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WALD/142: REDD Plus - Um den heißen Brei verhandelt (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 4/2013
Holzplantage oder Ökosystem? - Wälder unter Nachfragedruck

REDD Plus
Um den heißen Brei verhandelt

Von László Maráz und Thomas Fatheuer



Bei der Warschauer Klimakonferenz wurde auch über das Instrument REDD+ verhandelt. Es wurden sogar Ergebnisse erzielt, wenngleich die Einschätzungen darüber so unterschiedlich ausfallen, wie beispielsweise die Bewertung des Koalitionsvertrages. Dem einfachen, an Waldschutz interessierten Mitbürger erschließt sich ohnehin kaum noch, ob das Instrument REDD jemals zur Lösung wenigstens eines der beiden Probleme (Waldschutz, Klimaschutz) beitragen wird.


REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation - Verringerung von Emissionen aus Entwaldung und zerstörerischer Waldnutzung) ist ein 2007 bei der UN-Klimakonferenz auf Bali eingeführtes Klimaschutzinstrument, das die Erhaltung von Wäldern als Kohlenstoffspeicher finanziell attraktiv machen soll. Etwa ein Fünftel der weltweiten Kohlenstoffemissionen kommen zurzeit aus der Vernichtung von Wäldern. Damit REDD seine Wirkung entfalten kann, müssen sich zum einen genügend Geldgeber finden, die bereit sind (oder irgendwie dazu gezwungen werden), Emissionsrechte für Kohlendioxid zu kaufen um mit diesem Geld Maßnahmen zu finanzieren, die Wald erhalten oder wenigstens die Waldzerstörung bremsen.

Mehr als nur Kohlenstoffspeicher?
So einfach die Idee klingt, so schwer und komplex ist ihre Umsetzung. Wälder sind mehr als Kohlenstoffspeicher, doch die Diskussion entzündet sich schon an der Definition von »Wald«. Wie viel Kohlenstoff durch eine bestimmte Aktion im Wald zusätzlich gespeichert wird, ist schwer zu ermitteln. Problematisch ist auch die Frage, wie man Waldeigentümer und Waldnutzer mit Geldzahlungen und alternativen Bewirtschaftungskonzepten davon abbringen kann, den Wald für lukrativere Zwecke zu opfern. Dafür müssten mindestens die Opportunitätskosten erstattet werden, wie zum Beispiel der Verzicht auf Einnahmen durch Holzverkauf oder den Betrieb einer Ölpalmenplantage. Heikel ist auch die mangelhafte Partizipation der Bewohner vor allem der indigenen Völker, in deren Wald sich so manches REDD-Projekt breit machen will.

Viele Beobachter gehen davon aus, dass nach langjährigen Verhandlungen (seit Bali) nun durch eine REDD+ Entscheidung die Grundlage für die Implementierung von REDD+ gelegt wurde.

»Es ist nicht zu übersehen, dass die REDD+ Community weiterhin Optimismus verbreiten will, aber die Euphorie der letzten Jahre nicht recht aufkommt. Auch sind kaum detaillierte Analysen des REDD+ Paketes zu finden. Dies liegt zum einen an dem sehr technischen Charakter, zum anderen aber auch daran, dass in der Warschauer Entscheidung kritische Fragen der Vergangenheit in allgemeinen Formulierungen, mit denen alle glücklich werden können, aufgegangen sind. Deutlich ist aber, dass sich die Staaten des Nordens mit der Forderung nach einem einheitlichen und kontrolliertem Standard für MRV (Measuring, Reporting and Verification) nicht durchsetzen konnten. Das REDD+ Paket von Warschau ist das Ergebnis verglühender Leidenschaft. Wurde auf der der UN-Klimakonferenz in Poznan 2008 noch heftigst über Safeguards und die Rechte indigener Völker gestritten, so ist nun alles in schwammigen Formulierungen irgendwie bedacht, aber nichts ist verbindlich geregelt.

Finanzierung von REDD+ als alter Streitpunkt
Ein alter Streitpunkt war auch in Warschau noch einmal aufgeflammt: Soll REDD+ durch einen Marktmechanismus, der auf offsets basiert, finanziert werden können? Brasilien (unterstützt von Indien und China) hat sich dafür stark gemacht, offsets explizit auszuschließen. Herausgekommen ist eine ausweichende Formulierung, die die Finanzierung von REDD+ offen lässt, aber dem Green Climate Fund eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung von REDD+ zuweist. Dies ist ein kleiner Sieg der Länder, die keine marktbasierte REDD+ Finanzierung wollen, lässt aber die finanzielle Zukunft des Finanzierungsmechanismus (!!) REDD+ weitgehend offen. Dass so auch nur annähernd die 20 - 35 Milliarden US-$ jährlich (!) zusammenkommen, die REDD Befürworter/innen immer noch erhoffen, können nur noch die verblendetsten REDD+ Optimist/innen glauben.«

REDD+ Text aus Warschau - Schwächer geht kaum noch
Simone Lovera von der Global Forest Coalition sieht in den Ergebnissen von Warschau »den schwächsten Text, den je eine Wald-bezogene Institution beschlossen hat«.(1) Vor allem werden die Ursachen der Entwaldung nicht angegangen, die in der großen Nachfrage nach Rohstoffen liegen. Schützt man durch REDD-Projekte ein Waldgebiet, würden etwa durch den Anbau von Futtermitteln oder den Holzeinschlag andere Wälder zerstört. Das in Warschau verabschiedete REDD+ Paket bezeichnet die Global Forest Coalition zutreffend als »whatever approach«.

Oder wie Chris Lang von REDD Monitor es formuliert: »REDD wird weder den Klimawandel mildern, noch Wälder schützen. Die Ausbeutung und Verbrennung fossiler Rohstoffe heizt den Klimawandel an und wenn dies im Regenwald passiert, hat dies auch schwere Folgen für die Wälder und die Lebensgrundlage der Menschen. REDD kann nicht einmal die Ölförderung in Wäldern stoppen. Die Möglichkeit Kohlenstoff-Kredite zu kaufen, könnte sogar die Expansion der Ölsuche fördern, weil Konzerne und Regierungen sich damit das Recht erkaufen können, weiterhin fossilen Kohlenstoff zu verbrennen.«(2)


László Maráz ist Koordinator der Plattform Wald des Forum Umwelt und Entwicklung.

Thomas Fatheuer ist freier Berater und Autor.


Internet
(1) http://www.redd-monitor.org/2013/12/03/guest-post-a-pathetic- reddpackage/#more-14633
(2) http://www.redd-monitor.org/


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 4/2013, S. 20
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2014