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WASSER/198: Bilanz für das Wasser im Toten Meer (UFZ-Newsletter)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
UFZ-Newsletter März 2015

Forschung am tiefsten Punkt der Erde
Bilanz für das Wasser im Toten Meer

von Katharina Instetten


Das Tote Meer ist ein Paradies für die Wissenschaft. Extreme Bedingungen locken Hydrologen, Meteorologen und Geologen in dieses einzigartige "natürliche Laboratorium". Allerdings ist die Forschung kein Selbstzweck: Die Region ist auf die Hilfe angewiesen, denn durch das Austrocknen des Toten Meeres leiden die ohnehin knappen Trinkwasserressourcen. Hydrogeologen des UFZ sind diesem Phänomen vor Ort auf der Spur.


Forscher sind normalerweise vorsichtig mit Superlativen. Doch die Arbeit am Toten Meer ist eine große Herausforderung: "Wir haben es hier mit extremen Bedingungen zu tun", meint Dr. Christian Siebert, Hydrogeologe am UFZ. "Die wissenschaftliche Arbeit ist in jeder Hinsicht eine der schwierigsten und spannendsten überhaupt - wissenschaftlich, aber auch politisch." Siebert ist seit 2002 in der Region und kennt die Westbank, Israel und Jordanien mittlerweile wie seine Westentasche. Die extrem hohen Temperaturen, das lebensfeindliche Umfeld der Wüste und des Toten Meeres, die Folgen der Austrocknung und die Spannungen zwischen den drei Anrainerstaaten machen den Forscheralltag nicht ganz ungefährlich, der Reiz ist aber sehr groß: "Das Tote Meer ist für die Wissenschaft ein natürliches Laboratorium in einer für uns Geowissenschaftler höchst sensiblen Region" erklärt sein Kollege Dr. Stefan Geyer. Er koordiniert die Forschung des UFZ im Helmholtz-Forschungsprojekt DESERVE. In dessen Mittelpunkt stehen die immer knapper werdenden Süßwasserressourcen im Nahen Osten, für die das zirka 7.000 Quadratkilometer große Einzugsgebiet des Toten Meeres eine zentrale Rolle spielt.

Zusammen mit israelischen, jordanischen und palästinensischen Experten, ihren Helmholtz-Kollegen vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem Geoforschungszentrum in Potsdam (GFZ) und weiteren deutschen Partnern sind die UFZ-Forscher derzeit dabei, mit Hilfe verschiedener Messmethoden die bereits vorhandenen Daten zur geologischen, meteorologischen und hydrologischen Situation der Region zu komplettieren. Darauf aufbauend erarbeiten sie dringend benötigte Interpretationen und Handlungsoptionen für die Entscheider vor Ort. Deshalb liegt ein besonderer Schwerpunkt des Projektes auch darauf, die Vielzahl verschiedener Daten mit Hilfe von Computermodellen zu einem kongruenten Bild zusammenzuführen und verschiedene für die Praxis relevante Szenarien zu simulieren - zum Beispiel Änderungen der Niederschlagsmuster oder der Wassernutzung. Bei ihrer Arbeit können die Wissenschaftler auf Fakten und Kontakte von Forschungsprojekten aufbauen, die kontinuierlich seit vielen Jahren mit deutscher Beteiligung in der Region durchgeführt werden. In SMART (2006-2012) etwa haben Hydrogeologen des UFZ für große Teile des Unteren Jordantals Wasserbilanzen berechnet sowie eine neue Grundlage für die Bewirtschaftung der grenzüberschreitenden Trinkwasserressourcen Nordjordaniens und des Golans geliefert. Außerdem wurden Konzepte zur dezentralen Reinigung von Abwasser entwickelt und der Wassermasterplan Jordaniens diesbezüglich mitgestaltet. In SUMAR (2008-2010) konzentrierten sich die Forscher auf die Bilanzierung stark bewirtschafteter Aquifere rund um das Tote Meer und die Quantifizierung der Grundwasserneubildung. Diese und viele weitere Arbeiten sind wichtige Grundlage, um im nächsten Schritt Stück für Stück das Zusammenspiel von Geologie, Hydrologie und Klima zu klären und abzuschätzen, wie sich die knappen Wasserressourcen unter den sich ändernden Bedingungen rund um das Tote Meer entwickeln werden.


