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BUCH/140: Food Monopoly - Das riskante Spiel mit billigem Essen (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 185 - April/Mai 2015
Die Berliner Umweltzeitung

Food Monopoly
Landwirtschaft als Gestalterin unserer Umwelt - warum die industrielle Landwirtschaft scheitert

Von Dana Jestel


"Ökologischer Landbau? Um Himmels willen - den brauchten wir zur Produktionsminderung!" Das ist die Sicht von Bankern auf den Ökolandbau, von der man im Vorwort erfährt. Für einen Banker geht es beim Thema Landwirtschaft auch nicht in erster Linie um Nahrungsmittel, sondern um die Gewinnung von Rohstoffen, die weiter verarbeitet werden zu Biokraftstoff, Futtermitteln oder eben Nahrungsmitteln.

Die Verfasser_innen des Buches stimmen mit vielen Analysten darin überein, dass Hunger kein technisches Problem ist oder eines mangelnder Ressourcen, sondern ein politisches.

Eine Ursache für Hunger ist der Druck der Börse auf die Lebensmittelpreise. Es gibt weitere, wie Korruption und politische Instabilität, Armut, Subventionen und die Marktmacht großer Konzerne.

Mit der Frage, wie die bald neun Milliarden Menschen ernährt werden können und ganz allgemein, wie wir in Zukunft Landwirtschaft betreiben werden, haben sich die Autor_innen auf eine Reise um die Welt begeben, um verschiedene Formen von Landwirtschaft zu erkunden.

Das Fazit ihrer Reise ist, dass es keine allgemeingültige Antwort gibt. Landwirtschaft ist abhängig von den geographischen und lokalen Gegebenheiten, von den Böden, der Landschaft, dem Klima, der gesellschaftlichen Organisation. Ex Negativum heißt das: Landwirtschaft, die keine Rücksicht nimmt auf die lokale Umwelt, ist kein zukunftsfähiges Modell. Wenn es nur darum geht, immer mehr und immer gleichförmiger zu produzieren, um Gewinne zu machen, werden auf Dauer die Kosten für Energie und Verlust an Biodiversität die Gewinne übersteigen.

Die Reise für den Leser beginnt auf einer Maisfarm in Montana, 2.000 Hektar, bewirtschaftet von zwei Brüdern und einem Park monströser Maschinen. 300 Kilometer weiter geht es zu einem Biobauern, der statt einer Sorte Mais, viele verschiedene Sorten anbaut und gezwungen ist, mit der Aussaat zu warten bis es fast zu spät ist, damit sich sein Mais nicht mit den Gentechnik-Pflanzen der Nachbarn kreuzt. Weiter geht es nach Brasilien. Dort besuchten die Autor_innen unter anderem die Rinderranch São Marcelo im Bundesstaat Mato Grosso und ein Bauernpaar, das durch Lulas Sozialprogramm zu einem Stück Land gekommen ist, auf dem es Agroforstwirtschaft betreibt, eine Form von Landbau, die den Wald integriert, statt ihn zu vernichten.

In Afrika treffen wir eine Familie, die auf einem kleinen Feld Mais anbaut. Außer ihrer Hütte, einem Topf für den täglichen Maisbrei und einem Prepaidhandy besitzen sie gar nichts. Das meiste Geld geht für Kunstdünger drauf, und das obwohl die Regierung diesen subventioniert. Armut, so die Autor_innen ist nicht die Folge schlechter Anbaumethoden, sondern deren Ursache. Besser geht es einem Ananasbauern, der Biozertifizierte Früchte anbaut und einen festen Abnehmer zu festen Preisen hat. Aber auch er unterliegt der Marktlogik: Er möchte expandieren.

Indien ist das Land, in dem es nach Brasilien die meisten Rinder gibt, und es ist der weltweit größte Milcherzeuger. Um in Indien eine Kuh zu halten, ist kein Landbesitz notwendig. Die Kuh kann auch auf der Veranda der Hütte stehen. Sie gibt viel weniger Milch als europäische Kühe, wird dafür aber auch von Essensresten und etwas Straßenrandbewuchs satt.

Ein Paprikaproduzent aus Holland ist ein Beispiel für Hightech-"Landwirtschaft". Diese kann durchaus mit wenig oder keinen Pestiziden auskommen und liefert Erträge, die mit herkömmlichem Landbau unerreichbar sind. Andererseits ist die Produktion abhängig von fossilen Energieträgern und was da gedeiht, ist ein Stück isolierter Natur, die mit unkontrollierter Natur nicht mehr in Berührung kommt.

Die Frage, ob mit Ökolandbau die wachsende Weltbevölkerung ernährt werden kann, lassen die Autor_innen offen. Aber aus ihrer Sicht spricht alles dafür.

Die Natur, so die Autor_innen werde sich immer unserer Kontrolle entziehen. Deshalb sei es besser, mit natürlichen Systemen und Vielfalt zu arbeiten, statt sie zu zerstören.



Ann-Helen Meyer von Bremen, Gunnar Rundgren
Foodmonopoly . Das riskante Spiel mit billigem Essen
oekom verlag, München, 2014
240 Seiten, 19.95 Euro
ISBN-13 9783865816641

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Quelle:
DER RABE RALF
26. Jahrgang, Nr. 185, Seite 26
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47/-0, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: jährlich, 20 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2015

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