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ENERGIE/089: Bundesregierung übergibt Biogaserzeugung den Energie-Konzernen (AbL)


AbL - Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.
Pressemitteilung, Berlin / Hamm, 06.06.2011

Bundesregierung übergibt Biogaserzeugung den Energie-Konzernen. Probleme wachsen

AbL fordert deutliche Änderungen am Gesetzentwurf zum EEG, damit bäuerliches dezentrales Energie-Potenzial im Umfang von 2 AKW gehoben wird


Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) fordert die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen im Bundestag auf, im Bereich Biogas die vorgeschlagene Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) deutlich zu ändern.

Die Bundesvorsitzende der AbL Maria Heubuch zeigt sich enttäuscht vom Gesetzentwurf der Bundesregierung. "Die Pläne müssen geändert werden, damit die in vielen bäuerlichen Betrieben vorhandenen Energie-Potenziale aus Gülle oder auch Zwischenfrüchten dezentral und angepasst genutzt werden können. Bleibt es dagegen bei der beabsichtigten Bevorzugung der größten Anlagen und der Vergärung von Mais und vergleichbaren Kulturen, dann werden Chancen vertan. Die vielerorts schon jetzt beklagten Probleme mit Biogasanlagen werden noch zunehmen", warnt die AbL-Vorsitzende. Familie Heubuch betreibt auf ihrem Milchviehbetrieb im Allgäu selbst eine kleine Biogasanlage, in der fast ausschließlich die Gülle der Rinderherde zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt wird.

Bernd Voß, Vorstandsmitglied der AbL, erläutert die konkreten Vorschläge der AbL: "Der Strom, der aus der heute vorhandenen Gülle erzeugt werden kann, entspricht der Leistung von zwei Atomkraftwerken. Dieses Potenzial lässt sich vernünftig und effektiv nur in kleinen, zu den landwirtschaftlichen Betrieben passenden Anlagen heben. Deshalb fordern wir, eine höhere Vergütung für Anlagen bis 50 KW Leistung einzuführen. Eine 50 KW-Biogas-Anlage, in der die Energie im wesentlichen aus Gülle gewonnen wird, entspricht immerhin einem Milchviehbetrieb mit 100 Kühen plus Nachzucht", so Voß. "Wichtig ist, dass sowohl die Grundvergütung als auch die Prämien für die geplanten Rohstoffklassen nach Anlagengröße abgestaffelt werden", fordert Voß. "Bei den Prämien für die Rohstoffklassen ist entscheidend, dass sie sich in der Höhe deutlich unterscheiden. Sonst bleibt es dabei, dass Mais und bald zunehmend Zuckerrüben in den Anlagen vergoren werden und Gülle nur zum Verflüssigen, aber nicht als Energieträger eingesetzt wird", so Voß.

"Die Pläne der Bundesregierung sind bisher einseitig auf Großanlagen ausgerichtet. Wenn das kommt, dann überlässt die Bundesregierung die Biogaserzeugung vollends den Energiekonzernen. Damit erweckt sie den Eindruck, als wolle sie den Konzernen eine Gegenleistung für den Ausstieg aus der Atomenergienutzung erbringen", schlussfolgert Voß.


Die AbL hat heute neben ihrer Stellungnahme zur Novellierung des EEG ein allgemeines Positionspapier zur Biogaserzeugung veröffentlicht (siehe Anlage oder: www.abl-ev.de).


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Stellungnahme zum Gesetzentwurf vom 17. Mai 2011 zur Novellierung des EEG

Mit diesem EEG übergibt die Bundesregierung die Biogaserzeugung den Konzernen


Das Maisproblem wächst

Zum 1. Januar 2012 soll ein überarbeitetes Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) in Kraft treten. Einen entsprechenden Gesetzentwurf, der eine Novellierung des EEG beinhaltet, hat das federführende Bundesumweltministerium Mitte Mai vorgelegt. Schon am 9. Juni 2011 soll ein nur leicht überarbeiteter Gesetzentwurf im Bundeskabinett verabschiedet werden. Erklärtes Ziel der Novellierung ist es, derzeit noch brach liegende Potentiale der Erneuerbaren Energien zu heben, Entwicklungen anzuschieben und zur Marktreife zu führen.

Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) werden die Vorschläge des Bundesumweltministeriums diesem Ziel im Bereich Biogas-Nutzung allerdings nicht gerecht und lassen wenig Gutes erwarten.

Was sich entwickelt, das wird entscheidend durch die Art und Weise bestimmt, ob und wie die Vergütung im EEG gestaffelt wird. Die Abstaffelung ist mindestens so entscheidend wie die absolute Höhe der Vergütung im EEG. Bleiben die Staffeln so, wie im Gesetz-Entwurf vorgeschlagen, dann wird sich die Bioenergieerzeugung zukünftig nur noch in industriellen Großanlagen weiterentwickeln können.

Der Ansatz, Bioenergieerzeugung jetzt auch als Leistungsenergie nachfrageorientiert zu entwickeln, zeigt in die richtige Richtung.


Grundvergütung stärker staffeln, Klimaschutz- und Energiepotentiale im ländlichen Raum aktivieren

Die elektrische Leistung von zwei Atomkraftwerken kann bei einer Entwicklung ausgereifter kleinerer Anlagen um die 50 KW allein durch die Nutzung der Gülle erschlossen werden. Die vorgesehenen neuen Staffeln in der Grundvergütung für Strom aus Biogasanlagen geben aber keine Impulse für bäuerliche Anlagen, die auf die dezentrale Verwertung von Grüngut aus der Fruchtfolge und anderer Reststoffe setzen. Das Leistungsangebot könnte auch in diesem Leistungsbereich dezentral steuerungsfähig gestaltet werden.

Hinzu kommen die Vorteile solcher Anlagen: hohe Klimawirkung, keine zusätzlichen Transporte und zusätzliche Einkommen in ländlichen Regionen. Reststoffverwertung konkurriert mit keinen anderen Erzeugungen. Ziele wie Biodiversität, artgerechte Tierhaltung, Hygienestandards und nachhaltige Strukturen dürfen durch die gesetzten Impulse für erneuerbare Energien nicht konterkariert, sondern sollten aktiv unterstützt werden.

Beispiel: In einer 50 KW-Anlage würden bei überwiegendem Einsatz von Gülle ca. 160 Großvieheinheiten, also 100 Kühe plus Nachzucht, und ein geringer Teil nachwachsende Rohstoffe zum Nachsteuern als Energiegrundlage genügen. Für den Betrieb der verbreiteten Biogasanlage mit einer Größe von 500 KW sind dagegen Bestandsgrößen von ca. 1.000 Kühen plus Nachzucht, also 2.000 Rinder, notwendig. Sollen die Strukturen der Betriebe zu den gängigen Biogasanlagen in einer Größe um 500 KW passen, würde durch das EEG eine industrielle Tierhaltung ohne Weidehaltung gefördert. Für die Grundvergütung schlägt die AbL folgende Staffelung vor:

< 50 KW: 16 Cent
50 - 150 KW: 15 Cent
150 - 500 KW: 13 Cent
500 - 5.000 KW: 9,5 Cent


Stärkere Differenzierung zwischen den Rohstoffklassen erforderlich.
Rohstoffprämien auch nach Größe der Anlage staffeln

Ziel des EEG ist es, auch Entwicklungsimpulse für die Verwertung unterschiedlicher Rohstoffe zu setzen. Die Betonung darauf, ein einfaches EEG bekommen zu wollen, konterkariert dieses Ziel.

