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VIELFALT/114: SAVE eNews 1/2011 - Sicherung der Artenvielfalt (SAVE)


SAVE eNews 1/2011 - Freitag, 18. März 2011

Ein vierteljährlicher Informationsdienst der europäischen SAVE Foundation (Safeguard for Agricultural Varieties in Europe)

Inhaltsübersicht:
- Machbarkeitsstudie "Altes Wissen erhalten" abgeschlossen
- Eurolactis: Wiederbelebung der Nutzung von Eselmilch
- 5. Europ. Seminar zur Agrobiodiversität & Jahrestagung SAVE Netzwerk
- COP 10 Übereinkommen über die biologische Vielfalt: Das Nagoya-Protokoll
- Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2020
- Seminar über semi-subsistente Landwirtschaft in der EU
- Buchbesprechungen (2)
- Kurznachrichten (6)
- Auszug der wichtigsten Veranstaltungen 2011



Machbarkeitsstudie abgeschlossen: Landwirtschaftliche Artenvielfalt im Alpenraum - Altes Wissen erhalten und nutzen

Die durch das SAVE-Monitoring Institute jetzt abgeschlossene Machbarkeitsstudie "Landwirtschaftliche Artenvielfalt im Alpenraum - Altes Wissen erhalten und nutzen" zeigt auf, dass bestehende öffentlich zugängliche Systeme zur Erfassung von landwirtschaftlichen Praktiken weitgehend rudimentär sind. Ansätze zur Sammlung von Erfahrungswissen, Traditionen und Gebräuchen sind - wenn überhaupt - nur für eingeschränkte Bereiche bzw. lokal oder regional vorhanden. Das Interesse, eine Sammlung von Informationen und Wissen über die Nutztierrassen und Kulturpflanzen im Alpenraum zu erstellen, ist jedoch gross: Im Naturschutz wird mehr und mehr die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft gesucht. In der Landwirtschaft werden Nischenprodukte mit regionaler oder lokaler Identität zunehmend interessant. Junge engagierte Bauern der Alpen mussten schon mehrfach feststellen, dass es nicht einfach ist, mit alten Sorten zu arbeiten. Das Wissen um den Anbau von z.B. Wintergetreide in den Bergen war schon nahezu verloren gegangen.

Interessierten Laien, aber auch den Bauern ist oft nicht bewusst, dass die Robustheit alter Rassen und Sorten an Aufmerksamkeit und angepasste Bewirtschaftung geknüpft ist. Ziel einer Informationsplattform für traditionelles Wissen ist es, dieses wieder zur Anwendung zu bringen. Es ist für den Praktiker eben doch sinnvoll zu wissen, dass manche Apfelsorten bereits durch die Römer in den Alpenraum kamen und schon sehr frühzeitig gepfropft wurde, dass die Frostberegnung beim Obst zum Schutz vor Ernteausfällen auch mit ganz einfachen Mitteln vorgenommen werden kann, wann Berggetreide ausgebracht werden sollte, etc.

Die Machbarkeitsstudie zur Nutzung von altem Wissen im Alpenraum macht zudem deutlich, dass das Engagement Vieler notwendig ist, um ein lebendiges, an die Bedürfnisse der Nutzer angepasstes System aufzubauen. Grundlage für ein Hauptprojekt wird daher ein wiki-basiertes Content Management System sein, in das ein autorisierter Personenkreis Eingaben und Änderungen vornehmen kann. Neben Texteingaben ist die Einbindung von Bildern, Grafiken, Videos etc. möglich. Testläufe haben gezeigt, dass insbesondere die Recherche, die in Jahrbüchern, Kalendern etc. stattfinden muss, viel Kapazität erfordert. Direkte Interviews werden voraussichtlich nur eingeschränkt Anwendung finden, denn die Generation, die noch traditionell wirtschaftete, stirbt zusehends aus.

Ein weiterer wichtiger Pfeiler eines erfolgreichen Hauptprojektes wird das Engagement und Interesse von Experten sein, die bereit sind, Ihre Erfahrungen einfliessen zu lassen. Interessierte können den Bericht unter http://www.save-foundation.net/pdf/Bericht_AlpWissen2011.pdf herunterladen. Derzeit werden Finanzmittel für ein Hauptprojekt mit dem Titel "Fundus Agri-Cultura Alpina" gesucht. Für Anregungen und Kommentare, weitere Fragen und Erläuterungen steht das SAVE Team gerne zur Verfügung.


