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WALD/034: Auf dem Holzweg - FSC-Siegel erlaubt Monokulturen und Wildtier-Abschuss (Pro Wildlife)


Pro Wildlife e.V. - 14. Juni 2011

Auf dem Holzweg: Das "Ökosiegel" FSC

Auf südafrikanischen Holz-Monokulturen werden hunderte Affen abgeschossen - und die Plantagen erhalten das FSC-Ökosiegel


München, 14. Juni 2011. Mit der Entscheidung, den Abschuss von Pavianen auf Holzplantagen in Südafrika offiziell abzusegnen, gerät das umstrittene "Ökosiegel" des FSC (Forest Stewardship Coucil) erneut unter Verdacht, wirtschaftliche Interessen vor ökologische Belange zu stellen. "Eine Stellungnahme, in der FSC den Abschuss von Affen auf Holzplantagen ganz offiziell legitimiert, basiert auf einer fragwürdigen Argumentation", kritisiert Birgit Trinks von der Artenschutzorganisation Pro Wildlife: "FSC betont durchgehend die wirtschaftlichen Schäden, die die Affen in den Plantagen ausrichten - die ökologische Bedeutung der Tiere und mögliche Folgen der Abschüsse werden außer Acht gelassen."

Mindestens 395 Affen wurden nach Angaben südafrikanischer Umweltschützer seit Jahresbeginn in der Provinz Mpumalanga, dem Zentrum der Holzindustrie Südafrikas, auf Holzplantagen getötet. Produkte dieser Plantagen tragen das renommierte FSC-Zertifikat, das bescheinigt, "dass das Produkt aus verantwortungsvoller Waldwirtschaft stammt" - so die Eigendarstellung des FSC. Weitere 1.040 Abschusslizenzen wurden für 2011 vergeben. Der FSC billigt diese Praxis, obwohl die Abschüsse negative Auswirkungen für die Artenvielfalt befürchten lassen: Wissenschaftliche Studien zeigen, dass seltene, endemische Pflanzenarten auf Paviane als Samenüberträger angewiesen sind. Zudem handelt es sich bei den FSC-zertifizierten Plantagen um riesige Monokulturen nicht-heimischer Bäume. "Aus ökologischer Sicht ist die Zertifizierung der Plantagen mit einem Ökosiegel ohnehin fragwürdig", so Birgit Trinks.

Der FSC rechtfertigt die Abschüsse von Pavianen in Südafrika als Mittel der Schädlingsbekämpfung, denn die Tiere fressen die Baumrinde. Gegen die Tötungen sprechen allerdings seit Jahren wissenschaftliche Publikationen. So kommt eine Studie, die von den Plantagenbetreibern selbst in Auftrag gegeben wurde, zu dem Schluss, dass die Tötung der Paviane die Schäden an den Plantagen nicht verhindert.

Obwohl die Tiere für das lokale Ökosystem als Samenverbreiter wichtig sind, finden die Abschüsse der Affen keine Berücksichtigung in der erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung. Stattdessen lässt die öffentliche Stellungnahme des FSC eine gefährliche Nähe des "Ökosiegels" zu den wirtschaftlichen Interessen der Holzindustrie vermuten: "FSC erwartet nicht von allen zertifizierten Unternehmen, für alle Maßnahmen Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen, insbesondere wenn sie breit angewandt werden", heißt es in der Stellungnahme. Die Pro Wildlife-Sprecherin hält dagegen: "Ein Ökosiegel kann nur dann funktionieren, wenn es klare und verbindliche Auflagen gibt. Der FSC degradiert den Zertifizierungsprozess zu einer reinen Ermessenssache."

Die Stellungnahme des FSC International wirft weitere Fragen auf. Unter anderem verweist die Organisation darauf, dass für die Zertifizierung eines Unternehmens die FSC-eigenen Prinzipien und Kriterien nicht maßgeblich sind: Stattdessen liegt es im Ermessen eines externen Zertifizierers, ob ein Unternehmen das Siegel bekommt. Ein dubioses Verfahren - denn bezahlt werden die Zertifizierungsunternehmen direkt von den Holzplantagenbesitzern, die sich um das Siegel bewerben. "Ein Armutszeugnis für das angebliche Ökosiegel", moniert Trinks, "Mit solchen Praktiken riskiert der FSC, sich käuflich zu machen."

Von der fragwürdigen Zertifizierungspolitik des FSC in den letzten Jahren zeugen auch Kahlschläge in Schweden, die illegale Waldnutzung im Kongo-Becken sowie zweifelhafte Eukalyptusplantagen in Portugal. "Auch aus Sicht des Verbraucherschutzes ist die Politik des FSC bedenklich", sagt Trinks: "Umweltbewusste Konsumenten verlassen sich auf ein Siegel, das ökologische Produkte und den Erhalt der Artenvielfalt verspricht. Das Vertrauen der Verbraucher in das Ökosiegel basiert in großem Maße auf der Unterstützung durch einzelne Umwelt- und Artenschutzorganisationen. Doch immer mehr Umweltverbände distanzieren sich von FSC. Denn die Mängel des Zertifikats sind gravierend", so Trinks abschließend.


Über Pro Wildlife:

Pro Wildlife ist eine gemeinnützige Organisation, die sich global für den Schutz von Wildtieren und ihrer Lebensräume einsetzt. Weltweit unterstützt Pro Wildlife Artenschutzprojekte vor Ort und leistet Aufklärungsarbeit, um Wildtierhandel und Wilderei einzudämmen. Pro Wildlife nimmt an Konferenzen wie der Internationalen Walfangkommission (IWC), dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA, engl. CITES) oder der Konvention zum Erhalt der Biodiversität (CBD) teil, um den Schutzstatus von Wildtieren weltweit zu verbessern.

Pro Wildlife ist Mitglied des Species Survival Network (SSN), einem Zusammenschluss von über 80 Verbänden weltweit, die sich dem Schutz bedrohter Wildtiere und -Pflanzen verschrieben haben. Als Mitglied der internationalen Bündnisse Shark Alliance und OCEAN2012 kämpft Pro Wildlife gegen die Plünderung der Meere.


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Quelle:
Pressemitteilung, 14.06.2011
Pro Wildlife e.V.
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Internet: www.prowildlife.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2011