Weniger Regen und Abfluss des Grundwassers

An den Süßwasserreserven des Toten-Meer-Einzugsgebietes hängt eine der politisch instabilsten Regionen der Welt: das Westjordanland. Dort leben rund zwei Millionen Menschen. Der große Fluch der Region ist seit jeher die Trockenheit. Aufgrund klimatischer Veränderungen sagen Prognosen für die nächsten Jahre noch weitaus weniger Niederschlag in der Region voraus: Um weitere rund 20 Prozent soll der Regen zurückgehen. Das bedeutet für alle Anrainer des Toten Meeres, dass der Wasserverbrauch drastisch eingeschränkt werden muss - ansonsten sind die unterirdischen Ressourcen schnell ganz aufgebraucht. Jordanien ist dabei am stärksten betroffen, da sich die Regenfronten bereits am judäischen Gebirgszug auf der Westseite des Toten Meeres abregnen. Das Absinken des Meeresspiegels um mittlerweile durchschnittlich 1,3 Meter pro Jahr verschärft diesen Mangel noch. Seit den 1960er Jahren führt das Aufstauen des See Genezareth und des jordanischen Flusses Yarmouk zu einem Verkümmern des Unteren Jordans, der heute nur noch geschätzte zehn Prozent seiner natürlichen Wassermenge führt. Da der Jordan aber der einzige permanente Oberflächenzufluss des Toten Meeres ist, beschleunigte sich dessen Austrocknung entsprechend. "Das größte Problem ist jedoch die zunehmende Verdunstung durch verstärkte Windzirkulationen aus Richtung Mittelmeer", erklärt Norbert Kalthoff vom KIT, das in Massada zwischen Nord- und Südmeer eine Messstation betreibt und mit dem Forscherteam des UFZ eng zusammenarbeitet.


Die Suche nach den Wasserläufen

Gleichzeitig beklagen die Anwohner der Region seit einigen Jahren das sukzessive Versiegen Jahrhunderte alter Quellen. Eine der wichtigsten und drängendsten Aufgaben ist deshalb die Schätzung der vorhandenen Wasserressourcen. Dafür muss nicht nur berechnet werden, wie viel im Status quo vorhanden ist, sondern auch, wieviel Wasser abfließt und inwiefern die Aquifere durch Niederschlag wieder aufgefüllt werden. Das UFZ-Hydrogeologenteam beschäftigt sich mit dem Wasserkreislauf: Der Regen an der Westseite des Toten Meeres geht auf den judäischen Bergen nieder und gelangt von dort in die Grundwasseraquifere - das sind allerdings nur geringe Prozentwerte der gesamten Niederschlagsmenge. Größere Anteile verdunsten sofort oder fließen als sogenannte Flash-Floods - Sturzfluten - ebenfalls unverzüglich ins Meer. Ist der kleinere Teil des Regens im Grundwasseraquifer angekommen, läuft es in langen Zeiträumen bis zu tausend Jahren weiter Richtung Totes Meer, das mittlerweile mehr als 420 Meter tief unter dem Meeresspiegel liegt. Das Grundwasser tritt in ufernahen Quellen und vor allem in Form submariner Quellen in den salzhaltigen See ein. "Eine der großen Fragen ist, welchen Zusammenhang es genau zwischen dem Rückgang des Meeresspiegels und den unterirdischen Wasserzuflüssen gibt", so UFZ-Forscher Christian Siebert. "Treten Grundwässer tatsächlich immer häufiger in Form submariner Quellen aus oder können wir sie heute nur besser detektieren? Auf jeden Fall wissen wir, dass je mehr Wasser in den submarinen Quellen austritt, desto mehr laufen die Süßwasseraquifere ungenutzt leer und umso weniger Wasser bleibt dann für die Trinkwasserversorgung der Westbank, Israels und Jordaniens".

Da der Gegendruck des rückläufigen Toten Meeres auf die anströmenden Grundwässer nachlasse, wirke dieses immer weniger als natürlicher "Stöpsel", so Christian Siebert. Weniger Druck auf das hydraulische System bedeute in diesem Fall, dass das Phänomen von Süßwasserquellen im Meer zunehme. Gleichzeitig versiegen immer mehr terrestrische Quellen, sprich die Brunnen und Quellen der Umgebung, auf die Bauern und Naturreservate so dringend angewiesen sind.

