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EUROPA/231: Ökosystemleistungen in der Landwirtschaft - Neuer Kurs für die Gemeinsame Agrarpolitik (idw)


Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften - 03.05.2012

Ökosystemleistungen in der Landwirtschaft - Ein neuer Kurs für die Gemeinsame Agrarpolitik der EU?



In einem Beitrag, der am 4. Mai 2012 in der renommierten Fachzeitschrift Conservation Letters erscheint, plädiert ein Autorenteam der interdisziplinären Forschungsgruppe "Ökosystemleistungen" an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften dafür, die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union als Instrument zur Sicherung von Ökosystemleistungen weiterzuentwickeln.

Die Ökosysteme der Welt erbringen eine Vielzahl zentraler Beiträge zum menschlichen Wohlbefinden. Weltweit beschäftigen sich Initiativen mit der Frage: Wie können wir die Leistungen von Ökosystemen über Politikinstrumente sichern? Hierzu wurde vor wenigen Tagen die Gründung eines neuen UN-Wissenschaftlergremiums für Biodiversität und Ökosystemleistungen (IPBES) beschlossen, dessen Sekretariat in Bonn angesiedelt wird.

In ihrem Aufsatz "Mainstreaming ecosystem services through reformed European agricultural policies" beklagen die an der Berlin- Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, der Universität Freiburg und dem Ecologic Institut angesiedelten Autoren, dass die derzeitigen Reformvorschläge der EU-Kommission zur Neuausrichtung der Agrarpolitik die Erkenntnisse der Forschung über Ökosystemleistungen weitgehend unberücksichtigt lassen. Tobias Plieninger, Hauptautor und Leiter der Forschungsgruppe, betont: "Zwar ist die Bedeutung der Bereitstellung von Ökosystemleistungen durch die Landwirtschaft von der EU-Kommission mittlerweile anerkannt, doch sind vor allem die ökonomischen Anreize zur Sicherung dieser öffentlichen Güter bislang gering."

Einer der wichtigsten Reformvorschläge der Europäischen Kommission ist der so genannte "Ökologisierungszuschlag", der über den bisherigen "cross-compliance"-Ansatz der obligatorischen Einhaltung von Umweltstandards deutlich hinausgeht. Um eine langfristige Produktivität zu sichern sowie die Ökosysteme zu erhalten, will die Kommission 30 Prozent der Direktzahlungen für Landbewirtschaftungsmethoden bereitstellen, die dem Klima- und Umweltschutz förderlich sind. Dies ist nach Ansicht der Autoren zwar der richtige Ansatz, sollte sich aber zur effizienten Förderung der ökologischen Leistungen der Landwirtschaft an folgenden Leitsätzen orientieren:

• Zahlungen sollten auf nachweisbaren Beiträgen zur Verbesserung konkreter Ökosystemleistungen und damit des gesellschaftlichen Wohlergehens beruhen.
• Die GAP sollte die Sicherung breiter "Bündel" von Ökosystemleistungen fördern, um Zielkonflikte etwa zwischen Naturschutz und Klimaschutz zu minimieren.
• Förderziele sollten regional definiert werden und dadurch berücksichtigen, dass viele Ökosystemleistungen standortspezifisch sind.
• Die GAP sollte die Kooperation zwischen Landwirten stärker fördern, da viele Ökosystemleistungen auf der Ebene ganzer Landschaften erbracht werden.
• Zahlungsprogramme für Ökosystemleistungen sollten eine langfristige Finanzierungsperspektive eröffnen, um Ökosystemleistungen über einen längeren Zeitrahmen zu ermöglichen.

Für die Autoren besteht die zukünftige Herausforderung darin, einerseits die wirksame Bereitstellung eines breiten Spektrums von Ökosystemleistungen zu sichern und andererseits die Rolle der Landwirte als Landschaftspfleger zu stärken. "Wenn die zentralen Punkte der Ökosystemleistungs-Forschung in der laufenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, des größten Agrarfördersystems der Welt, berücksichtigt werden, könnte sie weltweit ein Modell für eine nachhaltige Agrarpolitik schaffen."

Plieninger T, Schleyer C, Schaich H, Ohnesorge B, Gerdes H, Hernández-Morcillo M, Bieling C (2012)
Mainstreaming ecosystem services through reformed European agricultural policies.
Conservation Letters, doi: 10.1111/j.1755-263X.2012.00240.x

Der Aufsatz kann angefordert werden bei:
Dr. Tobias Plieninger, Tel.: +49 (0)30/20370 -538, E-Mail: plieninger[at]bbaw.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.bbaw.de

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news475776
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution556

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Gisela Lerch,
03.05.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Mai 2012