Eurolactis: Wiederbelebung der Nutzung von Eselmilch

Eselmilch ist ein uraltes Produkt, dessen wertvollste Eigenschaft es ist, dass es von allen anderen Milcharten der menschlichen Muttermilch im Hinblick auf die Protein-Zusammensetzung und Lipidfraktion am ähnlichsten ist. Die EUROLACTIS GROUP ist eine vertikal integrierte Produktionskette, die produziert, die Milch in gefriergetrocknete Pulver transformiert und Eselmilch in großem Umfang seit 2007 vermarktet. Das Unternehmen hat ein soziales, ökologisches und nachhaltiges Programm entwickelt, das sich ausschließlich der Verwendung von Eselmilch in der Pädiatrie, Food & Beverage (Onalat) und Premiumkosmetik (Câlinesse) verschrieben hat. Absatzkanäle sind hauptsächlich Pharmazie, Gesundheit und Wellness.

Mit fast 1.000 Tieren repräsentiert die Gesellschaft die grösste Eselmilchproduktion in Europa und ist einer der erfahrensten und bedeutendsten Hersteller weltweit mit einer Produktion von fast 52.000 L - ein Esel produziert etwa 1.5 L pro Tag während 7 Monaten. Die Esel grasen frei in grünen Hügeln und werden ausschließlich mit Bio-Produkten aus Luzerne, Gerste und Hafer gefüttert.

Das Melken erfolgt mit einem speziell entwickelten System und gewährleistet eine sehr hohe Hygiene. Die Tiere werden strengen, vorgeschriebenen Gesundheits-Checks unterzogen, in denen festgestellt wird, ob sie geeignet sind, Milch zu produzieren. Das Milchpulver ist das Ergebnis jahrelanger Forschung und Entwicklung. Die geplanten Qualitäts-Produktionskriterien von Eurolactis respektieren die Verordnung Nr. 1441/2007 der Europäischen Kommission und standardisieren mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel- und Kindernahrung. Die geschlossene Produktionskette verhindert ausserdem eine Kontamination mit anderen Milcharten während der Verarbeitung, was den Eintrag von Allergenen verhindert. Allergien gegen Ziegen- und Kuhmilch-Proteine sind in etwa 5% der westlichen Bevölkerung vertreten.

Nach der industriellen Revolution wurden Esel auf Bauernhöfen durch Maschinen ersetzt und daher sind deren Bestände stark gesunken. Eselmilch ist Teil der Geschichte des Mittelmeerraums. Alle kennen die legendären Geschichten, wie die Frauen der ägyptischen, griechischen und römischen Antike die unschätzbaren Eigenschaften dieser Milch als Lebenselixier und für die Schönheit nutzten. Eselmilch assoziiert Süße, Zartheit und Leichtigkeit, die sich auch in den Produkten widerspiegelt. Das Eurolactis Team hat sich hauptsächlich auf die Ernährung von Säuglingen mit Kuhmilchallergien konzentriert. Es hat den Wert und die positiven Auswirkungen von Eselmilch in vielen Aspekten untersucht. Es sind verschiedene bearbeitete Milchprodukte auf dem Markt erhältlich, deren Wirksamkeit eindeutig nachgewiesen wurde. Diese Milchprodukte sind in der Regel aus Rindermilch oder pflanzlichen Komponenten hergestellt und wurden technologisch und chemisch modifiziert, so dass sie ihren biologischen Wert oft verloren haben. In den letzten zehn Jahren wurde der Verwendung von Eselmilch für die Babynahrung zunehmende Aufmerksamkeit geschenkt. Tatsächlich sind die intrinsischen physikalischen und chemischen Werte von Eselmilch sehr wertvoll: wie bereits erwähnt, ist sie der menschlichen Muttermilch sehr ähnlich, ist sie reich an Omega 3 Fettsäuren und Lysozim und enthält viele Vitamine und Mineralstoffe.

Das Unternehmen arbeitet intensiv mit Züchtern, Wissenschaftlern und anderen Fachleuten in der Schweiz, Frankreich und Italien zusammen. Eurolactis' Mission ist die Förderung innovativer landwirtschaftlicher Betriebe, die respektvoll mit den Tieren arbeiten. Zur Erhaltung des außergewöhnlichen Charakters der Eselmilch ist ein intaktes Umfeld mit respektvollem Umgang mit den Tieren sehr wichtig. Ferner wird streng auf Nachhaltigkeit der Entwicklung und der Milchproduktion geachtet. Eurolactis will die landwirtschaftliche und gewerbliche Entwicklung der Eselmilch im größeren Maßstab unter Wahrung der Natur fördern und hat daher zusammen mit Experten ein Programm von europäischer Dimension entwickelt.


