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EUROPA/165: EU-Umweltausschuß will Immissionsschutz verschärfen (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 26. Februar 2009

DBV: keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Gülleausbringung

Umweltausschuss des Europäischen Parlaments will Immissionsschutz verschärfen


Nach den jüngsten Beschlüssen des Umweltausschusses im Europäischen Parlament drohen der Landwirtschaft nach Einschätzung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) eine neue Bürokratieflut sowie zusätzliche und schärfere Genehmigungsauflagen. Von der geplanten Überarbeitung der europäischen Regelungen zum Immissionsschutz sind vor allem Tier haltende Betriebe betroffen.

Auf Vorschlag der EU-Kommission sollen sechs Richtlinien zur Luftreinhaltung mit der Richtlinie zur Genehmigung von Industrieemissionen (IVU-Richtlinie) zusammengefasst werden. Derzeit fallen unter die IVU-Richtlinie landwirtschaftliche Betriebe ab 2.000 Stallplätzen für Mastweine oder 750 Plätzen für Sauen bzw. 40.000 Plätzen zur Geflügelhaltung. Diese müssen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz einholen.

Der Vorschlag aus dem Hause des Umweltkommissars Stavros Dimas sieht nun (außer für Masthähnchen) eine weitere Herabsetzung der Schwellenwerte bei Geflügel vor. Danach würde Ställe mit 30.000 Legehennen, 24.000 Enten oder 11.500 Puten zukünftig BImSch-genehmigungspflichtig. Der DBV lehnt diese Differenzierung ab. In Deutschland sind die Schwellenwerte für Tierhaltungsplätze erst 2007 durch das Gesetz zur Beschleunigung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren geändert worden. Eine erneute Änderung, dazu noch ohne wissenschaftliche Begründung, nähme den Landwirten die Planungssicherheit.

Ein weiteres Problem sieht der DBV in der geplanten Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie. Zukünftig soll auch die Ausbringung von Jauche und Gülle erfasst werden. Hierfür können von den Mitgliedstaaten einzuhaltende Emissionsgrenzwerte, zum Beispiel für Feinstaub oder Ammoniak, festgelegt und gegebenenfalls Auflagen erlassen werden. Dies ist aus Sicht des DBV systemwidrig, da sich die Richtlinie auf Anlagen und nicht auf wirtschaftliche Tätigkeiten bezieht. Außerdem ist die Gülleausbringung praktizierte natürliche Kreislaufwirtschaft und darf nicht wie eine Emission von Industrieanlagen behandelt werden.

Ein Schwerpunkt der Richtlinie liegt auf Regelungen zur "besten verfügbaren Technik" (BVT). Denn anders als Deutschland ist deren Einhaltung in vielen Mitgliedstaaten noch nicht Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung. Zukünftig sollen von der Kommission erstellte BVT-Merkblätter verbindlich sein. Daneben wurde der Richtlinienentwurf in vielen Punkten erheblich bürokratisch aufgebläht. So wird vom Betreiber verlangt, bei Baubeginn den Ausgangszustand im Hinblick auf Gewässer- und Bodenverunreinigungen zu dokumentieren und diesen nach Einstellung der Tätigkeiten wieder herzustellen. Auffällig ist, dass genau diese Verpflichtungen auch Inhalt der von der Kommission vorgeschlagenen Bodenschutzrahmenrichtlinie waren, die jedoch am Widerstand einiger Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, gescheitert ist.

Neu eingeführt werden regelmäßige Berichtspflichten der Betreiber, standardisierte Nachrüstpflichten bei Änderungen der BVT-Merkblätter sowie intensive Überwachungspflichten durch die zuständige Behörde. Hier sind Parallelen zu den Cross-Compliance Prüfungen zu erkennen. So sollen zufällige Vor-Ort-Kontrollen mindestens alle 18 Monate erfolgen, die bei Mängeln durch halbjährliche Inspektionen intensiviert werden müssen. Die Kontrollberichte sind von den Behörden im Internet zu veröffentlichen. Zudem hat der Betreiber mindestens alle zwei Jahre Berichte über die Einhaltung der Genehmigungsauflagen zu liefern.

Der DBV lehnt die Herabsetzung der Tierplatzzahlen, die Einbeziehung der Gülleausbringung und die neuen Berichts- und Kontrollpflichten als Gegenteil von Entbürokratisierung und Deregulierung ab. Die Harmonisierung von Vorschriften für Abfallverbrennungsanlagen und großindustrielle Metallverarbeiter darf nach Ansicht des DBV nicht zu völlig überzogenen Anforderungen für die landwirtschaftlichen Veredelungsbetriebe führen. Die zusätzlichen Verwaltungs- und Kontrollpflichten führen zu immensen Kosten für Landwirte, aber auch für nationale Behörden. Es steht zu bezweifeln, ob dies im Verhältnis zu dem damit angestrebten Mehrwert für den Umweltschutz steht. Der DBV hat sich bereits frühzeitig an die EU-Abgeordneten gewandt und um Ablehnung der überzogenen Vorstellungen geworben. In den kommenden Monaten werden die Bemühungen fortgesetzt, um Parlament und Ministerrat von einer sinnvollen Harmonisierung - aber ohne neue Auflagen und Bürokratie - zu überzeugen.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 26. Februar 2009
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2009