Mittlerweile kann ein geschulter Blick die submarinen Süßwasserquellen im Meer sogar mit bloßem Auge erkennen - um die Stellen in Ufernähe bilden sich kreisförmige Bewegungen und glatte runde Flächen, die anders aussehen als die ans Ufer anschlagenden Wellen. Um die genauen Auswirkungen des Meeresspiegelrückgangs auf die Süßwasserabflüsse zu bestimmen und um nachzuvollziehen, in welcher Geschwindigkeit und in welchen Mengen das Wasser von den Bergen ins Meer fließt, bedarf es allerdings einer Reihe von Wasseranalysen und geologischer Erkenntnisse. Dazu haben die Forscher Methoden entwickelt und angewandt, mit denen sie die chemische und mikrobiologische Zusammensetzung des Wassers an den unterschiedlichen Stellen seines Verlaufs untersuchen. Je nachdem, welche Gesteinsschicht das Wasser passiert, ändern sich die geochemische Umgebung und somit auch der Gehalt an organischen und anorganischen Stoffen bzw. Parameter wie der pH-Wert, die mikrobakterielle Aktivität, der Salzgehalt und die Aggressivität gegenüber dem Umgebungsgestein. Sie ist bei der Bildung submariner Quellen besonders wichtig.


Geländekampagne 2014

Ziel der Beprobung im Winter 2014 war es, systematische Zusammenhänge zwischen der Lokation von Süß- und Brackwasseraustritten und eventuellen Spuren neotektonischer Aktivität, der Quellmorphologie, der Quellchemie und der Mikrobiologie des Grundwassers sowie thermaler Spuren an der Wasseroberfläche zu ermitteln. Ein mit Seitenscansonar ausgestattetes Echolot-Boot und der parallele Einsatz von Forschungstauchern machten es den Wissenschaftlern möglich, die Morphologie des Meeresbodens in bis zu 60 Meter Tiefe hochauflösend zu kartieren und zugleich Proben von Quellwässern und Sedimenten in der Umgebung der Quellen sowie BioProben zur Untersuchung von mikrobiellem Leben zu entnehmen. Für die Wissenschaftstaucher um Dr. Thomas Pohl von der TU Bergakademie Freiberg war das keine leichte Sache: "Die Bedingungen im Toten Meer sind extrem", erklärt er, "man sieht nur gut einen Meter weit, und ohne Anhaltspunkt ist es sehr schwer, zu fotografieren oder Proben zu nehmen." Auch körperlich ist so ein Tauchgang sehr anstrengend. Denn was die Touristen gern ausnutzen, um neckische Fotos von an der Oberfläche treibenden zeitungslesenden Badegästen zu machen, ist für die Taucher ein Problem: Sie müssen sich mit bis zu 50 kg Bleigewichten beschweren, um überhaupt nach unten abtauchen zu können. Zusätzlich zu den Arbeiten auf und unter Wasser wurde das Gebiet mit Hilfe eines programmierbaren Oktokopters in Form von Luft- und Thermalbildern mit einer räumlichen Auflösung von unter einem Zentimeter flächendeckend aufgenommen. Daraus ermitteln die Forscher einerseits thermale Signaturen der aufsteigenden Süßwässer an der Seeoberfläche, um später den Zusammenhang zwischen der Größe der Anomalie und der tatsächlich austretenden Wassermenge abzuleiten. Andererseits können die Wissenschaftler nun die terrestrische Fläche in einem sehr genauen digitalen Geländemodell abbilden. Durch den Vergleich mit Aufnahmen aus früheren Jahren können dann Aussagen zur vertikalen Bewegung der Erdoberfläche getroffen werden. Und in Verbindung mit der hoch aufgelösten Seebodenmorphologie wird es möglich, die Lage und Ausbildung subaquatischer Strukturen in Bezug auf tektonische Vorzugsrichtungen und morphologische Phänomene an Land zu bewerten. Dies alles dient der Antwort auf die Frage, warum an bestimmten Orten bestimmte Grundwässer und in welcher Menge austreten.

Seit der Entdeckung der submarinen Grundwasseraustritte hat das Hydrogeologenteam bereits eine ganze Vielfalt dieser Quellen ausgemacht: Von heißen und salzhaltigen bis hin zu relativ reinen Süßwasserquellen. Teilweise liegen die Quellen mit unterschiedlichem Salzgehalt direkt nebeneinander. "Das Grundwasser nimmt ganz unterschiedliche Wege", erklärt Ulf Mallast anhand drei kleiner Quellen, die direkt am Strand, keine zwei Meter vom Ufer entfernt sprudeln. Er hat seine Doktorarbeit über die Erkundung der Quellen geschrieben. "Vor dem Eintritt ins Meer mischen sich hier die beiden Wasseraustritte in einer Senke: unten das schwerere salzhaltigere und oben das leichtere weniger salzige Wasser". Das leichtere Wasser fließt im Gegensatz zum salzhaltigen unterirdisch direkt von den Bergen zum Ufer, ohne allzuviel Salze aus dem vormaligen Seesediment zu lösen bzw. sich mit dessen hochsalinarem Porenwasser zu mischen.