5. Europäisches Seminar zur Agrobiodiversität:

"Konservieren oder adaptieren? - Erhaltung angesichts einer veränderten Umwelt"

Die SAVE Jahrestagung 2011 mit dem Seminar zur Agrobiodiversität wird am 23-25 September 2011 anlässlich der "Regional Fair of Balkan Agro-Biodiversity" (Ausstellung alter regionaler Rassen) in Dimitrovgrad, Serbien (an der Grenze zu Bulgarien) stattfinden.

Im Rahmen dieser Veranstaltung wird eine Studientour zum Thema Nutztierrassen und ländliche Entwicklung im Naturpark Stara Planina durchgeführt, die o.a. Messe und verschiedene andere sehenswerte Stätten der Umgebung besucht. SAVE Foundation und das SAVE Netzwerk werden im Rahmen der Veranstaltung ihre jährlichen Sitzungen abhalten. Der SAVE Regionalpartner der Donau-Region DAGENE wird ebenfalls sein Jahrestreffen in diesem Rahmen durchführen.


Vorläufige Agenda:

Donnerstag, 22. September:

- Ankunft und Registrierung
- Offene Projektdiskussion


Freitag, 23. September:

5. Europäisches Seminar zur AgroBiodiversität "Konservieren oder adaptieren?"

- Besuch der Messe zur Agrobiodiversität
- Abendessen mit lokalen Produkten
- Bestimmung der "Arca-Deli" Auszeichnungen

Samstag, 24. September

- Besuch des Stara-Planina Naturparkes
- Abend (parallele Sitzungen SAVE und DAGENE):
- Kombinierte Sitzung Projekt Kommission & Rat der Kooperationspartner
- DAGENE Board Meeting (et altera)

Sonntag, 25. September

- Besuch des Schaubauernhofes Dimitrovgrad
- (parallel) SAVE Stiftungsratssitzung
- Abschied

Das Seminar wird durch SAVE Foundation und folgende serbischen Partner organisiert:
Serbischer Verein von Züchtern alter Rassen, Natura Balkanika Nature Society, Stadtverwaltung Dimitrovgrad, STADO ltd Zuchtorganisation.


COP 10 Übereinkommen über die biologische Vielfalt: Das Nagoya-Protokoll

Die zehnte Tagung der Konferenz der Vertragsparteien (COP 10) fand in Nagoya, Präfektur Aichi, Japan, vom 18.-29. Oktober 2010 statt. Die Parteien verabschiedeten das Nagoya-Protokoll über den Zugang zu genetischen Ressourcen und den gerechten Vorteilsausgleich aus deren Nutzung. Diese historische Vereinbarung schafft einen Rahmen, der den Zugang zu genetischen Ressourcen auf der Grundlage der Einwilligung nach erfolgter Aufklärung mit dem fairen und gerechten Vorteilsausgleich unter Berücksichtigung des traditionellen Wissens in Balance bringt. Das Protokoll sieht auch einen globalen multilateralen Mechanismus vor, der grenzüberschreitend wirksam wird oder bei Konflikten, wenn ein vorheriger Konsens nicht erreicht werden kann.

Das Nagoya-Protokoll soll mit Unterstützung der Global Environment Facility von 1 Mio US$ bis 2012 in Kraft treten. Das Protokoll ist ab 2011 zur Signatur offen. Dieses Werk ergab sich aus einer langen und komplexen Serie von Verhandlungen und bietet einen Rahmen für die weitere Entwicklung. Es lässt Raum für spezielle ABS-Instrumente in spezifischen Sektoren und erkennt auch den bereits bestehenden Pflanzenvertrag an.

Das Protokoll bekräftigt die souveränen Rechte der Staaten über ihre natürlichen Ressourcen und anerkennt, dass das öffentliche Bewusstsein für den ökonomischen Wert von Ökosystemen und der Biodiversität ein wichtiger Anreiz zur Erhaltung ist. Es erkennt auch die Notwendigkeit des Vorteilsausgleiches mit den Hütern der biologischen Vielfalt an, um die Erhaltung und nachhaltige Nutzung zu fördern sowie die Millenniums-Entwicklungsziele zu erfüllen. Das Protokoll erkennt ferner die Bedeutung der Schaffung einer klaren rechtlichen Struktur hinsichtlich Zugang und Vorteilsausgleich an. Dies wird hilfreich sein für die Aushandlung von Nutzungsbedingungen. Die Notwendigkeit für eine innovative Lösung, die Nutzung grenzüberschreitend vorkommender genetischer Ressourcen zu regeln, wird anerkannt.