Beispiel: Rohstoff-Klasse I: 6 Cent gibt es künftig bei Anbaubiomasse wie Mais, Ganzpflanzensilage (GPS), Rüben und Gras. Das wäre 1 Cent weniger als bisher bei Anlagen bis 500 KW. Größere Anlagen bis 5 MW profitieren dagegen und sollen demnach statt der bisherigen 4 Cent auch 6 Cent bekommen.

Zugleich wird sich bei einer von den Kulturen unabhängigen einheitlichen Staffel keine neue Anbauvielfalt entwickeln können. Mais - bald kombiniert mit Zuckerrüben - wird als Anbaubiomasse weiter dominieren.

Die AbL schlägt als Lösung vor, auch eine Staffel abhängig vom Anteil hochenergetischer Lebens- und Futtermittelpflanzen wie Mais und Zuckerrüben zu prüfen.

Es ist nicht erkennbar, wie durch die Rohstoffklasse II ein wirksamer Anreiz für Entwicklungsimpulse auch für neue Anbaukulturen zur Biogasnutzung erreicht werden soll. Um ein Anschieben in der Anlagenentwicklung und in Investitionen in andere Reststoffnutzungen auszulösen, ist es erforderlich, dass die Differenz zwischen der Rohstoffklasse II und der Klasse I stärker ausfällt und mindestens vier Cent beträgt. Zudem müssen die Rohstoffprämien wie bisher nach Größe der Anlage gestaffelt bleiben. Es ist eine wirksame Abstaffelung in beiden Rohstoffklassen bei 50 KW, 150 KW und bei 500 KW um zwei Cent erforderlich (bei Rohstoffklasse I. z.B.: < 50 KW: 6 Cent, 50 - 500: KW: 4 Cent, &lgt; 500 KW: 2 Cent). Bedingt durch ihre Skaleneffekte, würden sonst industrielle Anlagen großflächig die Rohstoffe aufkaufen. Das bedeutet: Mit der geplanten Abschaffung der Staffeln würde die Biogaserzeugung den Energiekonzernen übergeben.


Bonus für Netzeinspeisung begünstigt Großanlagen

Den Technologiebonus will der Gesetzentwurf fallen lassen. Stattdessen ist die Einführung einer Prämie von 2 Cent für Netzeinspeisung von Biogas vorgesehen. Entwicklungen von Technologien wie Microgassysteme müssen auch unterstützt werden. Die Netzeinspeisung begünstigt beim derzeitigen Stand der Technik industrielle Großanlagen.


Mindestwärmenutzung für alle Anlagen sicherstellen

Eine Befreiung von der verpflichtenden Wärmenutzung ist für die Anlagen geplant, in denen bezogen auf die Mengenbilanz mindestens 60 % Gülle eingesetzt wird. Damit würden jedoch auch Anlagen, die nur ca. 10 % der Energie aus Gülle beziehen, von der Verpflichtung zur Wärmenutzung befreit.

Sinnvoller wäre es, bei Anlagen ab 60 % aus Gülle gewonnener Energie eine Übergangszeit von z.B. drei Jahren zuzulassen. Das würde Anlagen fördern, die in einem Mix mit z.B. Mais bezogen auf die Menge über 90 % Gülle vergären.

Statt der geplanten Befreiung von der Wärmenutzung aufgrund lastgerechter Einspeisung könnte auch bei diesen Anlagen eine Übergangszeit von mehreren Jahren gewährt werden. Ein dauerhafter Verzicht auf Wärmenutzung im EEG führt zu politisch bedingten Fehlinvestitionen.


Nachhaltigkeitsverordnung wirksam gestalten. Nur den Maiseinsatz zu begrenzen reicht nicht

Bei der Biomassenutzung liegen positive und negative Auswirkungen sehr nahe beieinander. Es braucht daher Leitplanken, die die gewünschten Entwicklungen unterstützen und negative Auswirkungen unterbinden.