Forschen und lehren im politischen Brennpunkt

Doch nicht nur die geologischen und klimatischen Bedingungen sind eine Herausforderung für die Wissenschaftler. Auch der Nahost-Konflikt ist ein unberechenbarer Faktor im Wissenschaftsalltag. Wasserund Gesteinsproben nach Deutschland zu bringen, wird oftmals zu einem kleinen Abenteuer. Nicht selten wurden die Proben des Teams trotz endloser Diskussionen am Flughafen von Tel Aviv oder an den Grenzstationen in Jordanien zurückbehalten und kamen mit heftigen Verspätungen oder über Umwege nach Deutschland.

Ausländischen Forschern wird deshalb schnell klar, dass das Tote Meer nicht nur ein hydrogeologisches Phänomen ist, sondern auch ein politischer Brennpunkt. "Bevor es in die Feldforschung geht, müssen alle wichtigen Akteure, insbesondere die Armee, informiert werden", erklärt Christian Siebert, "sonst kann es zu sehr unangenehmen Überraschungen kommen". Bei einer Messung mit einem roten Schlauchboot sei es vor ein paar Jahren trotz morgendlicher Unterrichtung der Armee dazu gekommen, dass plötzlich ein Dutzend bewaffnete israelische Soldaten auf das Boot zielten und erst im letzten Moment durch einen einheimischen Kollegen gestoppt werden konnten. Da die Grenze zu Jordanien in der Mitte des Toten Meeres verläuft, kann es hier schnell zu Missverständnissen kommen.

Wie abhängig Forschung von politischen Faktoren ist, bekamen auch die Organisatoren der diesjährigen Winterschool, die im Rahmen des DESERVE-Projektes am Toten Meer stattfand, zu spüren. Eigentlich war sie als interkulturelle Veranstaltung gedacht: Junge Palästinenser, Israelis und Jordanier sollten sich zusammen mit deutschen Studenten über ihre Forschungsarbeiten austauschen und weiterqualifizieren. In einer Folge gegenseitiger Eskalationen kam es eine Woche vor Beginn des zweiwöchigen Workshops zu einem Anschlag auf betende Juden in Jerusalem - keine guten Voraussetzungen für einen gemeinsamen Forschungsaustausch. Die Palästinenser konnten daraufhin nicht teilnehmen, so blieben Europäer, Israelis und immerhin ein jordanischer Teilnehmer unter sich.


Durch Voraussagen Leben retten

Der absinkende Meeresspiegel gefährdet aber nicht nur die Wasserversorgung der politisch instabilen Region, sondern auch Leib und Leben von Anwohnern und Touristen. Da Grund- und Regenwasser aus den Bergen Salzvorkommen unter der Erdoberfläche auswaschen, entstehen unterirdische Hohlräume entlang der Küstenlinie, aber auch immer wieder weit im Landesinneren. Brechen sie ein, entstehen sogenannte Sinkholes. Große Küstenabschnitte des Nordbeckens sind aus diesem Grund mittlerweile gesperrt, in Ein Gedi ähnelt der zentrale Campingplatz einem Schweizer Käse, die nahe Küstenstraße muss gerade aufwendig verlegt werden. Mittlerweile gibt es auf der Westseite des Toten Meeres etwa 4.000 solcher Sinkholes - jeden Tag kommt eines hinzu. Im Verhältnis dazu, wie viele solcher gefährlichen Stellen es gibt, ist das Wissen um Entstehung und Voraussage der Löcher relativ gering. Das Forscherteam hat deshalb begonnen, die Sinkholes mit dem Oktokopter im Abstand von einigen Monaten abzufotografieren.

"Damit erstellen wir Höhenmodelle, die über die Geometrie der Löcher und die Veränderungen der Landoberfläche Aufschluss geben, bzw. gewinnen über Thermalaufnahmen Informationen zur Fluiddynamik im Untergrund, die uns Hinweise liefert, wo neue Sinkholes entstehen können", erklären Ulf Mallast und Christian Siebert. Die Daten werden mit den Aufnahmen des Geologischen Dienstes Israels abgeglichen und mit den lokalen Kollegen gemeinsam ausgewertet. "Wir hoffen, dass wir gemeinsam herausarbeiten werden, unter welchen Bedingungen genau die Einbrüche entstehen, warum sie sich verändern und wo die Sinkhole-Felder besonders aktiv sind", erklären die UFZ-Forscher.