Relevant für die Arbeit von SAVE Foundation und des SAVE Netzwerkes ist die Anerkennung "der besonderen Natur der landwirtschaftlichen Artenvielfalt, seine Merkmale und Probleme, die spezifische Lösungen erfordern". Der Bedeutung indigener, lokaler Gemeinschaften und traditionellem Wissen in der Erhaltungsarbeit wird ausserdem Rechnung gezollt. Die Wechselbeziehung zwischen genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen, Kultur, Öko-Systemen und Lebensunterhalt wird klar anerkannt. Das Protokoll legt nahe, dass "Gemeinschafts-Protokolle" durch die Vertragsparteien des Übereinkommens unterstützt werden sollten. Gemeinschaftsprotokolle sind das Ergebnis eines Prozesses, in dem eine Gemeinschaft seine Rolle im Management der biologischen Vielfalt reflektiert, nicht nur über seine Nutztierrassen, sondern auch seinen Beitrag zum generellen Öko-System-Management. Dass diese Punkte von der internationalen Gemeinschaft anerkannt werden, ist eine große Hilfe bei der in-situ/on-farm Erhaltung der Agrobiodiversität in der Zukunft.


Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2020

SAVE Foundation nahm an der Konsultation der Europäischen Kommission über die Auswirkungen der GAP-Reformen "in Richtung 2020" teil. In dieser Konsultation wurden drei politische Szenarien vorgestellt: Das Anpassungsszenario schlägt allmähliche Änderungen der GAP vor, das Integrationsszenario schlägt einen gründlich überarbeiteten Rahmen und das Neuausrichtungsszenario, eine Unterstützung für ein nachhaltiges Wachstum vor. Diese Szenarien wurden vorbehältlich einer "keine Politik" und einer "Status quo"-Option vorgestellt. Die Antworten von SAVE auf diese Konsultation basieren auf folgenden Argumenten:

Die drei Szenarien sind im Einklang mit den Zielen der Reform. Allerdings scheinen sie mehr auf grosse und mittlere anstatt den in weiten Teilen der EU12 vorkommenden kleineren Betriebe ausgerichtet zu sein. Letztere sind ausserordentlich wichtig, da sie überwiegend extensive, traditionelle Landwirtschaft (sog. "high nature value" Landwirtschaft mit hohem Naturschutzwert) mit autochthonen Rassen und Sorten betreiben. Diese Betriebe tragen viel zur Erhaltung der Artenvielfalt, Schutz von Lebensräumen, deren Wiederherstellung und Landschaftsschutz bei. Die Attraktivität einer derartigen Landwirtschaft zu erhalten und zu steigern, könnte die Landflucht und damit die Verödung der Landschaft verhindern helfen. Verstärkte Unterstützung von Aktivitäten zur Förderung des ländlichen Raums wird daher für alle von Nutzen sein. Die kleinen Betriebe brauchen daher mehr Unterstützung. Diese sind oft zu klein, um Direktzahlungen der ersten Säule zu erhalten, obwohl sie einen grossen Anteil an Arbeitsplätzen und Produkten in ländlichen Gebieten bereitstellen. Ohne Unterstützung dieser Betriebe wird die Landaufgabe besonders der kleinen Parzellen zunehmen. Es ist essentiell, diese "Mikro-Farmen" und ihre Aktivitäten politisch zu schützen. Der Zusammenschluss von Kleinbauern zu Kooperativen für eine bessere Auslastung der Produktionsanlagen und Materialien belebt die ländliche Wirtschaft.

Dies könnte z.B. durch Zuschüsse zur Vorfinanzierung innovativer Ideen erfolgen. Die Einkommen in allen Bereichen sollten gesichert sein, damit die Menschen das Land weiter bewirtschaften. Allerdings sollte die Stützung des Einkommens nicht auf Kosten von Innovationen erfolgen, denn diese sichern die langfristige Stabilität der ländlichen Gebiete. Die autochthonen Nutztiere und Kulturpflanzen, vor allem in den traditionellen landwirtschaftlichen Ökosystemen Europas, sind ideal für extensive Landwirtschaft mit hohem Naturschutzwert. Die Unterstützung für die Nutzung dieser Tiere und Pflanzen sollte in die umweltbezogenen Zahlungen der ersten und zweiten Säule der GAP integriert werden. Solche Subventionen würden zur Erfüllung der Verpflichtungen der EU bei ihren internationalen Vereinbarungen über die Erhaltung der genetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft beitragen.