Es ist eine Nachhaltigkeitsverordnung für die Rohstoffe von Biogasanlagen, die nach dem EEG begünstigt werden, mit dieser EEG-Reform umzusetzen. Klimabilanz, Biodiversität, die Energieeffizienz sowie wirtschaftliche und soziale Kriterien sind zu beachten. Allein die Menge Mais in einer Biogasanlage zu begrenzen reicht nicht. Die für das neue EEG angekündigte Grenze von 50 % Mais und GPS massebezogen in neuen Biogasanlagen stellt zur gegenwärtigen Realität einen weiteren Rückschritt gegenüber der zunächst vorgeschlagenen Grenze von maximal 60 % Maisanteil energetisch dar.


Bioenergie jetzt auch zur nachfrage- und lastgerechten Stromerzeugung

Positiv zu werten ist, dass zukünftig ein Anreiz gesetzt werden soll, um Biogas als regelbaren Speicher einzusetzen. Biogas hat gegenüber einigen anderen erneuerbaren Energien den Vorteil, dass es speicherbar ist bzw. mit Speichern kombiniert werden kann. Biogas ist somit viel zu schade, um als Grundlastenergie verbrannt zu werden. Die Gesetzesnovelle sieht vor, neben der Marktprämie eine Kapazitätskomponente einzuführen, die für 10 Jahre gilt und jährlich 130 Euro je KW zusätzlich bereitgestellter Leistung beträgt. Ob das ausreichen wird, damit zusätzliche Investitionen für Gasspeicher, Motorenkapazität und Wärmespeicher rentabel werden, ist fraglich.

Die AbL schlägt vor, hier nachzusteuern und sicherzustellen, dass auch Altanlagen diese Möglichkeit wahrnehmen können.



Zusammenfassung

Der Gesetzentwurf zur Novellierung des EEG schafft erhebliche Fehlanreize. Die vorgeschlagene Gestaltung der Vergütungssätze und Bonuszahlungen fördert einseitig den Bau von Großanlagen mit intensivem Einsatz von Mais (und zunehmend Zuckerrüben). Unterlassen werden dagegen notwendige Änderungen, mit denen die vorhandenen energetischen Potenziale in der Fruchtfolge und insbesondere der landwirtschaftlichen Reststoffe wie Gülle und Mist dezentral und damit energie- und ressourceneffizient erschlossen werden. Die Technikentwicklung in diesem Bereich wird stillgelegt. Es ist erstaunlich, dass das Bundesumweltministerium diesen Entwurf vorlegt, denn das so geplante neue EEG wird die Biogaserzeugung den großen Energiekonzernen ausliefern. Es stellt sich die Frage, ob die Bundesregierung damit den Konzernen gezielt einen Preis für eine schnellere Abschaltung der Atomkraftwerke zahlen will.

Die AbL fordert:

- Einführung einer Staffel in der Grundvergütung bei 50 KW, um große Reststoffpotentiale dezentral erschließen zu können. Die Differenz in der Grundvergütung muss zwischen 50 KW und 500 KW Anlagen deutlich ausfallen. In der Grundvergütung schlägt die AbL folgende Staffelung vor:
< 50 KW: 16 Cent
50 - 150 KW: 15 Cent
150 - 500 KW: 13 Cent
500 - 5.000 KW: 9,5 Cent.

- Wirksame Abstaffelung auch der beiden Rohstoffklassen bei 50 KW, 150 KW und 500 KW um jeweils zwei Cent (bei Rohstoffklasse I. z.B.: < 50 KW: 6 Cent, 50 - 500: KW: 4 Cent, > 500 KW: 2 Cent).

- Differenz zwischen den Rohstoffklassen I und II in Höhe von mindestens 4 Cent. Nur so werden die Techniken der Reststoffverwertung und der Verwertung von stark lignozellulosehaltigen Pflanzen in Biogasanlagen fortentwickelt.