Auch wenn der Forschungsalltag anderswo sicherlich leichter wäre - Christian Siebert und seine Kollegen nehmen die Herausforderungen, die die Arbeit am Toten Meer mit sich bringt, gern an: "Wir forschen natürlich aus wissenschaftlichem Interesse in einem derartigen Umfeld. Allerdings hoffen wir, mit unserer Arbeit auch dazu beizutragen, das Wassermanagement in dieser Region zu verbessern".


UFZ-Ansprechpartner:
Dr. Christian Siebert
Dept. Catchment Hydrology
e-mail: christian.siebert@ufz.de

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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 2-3:
Grundwasser und aus den Bergen kommendes Regenwasser waschen entlang der Küstenlinie des Toten Meeres die Salzvorkommen unter der Erdoberfläche aus. Dadurch entstehen unterirdische Hohlräume. Brechen sie ein, bilden sich mehrere Meter tiefe Einsturzlöcher, sogenannte Sinkholes. Rings um das Tote Meer gibt es davon bereits etwa 4.000. Ihre wachsende Zahl gefährdet den Tourismus und die Sicherheit der Menschen. Mit ihren Forschungsarbeiten zum Wasserkreislauf im Einzugsgebiet des Toten Meeres tragen die Helmholtz-Wissenschaftler auch dazu bei, die Entstehung solcher Sinkholes besser vorhersagen zu können.

Abb. S. 4-5 unten:
1. Ausschnitt eines Orthofotos. Es zeigt a) Sinkholes; b) konzentrisch verlaufende Spannungsrisse, die zukünftige Einbrüche anzeigen; c) kleine Salzpfannen, die aufgrund der Evaporation des Grundwassers entstanden sind und d) partiell durchflossene Restseen im unteren Teil des Bildes.

2. Mit dem Oktokopter und der daran befindlichen radiometrischen Thermalkamera aufgenommenes Thermalmosaik. Es zeigt Wasseroberflächentemperaturen von 24,5 (hellblau) bis 27,1 (rötlich) und dient zur Identifizierung von submarinen Quellen über Thermalanomalien. Die Markierung zeigt eine dieser Anomalien, bei der Grundwasser am Seeboden mit einer Temperatur von etwa 28 austritt. Die strandnahen rötlichen Bereiche im untersten Teil des Bildes deuten auf von Land zuströmendes Grundwasser.

3. Mittels Echolot und Seitenscansonar hochaufgelöste Morphologie des Seebodens im Bereich der Thermalanomalie. Blaue Töne zeigen Tiefen bis 17 Meter an, rötliche Töne die mit zirka 0,5 Meter flachsten Stellen. Sichtbar sind Tiefenbereiche, die durch steile Wände begrenzt sind (weißliche Strukturen nördlich und südlich der Fahrspur - doppelte weiße Linie in der Bildmitte). Am Grund der sich ergebenden Trichterstrukturen befinden sich die submarinen Quellen.

Die Kombination dieser Verfahren ermöglicht nicht nur eine Kartierung aller submarinen Quellen, sondern auch deren bessere raumzeitliche Charakterisierung bzw. Quantifizierung des austretenden Wassers.

Abb. S. 5 oben:
Der israelische Geologe Eli Raz verdeutlicht den Teilnehmern der Winterschool, dass die Mineralkomposition des inzwischen teilweise trocken gefallenen Seesedimentes - vorwiegend Tonminerale und leicht lösliche Minerale wie Aragonit, Gips und Steinsalz - eine natürliche Voraussetzung für die Bildung der Sinkholes ist. Entscheidender jedoch ist das hindurchströmende Grundwasser. Deshalb ist die UFZ-Forschung auch ausgerichtet auf das Geflecht unterirdischer Wasserwegsamkeiten: Was sind die systematischen Zusammenhänge zwischen lokalem Wasserdargebot, rezenter Tektonik, Geochemie und Mikrobiologie? Und wie funktioniert deren zeitliches Zusammenspiel, um daraus regionale Grundwasserbewegungen zu bestimmen?

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Quelle:
UFZ-Newsletter März 2015, Seite 1 - 5
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Permoserstraße 15, 04318 Leipzig
Tel.: 0341/235-1269, Fax: 0341/235-450819
E-mail: info@ufz.de
Internet: www.ufz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2015

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