Das Szenario "keine Politik" würde eine Rückkehr zu nationalen Massnahmen bedeuten und die wirtschaftlichen und entwicklungspolitischen Probleme des ländlichen Raums ignorieren. Nur Staaten mit ausreichenden Finanzmitteln könnten dann in die ländliche Infrastruktur investieren. Das würde bedeuten, dass die Bauern verstärkt zu Wettbewerb gezwungen sind, der wiederum zu Umweltzerstörung, Minderung der Qualität von Produkten, Lebensqualität, Gesundheit und ausreichendem Einkommen führen würde. Die GAP hat sich in den meisten ländlichen Gebieten Europas von einem solchen Szenario entfernt. Es wäre unverantwortlich, sich wieder rückwärts zu bewegen. Internationale Vereinbarungen und Ziele (z.B. 2020, Nagoya, Kyoto usw.) können nicht mit einem "keine-Politik"-Szenario erfüllt werden.

Auch andere EU-Politiken im Bereich des Naturschutzes, Landschafts- und Klimaschutzes könnten nicht realisiert werden. Unter allen Umständen sollte ein zu hoher administrativer Aufwand verhindert werden. Bauern sind keine Administratoren! Aufgrund der niedrigen Alphabetisierungsrate besonders bei kleinbäuerlichen Betrieben ist die Verwaltung ein massives Problem. Es besteht ein großer Bedarf an unabhängigen Experten und Beratern, die Unterstützung und Hinweise für die Administration geben können. Die Realität zeigt, dass in vielen Ländern kleineren Landwirten wegen der hohen bürokratischen Hürden keine Subventionen ausgezahlt werden können.

Als Erfolgsindikatoren könnten die Rate der Landflucht, der Landaufgabe, höhere ländliche Einkommen, Stärke der lokalen Märkte etc. fungieren. Ferner kann der Erfolg der Massnahmen anhand des Status und den Indikatoren für die biologische Vielfalt (incl. der Agro-Biodiversität) aufgezeigt werden. Das Engagement der nationalen Regierungen, ihre Rolle innerhalb dieser Szenarien ernst zu nehmen ist essentiell. Das mangelnde Interesse der jüngeren Generation führt zu einer Überalterung der ländlichen Bevölkerung. Eine Revitalisierung der ländlichen Gebiete aber macht das Landleben wieder attraktiv. Der Verbraucherwunsch nach billigen Import- anstatt regionalen Qualitätsprodukten ist ein echtes Problem. Die Konsumenten müssen über die Zusammenhänge zwischen wirtschaftlicher Entwicklung im ländlichen Raum und z.B. Biodiversität stärker sensibilisiert werden. Biodiversität und AgroBiodiversität kann nur durch eine nachhaltige Nutzung und Belebung ländlicher Gebiete geschützt und gefördert werden. Seminar über semi-subsistente Landwirtschaft in der EU Die Debatte um sich selbstversorgende Kleinbauern in der EU hat bei den letzten beiden Erweiterungsrunden der Jahre 2004 und 2007 eine besondere Bedeutung bekommen. Die Zahl der subsistent und semi-subsistent wirtschaftenden Kleinbauern hat sich verdreifacht und ist auf 11 Millionen in der EU-27 gestiegen. Als Beleg für das steigende Interesse in diesem Bereich nahmen rund 140 Personen auf einem Seminar mit dem Titel "Semi-Subsistenzbetriebe in der EU: Aktuelle Situation und Zukunftsperspektiven", in Sibiu, Rumänien, vom 13-15 Oktober 2010 teil.

Das Hauptziel des Seminars war es, die aktuelle Situation und die Politik zu den Semi-subsistenzbetrieben in der EU zu bewerten. "Diese Landwirte stehen vor besonderen Herausforderungen, da ein erheblicher Teil ihrer Produktion für den Eigenverbrauch erwirtschaftet wird. Daher sind sie oft nicht in die Landwirtschafts- und/oder Produktmärkte integriert", sagte Sophia Davi-Dova, Sprecherin der europäischen Agrarpolitik, Universität Kent, die die wichtigsten Hintergrundpapiere für die Veranstaltung verfasste. Das Seminar konzentrierte sich auf die laufende Debatte über die Rolle der kleinen und Semisubsistenzbetriebe als Produzenten von Nahrungsmitteln für arme Haushalte, Anbieter von Umweltdienstleistungen, Beteiligte an der Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft und Hüter der kulturellen Traditionen in den ländlichen Gebieten.

