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SOZIALES/072: Panama - Indigene wollen stärker von ihren Wäldern profitieren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. März 2015

Panama: Indigene wollen stärker von ihren Wäldern profitieren

von Emilio Godoy


Bild: © Regierung von Panama

Indigene Hütten der Emberá auf einer Lichtung in Panama
Bild: © Regierung von Panama

Panama, 4. März (IPS) - Für die Indigenen in Panama sind die Wälder, in denen sie zu Hause sind, mehr als nur ein Lebensraum. Sie sind spirituelle Orte, die sie mit der Natur und ihren Vorfahren verbinden. Sie sind Teil ihrer Identität und ihres Wesens.

"Für uns sind die Wälder wertvoll, weil sie besondere Leistungen erbringen, die über die Bereitstellung von Sauerstoff hinausgehen", meint der ethnische Emberá Cándido Mezúa, Vorsitzender der Nationalen Koordinierungsstelle der indigenen Völker Panamas (Coonapip). "Wir verbinden ihre organische Materie, ihre Mineralien und Lebensformen mit unseren Gebräuchen."

Mezúa ist der ranghöchste Kazike der sieben panamaischen Volksgruppen, die sich auf fünf unveräußerliche Territorien ('Comarcas') in Kollektivbesitz verteilen: In dem waldreichen zentralamerikanischen Land sind es sogenannte Gemeindewaldunternehmen (EFC). Doch der Indigenenführer beklagt, dass es sehr schwierig ist, diese Einheiten zu etablieren, was zu Lasten der Gesundheit der Wälder und des Wohls ihrer Hüter, den ethnischen Volksgruppen, geht.


Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Coonapi

Cándido Mezúa (Mitte) ist der Generalkazike der Comarca Emberá-Wounaan
Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Coonapi

Von den 3,8 Millionen Einwohnern Panamas sind 417.000 Indigene, die auf 16.634 Quadratkilometern beziehungsweise einem Fünftel des nationalen Territoriums leben.

Wie einer Landkarte zu entnehmen ist, die im April 2014 vom Nationalen Umweltamt (ANAM) verbreitet und mit Hilfe von UN-Agenturen erstellt wurde, sind 61,9 Prozent der Fläche Panamas oder 46.800 Quadratkilometer bewaldet. Doch ANAM zufolge gehen dem Land mit 104 Schutzgebieten, die 35 Prozent des 75.517 Quadratkilometer großen Staatsgebietes ausmachen, jedes Jahr 200 Quadratkilometer Wald verloren.


Begrenzter Nutzen

Mezúa, Generalkazike der Comarca Emberá-Wounaan an der Grenze zu Kolumbien, zufolge sind die Befugnisse der EFC nicht breit genug gefasst. So wird Holz in den Territorien geschlagen, der Mehrwert der Wertschöpfungskette jedoch außerhalb erzielt. "Bisher sind es nur die großen Industrien, die profitieren. Die Comarcas hingegen hängen am Entwicklungshilfetropf."

Derzeit sind in den indigenen Territorien erst fünf EFCs im Einsatz, deren Hauptaufgabe die Holzverarbeitung ist. 2010 haben zwei indigene Comarcas mit dem panamaischen Unternehmen 'Green Life Investment' ein auf zehn Jahre befristetes Kooperationsabkommen über die Lieferung von Holz unterzeichnet. Doch bisher werden im Rahmen der Zusammenarbeit jährlich gerade einmal 2.755 Kubikmeter Holz geschlagen.

Im Durchschnitt liefern die Comarcas 25 Kubikmeter Holz pro Quadratkilometer. Insgesamt werden jährlich 8.000 Kubikmeter Holz gefällt, die an die 275.000 US-Dollar erwirtschaften.

In fünf Jahren sollen nach Aussagen von Mezúa 2.000 Quadratkilometer Land von den Indigenen verwaltet werden. Das staatliche Programm zur Entwicklung indigener Unternehmen in Panama hat diesen Projekten mehr als 900.000 Dollar bereitgestellt.

