Landes werden die Rechte von Menschen und Organisationen verletzt, die sich für den Schutz von Land und Natur einsetzen.

*

Quelle:
Pressemitteilung, 30.11.2015
SAVE Wildlife Conservation Fund
Dieselstrasse 70, 42489 Wülfrath
E-Mail: zentrale@save-wildlife.org
Internet: https://www.save-wildlife.org/


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang