Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

WALD/039: Indonesien - Mehr Wald für das Volk, Regierung will Besitztitel an Gemeinden vergeben (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Juli 2011

Indonesien: Mehr Wald für das Volk - Regierung will Besitztitel an Gemeinden vergeben

Von Amantha Perera

Dorfbewohner verwalten seit 50 Jahren einen Wald - Foto: © Amantha Perera/IPS

Dorfbewohner verwalten seit 50 Jahren einen Wald
Foto: © Amantha Perera/IPS

Sesaot, Indonesien, 26. Juli (IPS) - Seit mehr als 50 Jahren steht das Waldschutzgebiet Sesaot im Süden der Insel Lombok unter kollektiver Verwaltung. In Indonesien ist dies bisher eher die Ausnahme. Etwa 70 Prozent des insgesamt 190 Millionen Hektar großen Landes befinden sich nach wie vor in staatlicher Hand. Doch nun verspricht die Regierung der Bevölkerung mehr Landtitel.

Sesaot erstreckt sich über rund 3.600 Hektar und liegt mehr als 1.000 Kilometer von der Hauptstadt Jakarta entfernt. In dem gleichnamigen Dorf wohnen 6.000 Familien, die vom Öko-Tourismus und von dem Anbau von Kaffee, Bananen und Papaya leben. Ein Ausschuss im Dorf, der die Finanzen der Gemeinde verwaltet, verzeichnete im vergangenen Jahr Einnahmen von umgerechnet rund 160.000 US-Dollar.

"Das ist mein Zuhause, wir sind hier alle gleich", sagt Elisa Lastari. "Wir Dorfbewohner brauchen den Wald und können nicht zulassen, dass er zerstört wird." Die Bauern profitieren auch davon, dass sie außerhalb des Dorfes für ihre Produkte höhere Preise erzielen können. Wie Lastari berichtet, kann Papaya anderswo für das Zehnfache verkauft werden.

In der Ortschaft Kekait etwa 15 Kilometer südlich von Seasot verdienen die Leute vor allem durch den Verkauf von Setzlingen an einzelne Kunden, Dorfgemeinschaften und lokale Behörden, die Aufforstungsprojekte vorantreiben. Mehr als hundert Familien in Kekait ziehen in ihren Hinterhöfen jährlich etwa 100.000 Setzlinge wertvoller Baumarten wie Mahagoni, Eukalyptus und Durianbaum.


Wiederaufforstungsprojekte profitieren von Gemeindeinitiativen

Der 41-jährige Fathul Asis verkauft Bananen und züchtet zu Hause Bäumchen. Das zusätzliche Einkommen helfe der Familie mit zwei kleinen Kindern finanziell besser über die Runden zu kommen. "Unsere besten Kunden sind Mitglieder von Gemeindeausschüssen, die Wiederaufforstungsprogramme planen", sagt er. "Sie wissen, dass sie hier immer Pflanzen finden. Manche kommen deshalb sogar von nahe gelegenen Inseln."

Die indonesische Regierung scheint mittlerweile davon überzeugt, dass die kollektive Verwaltung der Wälder ein Erfolgsmodell ist. Auf einer internationalen Waldkonferenz in Lombok erklärten Regierungsvertreter kürzlich, dass sie Dorfgemeinschaften stärker als bisher an der Verwaltung der Forstressourcen beteiligen will.

"Die existierenden Regelungen sind nicht effizient genug, um das Problem mit dem Landbesitz zu lösen", räumte Pak Hadi Pasaribu, ein hoher Beamter aus dem Forstministerium, ein.

Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge sind Länder wie China, Indien, Nepal und Vietnam bei der Vergabe von Landtiteln an Gemeinden bereits viel weiter gekommen als Indonesien.

"Die Besitzrechte über 70 Prozent der indonesischen Wälder sind unklar", kritisierte Andy White von unabhängigen internationalen 'Initiative für Recht und Ressourcen'. "Damit produziert das Land über die Exporteinnahmen hinaus keine Werte. Außerdem werden die Ziele bei der Nahrungssicherung und beim Klimaschutz nicht erreicht."

Beobachter gehen davon aus, dass die geplante Vergabe der Landtitel trotz der offiziellen Zusicherungen nicht reibungslos verlaufen wird. Selbst in Sesaot, wo der Wald seit Jahrzehnten gemeinschaftlich bewirtschaftet wird, befinden sich bisher erst 185 Hektar der insgesamt 3.600 Hektar im rechtmäßigen Besitz der Dorfbewohner.


Palmöl-Lobby ein schwieriger Gegner

Auch seitens der einflussreichen Palmölindustrie wird Widerstand erwartet. In dem Wirtschaftszweig werden rund 20 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet. Seit dem vergangenen Jahr hat die Regierung in dem Bereich allerdings keine neuen Nutzungslizenzen an Unternehmen mehr vergeben. Damit entspricht Indonesien einem Abkommen mit Norwegen zur Reduzierung von Klimagasen im Umfang von einer Milliarde Dollar.

Anwohner protestieren häufig gegen die kommerzielle Nutzung ihres Landes durch Unternehmen. Erst kürzlich wurden Maschinen in einer Papiermühle auf der nördlichen Insel Riau in Brand gesetzt. Der Anschlag forderte ein Menschenleben.

Landreformen müssten dazu genutzt werden, die Korruption zu beseitigen und die Besitzverhältnisse zu klären, forderte Abdon Nababan, der das AMAM-Bündnis aus indigenen Gruppen leitet. "Wenn dies nicht geschieht, werden die Wälder in Indonesien sterben." (Ende/IPS/ck/2011)


Link:
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56580

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 26. Juli 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juli 2011