Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → LANDWIRTSCHAFT

RECHT/062: Gülle in die Winterlandschaft? (NABU SH)


NABU Landesverband Schleswig-Holstein - 1. Februar 2011

Gülle in die Winterlandschaft?

NABU fordert Einhaltung der Düngeverordnung


Neumünster, 1. Februar 2011: Es stinkt zum Himmel. Immer mehr Bürger melden sich - teils anonym - beim NABU und haben nur eine Frage: Ist es erlaubt, dass Landwirte trotz gefrorenen Bodens und auch in der Nähe von Gewässern Gülle großflächig ausbringen? Der Sachverhalt ist einfach geklärt, die Frage eindeutig zu beantworten. Nein - Gülle und gefrorener Boden passen auch rechtlich nicht zusammen.

Der seit Wochen andauernde Frost bringt tierhaltende Landwirte mehr und mehr in Bedrängnis: Die bei der Haltung von Kühen und Schweinen anfallende Gülle darf nach der Düngeverordnung des Bundes zum Schutz der Gewässer bei gefrorenem Boden grundsätzlich nicht ausgebracht werden, um ein Ausschwämmen der wassergefährdenden Inhaltsstoffe zu vermeiden. Doch die Güllebehälter der Landwirte sind nach dem frühen Winterbeginn jetzt vielfach randvoll. Zwar drehen die Temperaturen derzeit tagsüber leicht ins Positive. Doch sind die Böden noch längst nicht aufgetaut, da in der Nacht weiterhin Bodenfrost zu erwarten ist. Zudem wurden bereits in den letzten Tagen mit starken Frösten größere Mengen an Gülle ausgebracht.

Im letzten Jahr hat das MLUR die Wasserbehörden der Kreise zunächst aufgefordert die Aufbringung von Gülle im Notfalle zuzulassen, statt zusammen mit der Landwirtschaft ein effizientes Kriesenmanagment zu entwickeln. Offensichtlich ist man in Kiel aber trotz der negativen Erfahrungen aus dem letzten Kältewinter und einem regen Interesse der Öffentlichkeit nicht klüger geworden. Ein Krisenmanagement findet nach den aktuellen Erfahrungen der Anwohner mit der Praxis nicht statt. Hilfen sind nicht erkennbar.

Die Düngeverordnung des Bundes verbietet in § 3 Abs. 5 das Aufbringen von Gülle und anderen stickstoff- und phosphathaltigen Düngemitteln, wenn der Boden "überschwemmt, wassergesättigt, gefroren oder durchgängig höher als 5 cm mit Schnee bedeckt ist". Ausnahmen sieht die Düngeverordnung aus gutem Grund nicht vor. Damit soll ein Abschwemmen der Inhaltsstoffe und die Verseuchung angrenzender Gewässer, wie sie Anfang März 2010 etwa im Riesewohld / Kr. Dithmarschen massiv auftraten, vermieden werden. Aktuell geraten einige Landwirte, die nicht über ausreichende Lagerkapazitäten verfügen, in Folge der frühen Frost- und Schneelage zunehmend in Schwierigkeiten. Die Güllebehälter sind erneut voll und drohen überzulaufen. In verschiedenen Landesteilen, so u.a. auf Eiderstedt, an der Schlei und bei Rendsburg bringen Landwirte nach Meldungen an den NABU aktuell regelwidrig ihre Gülle auf die gefrorenen Böden auf.

Der NABU macht demgegenüber auf die bestehende Gesetzeslage aufmerksam und appelliert an das Landwirtschaftsministerium, die sonst gepflegte gute Zusammenarbeit mit den Verbänden der Landwirtschaft, der Landwirtschaftskammer und den Landwirten zu nutzen, selbst aktiv zu werden und endlich nach gesetzeskonformen Alternativen zu suchen. Offensichtlich wurde es seitens des MLUR trotz der Erfahrungen aus dem vergangenen Winter versäumt, rechtzeitig Regelungen und Handreichungen zu erarbeiten, um eine derartige Situation rechtskonform abfangen zu können.

Mögliche Maßnahmen wären dabei:

Landwirte helfen Landwirten. Landwirte mit Reserverkapazitäten stellen ihre Güllebehälter Kollegen mit gefüllten Behältern zur Verfügung.
Biogasanlagen können mögliche Überkapazitäten aufnehmen. Damit kämen sie dem ursprünglichen Zweck, bevorzugt Reststoffe für die Gewinnung von Energie zu verwerten, näher.
Viele Klärwerke haben Reservebecken für Abwässer. Dort können die Übermengen zur Not zwischengelagert werden, bis sich die Lage entspannt hat und ein Ausbringen möglich wird.

Lösungen müssen rechtzeitig mit den zuständigen Behörden abgestimmt werden. Aktuell handelt es sich nur um kleine Güllemengen, die in der jetzigen Situation neu entstehen und Schwierigkeiten bei der Beseitigung bereiten. Die bereits gefüllten Güllebehälter können gefüllt bleiben.

Wenn ein Landwirt unzulässig und ungerechtfertigt Gülle auf Schnee ausbringt, macht er sich u. U. nicht nur strafbar. Er riskiert auch eine Kürzung seiner EU-Subventionen. Der NABU rät daher, Verstöße gegen die Düngeverordnung auch unter Angabe der betroffenen Fläche, dem Ausbringungszeitpunkt und möglichst fotografisch belegt dem zuständigen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume in Flintbek zu melden.

Umweltministerium und Landwirtschaft sind nach Auffassung des NABU jetzt gefragt. Der NABU fordert erneut, Landwirte bei der Lösungssuche zu unterstützen und ein effizientes Kriesenmanagement unter Einbindung der nachgeordneten Behörden aufzubauen. Rechtstricks, bei denen der Schutz der Gewässer auf der Strecke bleibt, sind dagegen keine Lösung.


*


Quelle:
Presseinformation, 1. Februar 2011
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Schleswig-Holstein
Färberstr. 51, 24534 Neumünster
Tel.: 04321/53734, Fax: 04321/59 81
E-mail: info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2011