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WIRTSCHAFT/036: Pazifik - TTP-Partnerschaftsabkommen gefährdet gängige US-Umweltrichtlinien (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Januar 2014

Pazifik: TTP-Partnerschaftsabkommen gefährdet gängige US-Umweltrichtlinien

von Carey L. Biron


Bild: © Imran Schah/IPS

Von Bewohnern der Ortschaft Ayun im pakistanischen Bezirk Chitral konfisziertes illegal gefälltes Holz
Bild: © Imran Schah/IPS

Washington, 21. Januar (IPS) - Ein Abkommen, das zum größten Handelsvertrag aller Zeiten avancieren könnte, gefährdet offenbar einige US-Umweltbestimmungen, die sich im letzten Jahrzehnt als sinnvoll herausgestellt hatten.

Seit vier Jahren bemühen sich Unterhändler aus zwölf Staaten - USA, Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam - um das Zustandekommen der als Transpazifisches Partnerschaftsabkommen (TTP) bekannten Übereinkunft.

Während die Beteiligten keine Details über die Gespräche nach außen dringen lassen, hat WikiLeaks Mitte des Monats den Text veröffentlicht, der offenbar die Verhandlungsgrundlage für das Kapitel über die ökologischen Bedingungen darstellt. Ebenso wurde eine Zusammenfassung der jeweiligen Positionen vorgelegt.

Die durchgesickerten Papiere geben einen Einblick über die umweltrelevanten Aspekte des geplanten Abkommens. Nach Ansicht von Naturschützern sind sie besorgniserregend. WikiLeaks-Chef Julian Assange bezeichnete das TTP-Umweltkapitel am 15. Januar gar als "zahnlose Public-Relation-Übung".

Der US-Handelsvertreter (USTR) "könnte gar gezwungen werden, von historischen Verhandlungspositionen zu Umweltschutzmaßnahmen abzuweichen", befürchtet Larry Cohen, Vorsitzender der US-amerikanischen Gewerkschaft 'Communications Workers of America'. "An diesem Punkt unserer Geschichte sollten wir Verbesserungen erzielen und keine Rückschritte bei den Verhandlungen ökologischer Fragen dulden."

Cohen war am 16. Januar vor dem Finanzausschuss des Senats erschienen, um sich zu einem geplanten Gesetz zu äußern, das US-Präsident Barack Obama erlauben soll, den Abschluss dreier anstehender Handelsabkommen einschließlich des TPP mit einem einfachen Ja zu beschleunigen. Die neue Fast-Track-Regelung sei in keiner Weise geeignet, die Einwände gegen die Schwäche der TPP-Umweltschutzbestimmungen zu zerstreuen, sagte er. Bisher weigern sich fast alle demokratischen Kongressmitglieder, das neue Fast-Track-Gesetz formell zu unterstützen.


Rückschritt

"Bedeutende Verhandlungsziele, die zum Schutz natürlicher Ressourcen etwa durch ein Verbot des illegalen Handels mit geschützten Arten und Hölzern sowie der Überfischung beitragen können, wurden aus dem Entwurf vollständig herausgestrichen", warnte Cohen. "Ebenso wenig bewahrt es unsere Umwelt- und Klimaschutzbestimmungen vor Übergriffen ausländischer Konzerne, noch mindert es den Druck auf die schrumpfenden Ressourcen. Es muss schon mehr getan werden, um sicherzustellen, dass Handelsabkommen nicht den Startschuss zu einem globalen Wettlauf zu Lasten unserer schwindenden Ressourcen geben."

Das kürzlich durchgesickerte TPP-Umweltkapitel stammt aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Monat November und könnte in diesem Monat nachgebessert worden sein. Sollte dies nicht der Fall gewesen und keine starken Umweltauflagen in das Kapitel aufgenommen worden sein, könnte es gegen US-Recht verstoßen.

2007 hatten der Kongress und Obamas Amtsvorgänger George W. Bush ein Abkommen erzielt, in dem eine Reihe von Minimalstandards für künftige Handelsabkommen und den Schutz der Umwelt festgelegt wurde. Danach müssen sich Länder, die Handelsverträge mit den USA abschließen wollen, an alle internationalen Verträge halten, die sie unterzeichnet haben. Außerdem sind die verabredeten Umweltrichtlinien keine bloßen Anhängsel, sondern rechtlich einklagbare Verpflichtungen.