Generell ist die Waldbewirtschaftung auf indigenen Territorien gering. 2013 hatte ANAM zwar 9.944 Waldnutzungsgenehmigungen erteilt, von denen sich jedoch nur 732 auf die Comarcas beziehen.


REDD im Blick

Mezúa zufolge hoffen die indigenen Völker, mit Hilfe des REDD+-Klimaschutzprogramms der Vereinten Nationen, das Kompensationszahlungen für den Schutz von Wäldern in Entwicklungsländern als Klimasenken vorsieht, die Zahl der EFCs erhöhen zu können.

Dazu meint Gabriel Labbate, der Koordinator des Mechanismus in Panama: "Wir wollen für den Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder zahlen. Es ist wichtig, die Balance zwischen Umweltschutz und Entwicklung herzustellen. Doch wird REDD+ allein die Waldkrise nicht lösen können."

Der 2007 ins Leben gerufene REDD-Mechanismus kommt bereits in 56 Entwicklungsländern zur Anwendung. 21 Staaten, darunter die fünf lateinamerikanischen Staaten Argentinien, Bolivien, Ecuador, Panama und Paraguay, arbeiten an nationalen Plänen, die ihnen insgesamt 67,8 Millionen Dollar einbringen sollen. Wälder speichern die klimaschädlichen Treibhausgase. Damit sie in den Stämmen und Böden bleiben, ist es wichtig, die Baumbestände zu erhalten.

Panamas Indigene sind der Meinung, dass sie aufgrund der Rolle, die die Bäume für ihre Weltanschauung (Kosmovision) spielen, für die Teilnahme an REDD+ besonders qualifiziert sind, weil das Programm Aspekten wie dem Umweltschutz, der Verbesserung des Waldkohlenstoffs und dem nachhaltigen Umgang mit Wäldern besondere Bedeutung beimisst.


Bild: © Smithsonian Tropical Research Institute

Tropenwald in der Provinz Bocas del Toro im Norden Panamas
Bild: © Smithsonian Tropical Research Institute

Doch im Februar 2013 hatten sich ihre Vertreter aus dem Programm mit der Begründung zurückgezogen, dass das Verfahren aufgrund einer nicht erfolgten Rücksprache mit den Indigenen gegen die kollektiven Landrechte der Indigenen und gegen die UN-Erklärung für die Rechte der indigenen Völker verstoßen habe. Erst im Dezember 2013, nachdem die Regierung ihnen versprochen hatte, die Versäumnisse nachzuholen, erklärten sie sich zur Wiederaufnahme der Gespräche bereit.


Armut unter Indigenen weit verbreitet

Labbate, der in Panama auch für die Armuts- und Umweltinitiative des UN-Umweltprogramms zuständig ist, ist der Meinung, dass es wichtig ist, dass die REDD+-Gelder direkt an die Indigenen weitergegeben werden. Denn UN-Angaben zufolge sind 70 bis 90 Prozent aller indigenen Familien in Panama von Armut betroffen. Demgegenüber liegt der nationale Armendurchschnittswert bei 27,6 Prozent.

Die Indigenenvertreter fordern deshalb an den Einnahmen aus der REDD+-Beteiligung beteiligt zu werden. Darüber hinaus sollen sie als wichtige Akteure der Klimapolitik anerkannt werden, damit sie sich an wirtschaftlichen Aktivitäten und an der Armutsbekämpfung beteiligen können.

Die Kaziken Panamas halten die Wälder für die Instrumente, die sie bei der Bekämpfung ihrer Ungleichheit brauchen. "Dafür sind wir auf Hilfe angewiesen, wobei REDD nur ein Teil der Lösung sein kann", so Mezúa. "Noch wichtiger sind Gesetze, die uns erlauben, unsere territorialen Rechte auch zu beanspruchen." (Ende/IPS/kb/2015)


Links:

http://www.ipsnoticias.net/2014/10/indigenas-panamenos-quieren-aprovechar-mejor-sus-bosques/
http://www.ipsnews.net/2014/10/panamas-indigenous-people-want-to-harness-the-riches-of-their-forests/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 4. März 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2015

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