In einer Rede lobte Dacian Ciolos, Europäischer Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, den Wert dieser Betriebe und betonte, dass die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2013 die Vielfalt und die Leistungen der europäischen Landwirtschaft unterstützen wird. Hinsichtlich der zweiten Säule der GAP bemerkte er, dass in Programmen zur ländlichen Entwicklung mehr Wert auf den Transfer von Know-how, Schulungen und die Mobilisierung von lokalen Initiativen gelegt werden sollte. Ciolos sagte auch, dass Maßnahmenpakete, die auf die spezifischen Bedürfnisse von Kleinbauern oder von Landwirten in Berggebieten eingehen, sehr wichtig sind. "Ich bin überzeugt, dass kleine Betriebe, die ihre Produkte vermarkten und zur Erhaltung von Landschaften und der Vitalität der ländlichen Gebiete beitragen, unterstützt werden müssen", sagte er.

Siehe: http://tinyurl.com/5vml3h9
Video-Clip (4 min): http://enrd.ec.europa.eu/en-rd-library/media-gallery/en/video_002.cfm


Buchbesprechungen

Das Arche Noah Kochbuch der geretteten Obst- und Gemüsesorten

Dieses Kochbuch hilft, alte Pflanzenraritäten wieder zu entdecken und zeigt, wie man mit einfach nachvollziehbaren Rezepten ihren unverfälschten Geschmack hervorhebt. Die Kochanleitungen werden mit Anbautipps und Pflanzeninfos ergänzt:

Beate Koller, Johann Reisinger, Stefan Liewehr: Das Arche Noah Kochbuch der geretteten Obst- und Gemüsesorten, ISBN 978-3-85033-398-6, 34,95


Turopolje - eine Schweinerasse zwischen Gestern und Heute

Das kroatische Turopolje Schwein hat eine bewegte Geschichte. Die Zucht der Rasse in Österreich begann 1994 und stellt, obwohl viele Tiefschläge und Niederlagen erlitten wurden, eine Erfolgsgeschichte dar. Von nur 6, wohl ausgesuchten Tieren konnte eine intakte Zuchtpopulation, die heute 324 Zuchttiere aufweist, aufgebaut werden. Der Fortbestand dieser Rasse ist damit gesichert - könnte man meinen.

Autor: Thomas Druml, 122 Seiten, A5, mit zahlreichen Abbildungen in Farbe ISBN: 978-3-85333-192-7 Zu bestellen bei ARCHE Austria (office@arche-austria.at) oder Vehling Verlag, Graz, www.vehling.at 22,-


Kurznachrichten

Dekade der biologischen Vielfalt

Die Vereinten Nationen erklärten die Jahre 2011 bis 2020 zur UN-Dekade der Biodiversität. Sie folgen damit einer Empfehlung der Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) auf der 10. Vertragsstaatenkonferenz. Die UN-Dekade soll entscheidend dazu beitragen, globale Biodiversitätsziele umzusetzen. Unter dem Eindruck des weltweit weiterhin nahezu ungebremst fortschreitenden Rückgangs der biologischen Vielfalt hatten die Vertreter der CBD-Mitgliedstaaten im Oktober 2010 neue Ziele und eine neue Strategie für den Schutz der biologischen Vielfalt beschlossen. Durch effektive und dringliche Maßnahmen soll die Biodiversität weltweit bis zum Jahre 2020 gesichert werden. Dazu sollen bis zur 11. CBD-Vertragsstaatenkonferenz 2012 in Indien weltweit substantiell neue personelle, finanzielle und technische Ressourcen gefunden und mobilisiert werden.

Die Koordination der weltweiten Aktivitäten der Dekade soll der Generalsekretär der Vereinten Nationen in Absprache mit den Mitgliedsstaaten übernehmen. Unterstützung erhält er vom Sekretariat der CBD und anderen biodiversitätsbezogenen UN-Konventionen sowie relevanten UN-Fonds, Programmen und Agenturen. Die Vereinten Nationen rufen alle Staaten auf, im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen freiwilligen Beitrag zur Finanzierung der Aktivitäten der Dekade und damit zur Umsetzung der CBD-Ziele zu leisten.


