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JAGD/037: Neues Landesjagdgesetz will "Störung und Behinderung" unter Strafe stellen (NABU SH)


NABU Landesverband Schleswig-Holstein - 21. November 2011

Betretungsverbot durch die Hintertür?

Neues Landesjagdgesetz will "Störung und Behinderung" unter Strafe stellen


21. November 2011 - Die Landesregierung beabsichtigt, das Landesjagdgesetz (LJagdG) zu ändern. Der NABU hat am 9. November 2011 in der Sitzung des Umwelt- und Agrarausschusses im Kieler Landtag seine Bedenken vorgetragen und dabei insbesondere kritisiert, dass das novellierte LJagdG keine neuen, innovativen Ideen und Grundsätze zur Jagd enthält. Dies wäre jetzt durch die konkurrierende Gesetzgebung möglich gewesen. Die Jagdlobby soll stattdessen die Möglichkeit erhalten, gegen aufmerksame Naturfreunde vorzugehen.

Von besonderer Bedeutung ist das Vorhaben, nunmehr im Jagdgesetz eine "Störung und Behinderung der Jagdausübung" neu und gesondert unter Strafe zu stellen, obwohl derartige Aktionen schon heute als Nötigung oder Sachbeschädigung strafrechtlich verfolgt werden können. In Schleswig-Holstein ist bislang nur ein Ereignis bekannt geworden, das möglicherweise unter diesem Tatbestand zu fassen gewesen wäre: Für den 17. November 2005 hatte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen im Segeberger Forst für über 120 Jagdfreunde zur Staatsjagd geblasen. Erst nach Protesten aus der Bevölkerung u.a. wegen der hohen Kosten musste der Ministerpräsident einen Rückzieher machen. Begründet wurde der Rückzug durch das Jagdministerium in Kiel mit der Angst vor angeblichen "Jagdstörern", da Tierschützer angeblich zu entsprechenden Aktionen aufgerufen haben sollen. Ein Gesetz also gegen unliebsame, kritische Geister zukünftiger Staatsjagden?

Der NABU sieht zudem die Gefahr, dass über diesen Paragraphen faktisch das gescheiterte Betretungsverbot - wie es im Landeswaldgesetz ursprünglich vorgesehen war - seine unheilige Wiederauferstehung feiert. Schließlich könnte nunmehr allein die Anwesenheit eines Jägers dazu missbraucht werden, kritisch sich äußernde Spaziergänger als Jagdbehinderer zu kriminalisieren. Eine jagdliche Aktivität, die gestört wurde, ist nämlich schnell behauptet. Dass Jäger Schwierigkeiten damit haben, wenn Jagdkritiker ihr Treiben kommentieren und dokumentieren, ist hinlänglich bekannt. Illegales jagdliches Handeln wurde - wie in Schleswig-Holstein mehrfach belegt - häufig erst durch aufmerksame Besucher der Feld- und Waldflur entdeckt.

Rohrweihen und Bussarde verendeten in illegalen Fallen, Seeadler wurden vergiftet, Nonnengänse illegal erschossen und Nester des Uhus zerstört. Kritiker der Fallenjagd, die Verstöße gegen Bestimmungen im Jagdrecht aufzeigten, wurden bedrängt. Nun droht auch die rechtliche Retourkutsche in Form einer Anzeige wegen Jagdbehinderung.

Der NABU fordert daher, den umstrittenen Abschnitt aus dem neuen Landesjagdgesetz ersatzlos zu streichen - war diese Landesregierung ja auch angetreten, Gesetze zu verschlanken. Sie zeigt jetzt aber, dass sie bereit ist, für einseitige Lobby-Interessen diese auszuweiten.

Noch besser wäre allerdings, die Landesregierung würde sich darauf besinnen, einem fortschrittlichen Jagdrechtsverständnis zu folgen mit sinnvollen Einschränkungen wie dem unbedingten Nutzungsgebot getöteter Tiere, nur im Bestand gesicherte Arten jagen zu lassen und durch die Jagd bedingte Störungen zu minimieren.


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Quelle:
Presseinformation, 21. November 2011
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Schleswig-Holstein
Färberstr. 51, 24534 Neumünster
Tel.: 04321/53734, Fax: 04321/59 81
E-mail: info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2011