- Erlass einer Biomasse-Nachhaltigkeits-Verordnung für Biogasrohstoffe, die nach dem EEG begünstigt werden. Die für das neue EEG angekündigte Grenze von 50 % Mais und GPS massebezogen in neuen Biogasanlagen stellt keinen Fortschritt dar.

- Bioenergie zielgerichteter auf Leistungs- und Nachfrageorientierung ausrichten.


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Positionspapier Für eine nachhaltige, dezentrale und regionalverträgliche Biogaserzeugung in bäuerlichen Strukturen

Einleitung

Über Umfang, Ausgestaltung und Zukunft der Erzeugung von Biogas (Agrogas) gibt es eine heftige gesellschaftliche und auch inner-landwirtschaftliche Debatte. Sie bezieht sich vor allem auf den massiven Einsatz von Mais in den Anlagen und die Folgen des steigenden Maisanbaus auf Region, Landschaft, Boden und Grundwasser. Auf dem Prüfstand steht aber auch die Ausgestaltung der staatlichen Förderung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) - vor allem hinsichtlich der Steuerungswirkungen durch die jeweiligen Höhen der Einspeisevergütung, der Begünstigung unterschiedlicher Größen von Biogasanlagen und einer undifferenzierten Förderung Nachwachsender Rohstoffe (Nawaros), mit der Mais, Getreide-Ganzpflanzensilage oder Zuckerrüben begünstigt werden.

In Zusammenhang damit sehen sich in vielen Regionen Landwirte durch hohe Pachtpreis-Angebote von Biogas-Produzenten auf dem Pachtmarkt bedroht. Schließlich gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Konkurrenz bei der Nutzung von Flächen zwischen Energie- und Nahrungsmittelerzeugung und auch hinsichtlich möglicher Grünland-Umbrüche zum Anbau von Mais. Gentechnik-Lobbyisten versuchen, den Non-Food-Anbau von Mais für Biogasanlagen als Einfallstor für Gentechnik-Sorten zu nutzen.

In der Energiewende weg von nuklearen und fossilen Brennstoffen kann eine klimafreundliche Erzeugung von Biogas andererseits eine wichtige, wenn auch begrenzte Ergänzung von Energie-Einsparung und von solaren und anderen erneuerbaren Energiequellen sein: Die Biogas-Erzeugung kann zeitlich variabel gesteuert werden, Biogas kann mit seiner Speicherfähigkeit die saisonalen und wetterbedingten Schwankungen bei Wind und Sonne ausgleichen. Diese Fähigkeit, Biomasse als zusätzliche lastabhängige Regelenergie einzusetzen, wird bisher ungenügend genutzt.

Eine dezentrale Biogas-Erzeugung in bäuerlicher Hand kann die Ressourcen besonders effektiv nutzen und zudem die bislang marktbeherrschende Position monopolistischer Energie-Konzerne hier deutlich einschränken.

Biogas kann insbesondere Reststoffe im Rahmen betrieblicher Kreisläufe umweltfreundlich verwerten. Biogas-Erzeugung muss auf einer nachhaltigen Landbewirtschaftung und einer bäuerlichen Tierhaltung beruhen und die ländlichen Regionen stärken statt belasten.


Nachhaltigkeit und Bilanzierung

Voraussetzung für die Entwicklungsimpulse aus dem EEG für die Erzeugung von Biogas sind positive Klima-, Energie-, Öko- und Kohlenstoff-Bilanzen für die angewendeten Rohstoffe und Verfahren, die deren Wirkungen auch auf Humusgehalt, Bodenstruktur und Bodenleben umfassend darstellen.

Durch die Verbesserung der Techniken bei Anbau, Gas- und Stromerzeugung und der damit gekoppelten Wärmenutzung können und müssen diese Bilanzen kontinuierlich verbessert werden. Voraussetzung für erfolgreiche Bilanzen sind dezentrale, betrieblich der Fläche und dem Viehbestand angepasste Anlagen.

Vor allem der Einsatz von Reststoffen wie Mist und Gülle in Biogasanlagen mindert klimaschädliche Emissionen von Methan und Ammoniak sowie Geruchsbelästigungen. Impulse aus dem EEG für die Entwicklung und die Investition in kleinere Anlagen bis 50 kW, die Mist, Gülle und Reststoffe aus bäuerlicher Viehhaltung verwerten, sind deshalb dringend erforderlich. Nur mit diesen Anlagen kann zusätzliches Einkommen mobilisiert werden. Gentechnisch veränderte Pflanzen dürfen auch in Biogasanlagen nicht eingesetzt werden.


Dezentrale bäuerliche Strukturen

Eine dezentrale Strom- und Wärmeerzeugung ist besonders klima- und kosten- effektiv und zudem krisenfest. Sie sorgt dafür, dass die Wertschöpfung in den Regionen verbleibt und entlastet überregionale Stromnetze.

Nachhaltig und gesellschaftlich akzeptiert sind nur dezentrale Biogas-Anlagen von begrenzter Größe auf bäuerlichen Betrieben, die im Rahmen von Betriebskreisläufen und ohne energieaufwendige Ferntransporte der eingesetzten Substrate arbeiten. Zur Stützung dieser Strukturen sind gestaffelte Förderbedingungen unerlässlich, die eine deutlich höhere Grundförderung für kleinere Anlagen beinhalten.

Die AbL fordert insbesondere eine Staffel im EEG bei 50 KW, die die Verwertung von Mist, Gülle und Reststoffen aus bäuerlicher Tierhaltung sichert. Solche Anlagen sind besonders klima-effektiv, nutzen die Wärme im Betrieb und schaffen keinen Flächenbedarf auf dem Bodenmarkt.

Die Privilegierung für Landwirte beim Bau von Biogasanlagen bis 500 kW im Außenbereich ist zu erhalten, soweit die Flächen in Anlagennähe zur Verfügung stehen. Bei größeren Anlagen und bei Anlagen von Nichtlandwirten ist weiterhin eine Bauleitplanung erforderlich, hierbei ist die planungsrechtliche Position der Gemeinden zu stärken.


Kein agrarindustrielles Biogas

Agrarindustrielle Großanlagen von gewerblichen Investoren und monopolistischen Energiekonzernen erfüllen die obigen Struktur- und Nachhaltigkeits-Anforderungen nicht, sind deshalb baurechtlich nicht zu privilegieren und nicht zu fördern. Dies gilt auch für Anlagen, bei denen Landwirte als Strohmänner eingeschaltet werden.

Das rechtliche Splitting von Großanlagen in mehrere nur scheinbar kleinere Anlagen, das dem Unterlaufen des Anlagenbegriffs dient, darf bei Genehmigung und Förderung nicht anerkannt werden.

Der Einsatz von Gülle und Trockenkot aus agrarindustriellen Anlagen ist aus strukturpolitischen, seuchenrechtlichen und tierschutzrechtlichen Gründen nicht zu begünstigen. Insbesondere der Einsatz von Trockenkot aus Großmastanlagen beinhaltet wegen der darin enthaltenen toten Tiere die Gefahr der Entstehung und Verbreitung der Krankheit Botulismus. Die Nutzung von Abwärme aus Biogasanlagen zum Heizen von Tierfabriken mit Massentierhaltung darf weder direkt noch indirekt gefördert werden. Die Förderung der Einspeisung von gereinigtem Biogas in die Gasnetze ist derzeit vor allem ein Instrument zur Begünstigung der großen Energiekonzerne. Durch ein Gas-Einspeisegesetz sind Modalitäten und Vergütungen so zu gestalten, dass dezentrale bäuerliche Anlagen gefördert werden.


Umwelt- und regionalverträgliche Rohstoffe

Der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen für Biogasanlagen muss nachhaltig sein und deshalb auf mindestens dreigliedrigen Fruchtfolgen und ressourcen-schonenden Produktionsverfahren beruhen. Auch deshalb sind im Zuge der Reform der EU-Agrarpolitik die Direktzahlungen daran zu binden, dass eine Frucht in der betrieblichen Fruchtfolge maximal 50% der Nutzfläche und dass Leguminosen einen Mindestanteil von 20% einnehmen. Der natur- und klimaschädliche Umbruch von Grünland oder von Mooren darf mit dem Anbau nicht verbunden sein.

Biogasanlagen sollen nur genehmigt und gefördert werden, wenn der Anteil eines pflanzlichen Substrats begrenzt ist, beispielsweise auf 50% Mais. Die Entwicklung des Einsatzes anderer Kulturpflanzen muss durch einen differenzierten Bonus im Wettbewerb gestärkt werden.

Investitionsförderungen und Bonuszahlungen nach dem Energie-Einspeisungs-Gesetz (EEG) sind so auszugestalten, dass keine "Vermaisung" von Regionen eintritt und dass auf dem Pachtmarkt keine Verdrängung anderer Betriebe stattfindet. In bestimmten Regionen mit hoher Dichte von Biogasanlagen, Tieranlagen oder angespanntem Pachtmarkt sind raumordnerische Mittel sinnvoll.

Durch neue Techniken beim Gastransport zwischen Biogasanlage und Verstromungs-Aggregat ist es möglich, Biogasanlagen anwohnerfreundlich auch in deutlicher Entfernung vom Ort zu bauen und dennoch Verluste bei der Wärme-Versorgung der Orte zu vermeiden. Vorbehalte der Anwohner und kommunalen Gremien sind ernst zu nehmen und - auch im Interesse der Gesamt-Akzeptanz von Biogas - zu berücksichtigen.



Schlussfolgerungen:

Die Biogas-Erzeugung in dezentralen, bäuerlichen Einheiten mit Viehhaltung ist besonders klima-effektiv, regionalverträglich und gesellschaftlich akzeptabel.

Die Entwicklung und die Investition in kleinere Anlagen bis zu 50kW zur Verwertung von Mist, Gülle und Reststoffen sind besonders zu fördern und mit einer eigenen wirksamen Vergütungs-Staffel im EEG bei 50KW zu begünstigen.

Eine gestaffelte, degressive Förderung und das Baurecht für Biogasanlagen müssen dafür sorgen, dass die Biogas-Erzeugung dezentral und bäuerlich bleibt und nicht in agrarindustrielle Strukturen verschoben wird.

Die Förderung der Nutzung von Nachwachsenden Rohstoffen ist zu begrenzen, sie muss auf Nachhaltigkeit, Regional- und Umweltverträglichkeit zielen und darf nicht zu Verzerrungen auf dem Pachtmarkt führen.

Insbesondere Mais muss im Rahmen geregelter Fruchtfolgen, ohne Moor- oder Grünlandumbruch und ohne Gentechnik erzeugt werden und darf maximal 50 % der Rohstoffe jeder Biogasanlage ausmachen.

Eine agrarindustrielle Biogas-Erzeugung mit ihren ineffektiven, umwelt- und regionsunverträglichen Dimensionen und ihrer kurzfristigen Orientierung auf die Maximalverzinsung des Kapitals muss verhindert und unterbunden werden.

Eine bäuerliche Wirtschaftsweise, die im Sinne von Generationendenken und Selbständigkeit auf den Erhalt der Ressourcen und auf die Schaffung von betrieblichen Kreisläufen ausgerichtet ist, ist Voraussetzung für eine Nachhaltigkeit auch in diesem Bereich der Landwirtschaft.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 6. Juni 2011
mit Stellungnahme und Positionspapier
AbL - Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
Bahnhofstraße 31, 590067 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: info@abl-ev.de
Internet: www.abl-ev.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2011