"European Wool Handling", Treffen am 6-8. April 2011 in Biella, Italien

Die neue EU-Verordnung 1069/2009 zur Festlegung von Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte trat am 1. März in Kraft. Rohwolle wird als tierisches Nebenprodukt eingestuft. Die Folgen dieser neuen Verordnung werden von den Teilnehmern diskutiert werden: Veterinär-Behörden, Schafzuchtverbände und -genossenschaften, Schafscherer, Wollverkäufer und -transporteure, Import-Export-Unternehmen, wollverarbeitende Betriebe, pädagogische Bauernhöfe etc.
siehe: ftp://DADnet:Mobile45@ext-ftp.fao.org/ag/reserved/dad-net/Invitation_Biella.pdf


Zukunft säen - Vielfalt ernten

Internationale Aktionstage "Für Saatgut-Souveränität - gegen die neue EU-Saatgutgesetzgebung". Am 17. April, dem weltweiten Protesttag für bäuerliche Rechte und für Ernährungssouveränität von Via Campesina (www.viacampesina.org), finden weltweit viele Aktionen statt. Die Saatgutkampagne für Saatgut-Souveränität, mit vielen Menschen aus mehreren europäischen Ländern, wird ihren Protest gegen die Verschärfung der europäischen Saatgut-Gesetzgebung am 17. und 18. April nach Brüssel tragen.
Mehr Infos siehe: http://www.saatgutkampagne.org/


20 Jahre "Fête de l'estive" in Allanche (FR)

Am 28. Mai findet in Allanche in der französischen Auvergne wieder die grosse Alpfahrt statt. Da sich das Fest zum 20. Male jährt, werden diesmal zur grössten Tranzhumanz (Tierwanderschaft) in Frankreich 14 verschiedene Bergvieh-Rassen am grossen Defilee durch Allanche teilnehmen. Von Maillargues aus führt die "Transhumance du Cantal" auf das auf 1.000 bis 1.300 m ü. M. Gelegene Vulkanplateau von Cézallier, wo 10.000 Rinder auf 80.000 Hektar Weidefläche den Sommer verbringen werden. In Allanche wird es einen grossen Bauernmarkt mit lokalen Produkten und Festveranstaltungen geben.
Web: www.ilaca.info/2010/06/04/fete-de-lestive-a-allanche-2011/


Konsultation zur zukünftigen EU-Kofinanzierung von Natura 2000

SAVE Foundation nahm an der Konsultation der Europäischen Kommission über die Zukunft der EU-Kofinanzierung von Natura 2000 teil. Natura 2000 ist weltweit das größte Netzwerk von Schutzgebieten. Es enthält zwar viele Naturschutzgebiete, basiert jedoch auf ein wesentlich breiteres Konzept der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt. Die nächste Förderperiode wird entscheidend sein, denn um das Netzwerk voll umzusetzen, müssen ausreichende finanzielle Investitionen in Natura 2000 vorgenommen werden. Derzeit ist eine Integration der Finanzierung für Natura 2000 in verschiedenen EU-Finanzinstrumenten vorgesehen. Das verspricht allerdings nur begrenzt Erfolg. Der Zweck der Konsultation ist es daher, zu beurteilen, ob der integrierte Ansatz für die wirksame Umsetzung des Netzes angemessen ist.


Natur Kongress 2011 Basel

Dank der Teilnahme von hochkarätigen Referenten, Fachleuten und Entscheidungsträgern wurden am 11. Februar 2011 innovative Lösungsansätze zum Thema Natur und Konsum aufgezeigt und konkretisiert. Mit über 650 anwesenden Entscheidungsträgerinnen und -trägern sowie Fachpersonen, welche sich für eine nachhaltige Nutzung der Natur engagieren, setzte der sechste NATUR Kongress ein Zeichen für einen zukunftsfähigen Konsum. SAVE Foundation war an diesem Kongress mit einem Workshop zum Thema "Biodiversität und die Vielfalt unserer Nutztiere und Kulturpflanzen vertreten". Die Ergebnisse des Kongresses sind im Basler Manifest des NATUR Beirates für einen nachhaltigen Konsum dokumentiert.
Siehe: http://www.natur.ch/kongress


Veranstaltungen (Auszug):

25.-27. März: Zukunft säen - Vielfalt ernten; 5. Treffen der Europ. Saatgutinitiativen und Interessierten "Let's liberate diversity". Graz, Österreich. Kontakt: office@arche-noah.at

4.-6. April: Konferenz "Aktuelle Probleme bei der Erhaltung von Bioressourcen, Selektion und Reproduktion von Tieren", Kiew, Ukraine. Web: http://udau.edu.ua

5.-7. April: Internationale Konferenz "Dienen und Erhalten - Genbanken suchen Wege, ihre Dienstleistungen für die Nutzer und die Wirksamkeit der PGR-Erhaltung zu verbessern", Wageningen, Niederlande. Web: www.epgrc2011.nl

6.-8. April: Europäisches Treffen zum "European Wool Handling" in Biella, Italien. Web: ftp://ext-ftp.fao.org/ag/reserved/dad-net/Invitation_Biella.pdf

