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EUROPA/327: Neues Modell für EU-Agrarfinanzierung präsentiert (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-Koordination

EU-News - Mittwoch, 09. November 2016 / Landwirtschaft & Gentechnik

Neues Modell für EU-Agrarfinanzierung präsentiert


Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat am Montag gefordert, in Zukunft die Agrarförderung in der Europäischen Union drastisch zu ändern. Grund dafür sei die anhaltend schlechte Umweltbilanz der EU-Landwirtschaftspolitik.

In Berlin stellte der Umweltverband dazu eine Studie vor, die das Institut für Agrarökologie und Biodiversität (IFAB) Mannheim erarbeitet hat. Diese berechnet erstmals anhand eines konkreten Modells, wie die Agrarsubventionen in Zukunft so verteilt werden können, dass Landwirte und Umwelt gleichermaßen profitieren. Kern der Studie ist ein Modell, das ineffiziente "Gießkannenförderung", wie sie zurzeit praktiziert wird, durch Prämien für nachhaltiges Wirtschaften und Naturschutzleistungen ersetzt.

Angesichts der enormen Steuermittel, die jedes Jahr in den Agrarsektor flössen, und der negativen Folgen für Mensch und Natur, sei eine grundlegende Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik überfällig, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Wer Steuern zahlt, trägt demnach sogar eine doppelte Last, denn die Schäden an Boden, Wasser und Natur durch die umweltschädliche Agrarpolitik müssen teuer behoben werden. Insgesamt fließen derzeit 40 Prozent des EU-Haushalts - etwa 60 Milliarden Euro - in die Landwirtschaft, das sind 112 Euro pro EU-Bürger und Jahr. Die EU-Förderung besteht zum größten Teil aus pauschalen Flächenprämien ohne konkrete Gegenleistung - in Deutschland sind das pro Hektar rund 300 Euro.

Das von Agrarökologen und -ökonomen des IFAB entwickelte Modell würde Natur und Landwirten künftig gleichermaßen nutzen: Bei gleich bleibender Fördersumme könnten drei Viertel der deutschen Agrarfläche besonders naturverträglich bewirtschaftet werden. Gleichzeitig würden die Einkommen der teilnehmenden Betriebe steigen. Dafür sollte laut der Studie eine neue Prämie, die an konkrete Nachhaltigkeitskriterien geknüpft ist, die bisherigen Direktzahlungen ersetzen. Zusammen mit gezielten Zahlungen für bestimmte Umweltleistungen und -maßnahmen würde dies zu einem ökonomisch attraktiven Anreiz für die Landwirte führen, der weit über den Ausgleich von Einkommensverlusten hinausgeht.

"Es ist wichtig, dass weiterhin EU-Gelder bei Bauern und Waldbesitzern ankommen. Diese Gelder müssen aber denjenigen unter ihnen zu Gute kommen, die wirklich Mehrwert für die Gesellschaft erbringen, und zwar über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus", sagte Rainer Oppermann, Autor der Studie.

Betriebe, die nur die Mindeststandards der Umweltgesetze einhalten wollen, könnten dies künftig auch tun - erhalten dann aber kein Geld mehr aus Steuermitteln. Durch diese Umstellung kann der Studie zufolge die Agrarförderung gegenüber der bisherigen Praxis wesentlich umwelt- und naturfreundlicher und gegenüber Landwirten sowie Steuerzahlern fairer gestaltet werden. [mbu]


IFAB-Studie
https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/landwirtschaft/agrarreform/161104-studie-neueeuagrarpolitik-langfassung.pdf

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Quelle:
EU-News, 09.11.2016
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2016

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