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MASSNAHMEN/073: Deutschland kann liefern - mit einem CO2-Preis (idw)


Technische Universität Berlin - 19.09.2019

TU Berlin: Deutschland kann liefern - mit einem CO2-Preis
Forschungsprojekte für die Wissenschaftskommunikation im Rahmen der internationalen Aktionswoche "Covering Climate Now

Klimaforscher und Ökonom Ottmar Edenhofer zeigt Wege auf für eine Neuausrichtung der deutschen Klimapolitik


Deutschland verfehlt deutlich seine selbst gesetzten nationalen Klimaziele. Die Reduzierung der CO2-Emissionen wird bis 2020 höchstens 32 Prozent gegenüber 1990 erreichen, statt der angestrebten 40 Prozent. "Es kostet aber nicht die Welt, den Planeten zu retten - die Politik kann die Menschen vor Klimaschäden schützen, und das auf gut bezahlbare Art: mit einem CO2-Preis", sagt Ökonom und Klimaforscher Ottmar Edenhofer, Professor an der TU Berlin, Direktor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Berater des sogenannten Klimakabinetts, in das Bundeskanzlerin Angela Merkel die Expert*innen ihrer Ministerrunde zusammengerufen hat und das am 20. September 2019 über ein Maßnahmenpaket zu Erreichung der Klimaziele bis 2030 entscheiden will. Ottmar Edenhofer sieht eine umfassende, koordinierte und sozial gerechte Bepreisung der CO2-Emissionen als Dreh- und Angelpunkt einer Neuausrichtung der deutschen Klimapolitik.

"Gelingt es uns nicht, die 40 Prozent bis 2030 zu erreichen, drohen Deutschland erstmals EU-Strafzahlungen, vielleicht in Milliardenhöhe, denn wir haben uns unseren europäischen Nachbarn gegenüber verpflichtet", so Ottmar Edenhofer. "Die Zeche werden letztendlich die Bürgerinnen und Bürger zahlen. Geld, das man anders investieren sollte - zum Schutz künftiger Generationen und zum Schutz unseres Planeten. Sonst drohen teure Klimaschäden." In breiten Teilen der Gesellschaft herrscht mittlerweile große Unzufriedenheit über den geringen Fortschritt. Edenhofer sieht daher klimapolitischen Handlungsdruck und plädiert für eine umfassende CO2-Preisreform.

Der Ökonom hat berechnet, dass eine CO2-Steuer in Deutschland umsetzbar wäre, ohne dass Haushalte mit geringem Einkommen belastet würden. Viele würden sogar davon finanziell profitieren. "Die Mehreinnahmen aus einer CO2-Bepreisung muss der Staat den Menschen zurückgeben, ehrlich und gerecht, ob durch Senkung der Stromsteuer oder eine Klimaprämie pro Kopf. Familien hätten da unter dem Strich sogar mehr Geld in der Tasche."

Modernisieren statt Verlagern - Anreize auch für die Industrie

Eine CO2-Bepreisung würde zudem wichtige Anreize für Industrie und Wirtschaft schaffen und neue Marktkräfte freisetzen. CO2-freie Technologien würden lohnender und damit attraktiver. Und ebenso wichtig: Eine CO2-Bepreisung gibt Investoren Planungssicherheit für die Zukunft und kann damit die Forschung und Innovationen hin zu emissionsfreien Technologien deutlich beschleunigen. Das schafft neue Arbeitsplätze und regt die Industrie zu sauberer Produktion an, zu Modernisierung ihrer Anlagen statt zur Verlagerung ins Ausland. "Die Durchschlagskraft der CO2-Bepreisung resultiert daraus, dass sie Anreize für alle Sektoren der Wirtschaft bietet, unabhängig von spezifischen Technologien, und damit zum Innovationstreiber wird", so Edenhofer. "Wir können damit dem Fortschritt eine Richtung geben."

Eine CO2-Bepreisung wäre aber auch ein klares Bekenntnis zum Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen, die wir mit der Verfeuerung fossiler Energieträger aufs Spiel setzen. Die Erderwärmung müsse begrenzt werden, wolle man Wetterextreme, Meeresspiegelanstieg und andere Klimakonflikte im Griff behalten. "Ich erwarte deshalb ein klares Signal vom Klimakabinett, eine faire und sozial gerechte CO2- Preisreform endlich anzupacken", fordert Ottmar Edenhofer. "Dafür braucht es einen Mindestpreis von 35 bis 70 Euro, damit dieser Preis tatsächlich Wirkung entfaltet und nicht nur symbolisch ist. Und es braucht einen klaren Preispfad mit einer Steigerung von zehn Prozent pro Jahr bis 2030, damit unsere Unternehmen Planungssicherheit haben. Deutschland muss jetzt liefern. Es geht um unsere Sicherheit und unser Naturerbe."

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Berlin - 19.09.2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. September 2019

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