8.-10. April: Jahrestagung der Europäischen Föderation der City-Farms. Zoetermeer, Niederlande. Web: http://www.cityfarms.org

14.-17. April: Sow Food Messe, Stuttgart, Deutschland. Web: http://www.slowfood.de/termine/termine_ueberregional/slow_food_messe_2011/

15.-17. April: Agrotravel 2011, 3. Internationale Messe über ländlichen Tourismus und Agritourismus. Kielce, Polen. Web: http://agro.travel/en/fair/agrotravel_fair_2011/

15.-19. April: CBD Regional-Workshop für Europa zur Aktualisierung der Nationalen Biodiversitätsstrategien und Aktionspläne (NBSAPs). Insel Vilm, Deutschland. Web: www.bfn.de/0604_veranst_vilm.html

17.-18. April: "Freies Saatgut für alle!", Internat. Aktionstage für Saatgut-Souveränität. Konferenz, Internat. Saatgut-Tauschbörse. Brüssel, Belgien;. www.saatgutkampagne.org

27.-29. April: Biennale der nachhaltigen Entwicklung der Berggebiete; Chambéry, Frankreich. Web: http://www.alpipro.com/salon-montagne.html

6.-7. Mai: Internat. Workshop zur Erhaltung autochthoner Büffel in Südosteuropa. Brasov, Rumänien. Kontakt: office@save-foundation.net

16.-18. Mai: IDF Internationales Symposium zu Schaf-, Ziegen- und anderer Nicht-Kuhmilch; Athen, Griechenland. ndcg@aua.gr, Web: http://idfsheepgoatmilk2011.aua.gr

28. Mai: "Fête de l'estive": Grösste Alpfahrt mit 14 Bergvieh-Rassen. Allanche (Auvergne), Frankreich. Web: http://www.ilaca.info/2010/06/04/fete-de-lestive-a-allanche-2011

28. Mai - 4. Juni: ProSpecieRara Tier- und Pflanzen-Sonderschau an der HIGA, Chur, Schweiz. Kontakt: info@prospecierara.ch

24.-26. Juni: 11. Internationales Pomologentreffen "Fachtagung Süsskirschen", Bistrita, Rumänien. Kontakt: bilegan.mihai@bilcop.ro

15.-17. Juli: ICCPC-Woche: Entdecke Bauerngärten und Bauernküche. Potocek, Polen. Kontakt: biuro@icppc.pl, Web: http://icppc.pl/eko-cel/eng/index.php?id=creative

28. Aug.: 15. Expo "Lebendiges Erbgut" in der Provinzdomäne Puyenbroeck in Wachtebeke, Belgien. Kontakt: staf.vandenbergh@skynet.be, Web: http://www.sle.be

29. Aug.-1. Sept.: 62. Jahrestagung der Europäischen Vereinigung für Tierzucht EVT, Stavanger, Norwegen. Kontakt: eaap2011@umb.no, Web: http://www.eaap2011.com/

8.-11. September: 23. Internationale Messe für Natur-Produkte; Bologna, Italien. Kontakt: sana@bolognafiere.it, Web: http://www.sana.it

16.-18. Sept: Internat. Konferenz "Biologischer Landbau & Agro-Öko-Tourismus im Mittelmeerraum". Zakynthos, Griechenland. Kontakt: abm.conference.2011@gmail.com

22.-25. Sept.: 5. Europ. Seminar zur AgroBiodiversität; SAVE Jahrestagung im Stara-Planina Naturpark und Regional-Messe zur AgroBiodiversität im Balkan, Dimitrovgrad, Serbien. Kontakt: office@save-foundation.net

=> Weitere Daten siehe: http://www.save-foundation.net/deutsch/aktuell.htm


Sie können die SAVE eNews auch von folgender URL als PDF herunterladen:
http://www.save-foundation.net/deutsch/PDF/news/SAVE_eNews_11_1de.pdf

SAVE Website: http://www.save-foundation.net
Arche Netzwerk: http://www.arca-net.info
Fruit-Net: http://www.fruit-net.info
ELBARN Net: http://www.elbarn.net
Agrobiodiversity.Net: http://www.agrobiodiversity.net


*


Quelle:
SAVE eNews 1/2011 - Freitag, 18. März 2011
SAVE Foundation, Netzwerkbüro
Josef-Belli-Weg 5, D-78467 Konstanz
Tel.: +49-7531/802 73 74, Fax: +49-7531/819 98 07
E-Mail: info@monitoring.eu.com
Internet: www.save-foundation.net


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2011