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MELDUNG/317: "Wildschweinjagd ist kontraproduktiv" - BUND kritisiert Verlängerung der Jagdzeit (BUND NRW)


BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. - 10. Januar 2018

"Wildschweinjagd ist kontraproduktiv"

BUND kritisiert Verlängerung der Jagdzeit


Düsseldorf, 10.01.2018 | Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert die durch das Landwirtschaftsministerium angeordnete Reduzierung der Schonzeit für Wildschweine scharf. NRW-Landwirtschaftsministerin Schulze Föcking hatte gestern per Erlass verfügt, dass die Schonzeit für Wildschweine mit sofortiger Wirkung bis zum 31. März aufgehoben wird. Ausgenommen sind nur Muttertiere und Frischlinge unter 25 Kilogramm. Als Begründung führte sie das Auftreten der Afrikanischen Schweinepest in Polen an.

"Kein Wildschwein läuft von Polen nach NRW, sondern die bekannten Ausbreitungswege der Afrikanischen Schweinepest sind Jagdtouristen und Fleischkonsumenten, die kontaminierte Nahrungsreste in der Landschaft hinterlassen", sagte Holger Sticht, Landesvorsitzender des BUND. Deswegen sei das Landwirtschaftsministerium gefordert, Verbraucherinnen und Verbraucher aufzuklären und die Jagdausübung stärker zu kontrollieren.

"Anstatt die Problemursachen anzugehen verfällt die Landwirtschaftsministerin in Aktionismus, der die Gefahr der Ausbreitung noch erhöht", sagte Sticht.

Nach Angaben des Ministeriums steigt die Zahl der Wildschweinabschüsse durch Jäger in NRW seit Jahren kontinuierlich an. Im letzten Jagdjahr waren es 39.000 Tiere, 4.500 mehr als im Jahr zuvor. Dass die Zahl der Konflikte trotz bereits intensiver Verfolgung steigt, ist aus BUND-Sicht ein deutliches Indiz dafür, dass die Jagd nicht hilft, sondern im Gegenteil schadet.

"Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass eine intensive Jagd beim Wildschwein zu stärkeren Vermehrungsraten führt", so Sticht.

Er verweist auf die nach der leitenden Wissenschaftlerin benannten "Servanty-Studie" von 2009. Sie untersuchte in Frankreich über 22 Jahre hinweg zwei Wildschweinpopulationen: eine, die kaum bejagt wurde, und eine weitere, die häufig bejagt wurde. Sie wies nach, dass die Vermehrungsrate in dem stark bejagten Bestand signifikant höher ausfiel als in dem weitgehend sich selbst überlassenen Bestand.

Das Wildschwein (Sus scrofa) ist eine ursprünglich flächig in NRW verbreitete Säugetierart, die nach ihrer Ausrottung in vielen Teilen des Landes zur Mitte des 20. Jahrhunderts nun selbstständig zurückkehrt. Für den Erhalt der biologischen Vielfalt ist dies wesentlich, da zahlreiche Tiere, Pflanzen und Pilze von den natürlichen dynamischen Einflüssen dieser Tierart profitieren. Gleichwohl führt diese Rückkehr immer wieder zu unterschiedlichen Konflikten, weil der Mensch nahezu alle Lebensräume besetzt hat. Tatsächlich gibt es für alle Konflikte längst erfolgserprobte Lösungen: landwirtschaftliche Kulturen werden mit mobilen Elektrozäunen effektiv gesichert, Friedhöfe und Siedlungsbereiche können durch eine Anpassung der Zaunanlagen geschützt werden.

Ein vermehrtes Eindringen von Wildschweinen in Siedlungsbereiche in den letzten Jahren ist Folge der flächendeckenden Jagd. Denn die schlauen Tiere suchen gezielt befriedete (von der Jagd ausgenommene) Bereiche auf, um sich vor der Verfolgung zu schützen.

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Quelle:
Presseinformation, 10.01.2018
Herausgeber: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen
Merowingerstr. 88, 40225 Düsseldorf
Tel.: 0211/30 20 05-22, Fax: 0211/30 20 05-26
Redaktion: Dirk Jansen, Pressesprecher
E-Mail: dirk.jansen@bund.net
Internet: www.bund-nrw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Januar 2018

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