Umweltverbände und andere Organisationen reagierten positiv auf die Bestimmungen, die in nachfolgenden US-Handelsverträgen mit Panama, Kolumbien, Südafrika und Peru zum Tragen kamen. Auch wenn das Gesetz seither nicht verändert wurde, so beinhaltet das durchgesickerte TPP-Umweltkapitel schwache Bestimmungen, die nach Ansicht ihrer Kritiker kaum einzufordern sind.

"Wir setzen uns für Schutzvorkehrungen in den drei Bereichen Fischbestände, Handel mit wildlebenden Arten und illegalem Holzeinschlag ein. Doch das TPP-Umweltkapitel in seiner derzeitige Form trägt diesen Prinzipien in keinerlei Weise Rechnung", meint Jake Schmidt, Klimaexperte beim 'Natural Resources Defense Council' (NRDC), gegenüber IPS.


Mangel an Umsetzungsinstrumentarien

"Die derzeitigen Verpflichtungen gegenüber den einzelnen Bereichen lassen den Ländern jede Menge Spielraum, sie nicht umzusetzen. Zwar gibt es die Verpflichtung, die Nichteinhaltung mitzuteilen, doch keine Möglichkeit, Handelssanktionen zu verhängen. Das ist so, als würde man ein Verbot gegen das Rasen verhängen, dann aber keine Polizisten bezahlen, die es umsetzen müssen."

Am 16. Januar hatten der NRDC und zwei weitere Umweltgruppen eine Analyse des durchgesickerten TPP-Kapitels vorgelegt. Demnach ist dem durchgesickerten Kapitel zu entnehmen, dass Mitgliedsländer zwar die Bedeutung von Maßnahmen anerkennen müssten, die auf den Schutz und ein nachhaltiges Fischereimanagement zielten, doch stünden Regierungen nicht unter dem Zwang, entsprechend zu handeln. Weiter heißt es, dass sich jeder Vertragspartner um die Einrichtung eines Fischerei-Managementsystems bemühen sollte, um einer Überfischung vorzubeugen. Doch wiederum sind die Mitglieder nicht dazu verpflichtet.

Sollte das Fast-Track-Gesetz durchkommen, wäre es gegenüber dem unter Bush verabschiedeten ein Rückschritt, meint Schmidt. "Wir wissen aus alter Erfahrung, dass gute Gesetze gar nichts bringen, wenn sie nicht mit starken Umsetzungsmechanismen ausgestattet sind."

Die vier Handelsabkommen, die die Umweltrichtlinien aus dem Jahre 2007 beinhalten, haben gemischte Resultate erzielt. Bisher hat der USTR zwar nie Sanktionen gegen ein Land verhängt, dass sich nicht an die Umweltauflagen gehalten hat. Doch den Befürwortern der Regelungen zufolge hat sich allein schon die Drohung mit Sanktionen als effizientes diplomatisches Instrument in den Verhandlungen hinter verschlossenen Türen herausgestellt.

Während die TPP-Verhandlungen weitergehen, kritisieren zivilgesellschaftliche Organisationen, aus den Verhandlungen ausgesperrt worden zu sein. Berichten zufolge wurden hingegen große multinationale Konzerne zu den Verhandlungen zugelassen. Auch wurden diese mit Verhandlungsunterlagen ausgestattet.

Auf die Kritik der Organisationen hat das Büro des US-Handelsvertreters inzwischen reagiert. So heißt es in einem Blog, dass der Schutz der Umwelt ein wichtiger US-amerikanischer Wert sei, "und wir auf einem robusten, umsatzfähigen Umweltkapitel im TPP bestehen werden. Andernfalls wird es kein Abkommen geben."

Doch Schmidt vom NRDC weist darauf hin, dass die USA die treibende Kraft hinter dem TPP sind und deshalb problemlos eine starke Umsetzung der Umweltbestimmungen diktieren können. "Wir werden sehen, ob die Regierung den anderen Ländern unmissverständlich klar machen wird, dass es sich hier um eine zwingende Auflage für einen Vertrag handelt." (Ende/IPS/kb/2014)


Links:

http://www.ustr.gov/about-us/press-office/blog/2014/January/The-US-and-Environmental-Protections-in-the-TPP
https://wikileaks.org/tpp2/static/pdf/tpp-treaty-environment-chapter.pdf
https://www.govtrack.us/congress/bills/113/hr3830
http://www.ipsnews.net/2014/01/pacific-trade-deal-backtracking-environment-safeguards/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 21. Januar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2014