BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein
An die Medien, 19. Januar 2017
Rhein, Lachs & EDF: Wasserkraftwerke ohne Fischtreppen
Der Lachs kehrt endlich an den Oberrhein zurück. Nach über fünfzig Jahren ist im Jahr 2005 erstmals wieder Lachslaich in der Kinzig und damit im baden-württembergischen Rheingebiet entdeckt worden. Die Freude beim BUND über diesen und andere Funde ist groß. Nachdem seit Jahren auch wieder einzelne Lachse im Rhein aufsteigen, zeigte diese Laichgrube, dass sich die jahrzehntelangen Bemühungen des BUND, der Umwelt- und Fischereiverbände und auch der Politik gelohnt haben. Wenn der Lachs sich im Rhein und seinen Nebenflüssen wieder wohler fühlt, dann hat das eine Vielzahl von Ursachen. Der Rhein wird für Fische wieder durchlässig und die Wasserqualität hat sich verbessert.
Im Jahr 2016, passend zum dreißigsten Jahrestag der Sandoz-Katastrophe
stand in vielen Medien:
"30 Jahre nach dem Großbrand im Schweizer Chemieunternehmen Sandoz
bei Basel tummeln sich wieder viele Lachse im Rhein. 2015 seien rund
800 dieser sensiblen Wanderfische gezählt worden, teilte die
Internationale Kommission zum Schutz des Rheins am Donnerstag in
Koblenz mit."
"Tummeln" und 800 Lachse? Das klingt erst mal nach ziemlich vielen Fischen... Noch vor hundert Jahren war der Rhein der bedeutendste Lachsfluss Europas. Jahr um Jahr kehrten etwa eine Million Lachse von ihrer langen Reise nach Grönland zurück in die Rheinzuflüsse im Schwarzwald, im Elsass und in die Schweizer Alpen. Um 1900 wurden allein aus dem Rhein jährlich ca. 85.000 Tonnen Lachs gefischt.
Noch vor wenigen Jahrzehnten war der Rhein eine stinkende Kloake. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die vergangenen Konflikte um fehlende Kläranlagen bei Gemeinden und Fabriken. Mit dem erfolgreichen Streit des BUND für eine Kläranlage der Papierfabrik Kaysersberg im Jahr 1994 konnte dieses unschöne Kapitel (fast) abgeschlossen werden.
Die grobe Rheinverschmutzung hat abgenommen. Doch die Konzentration von schwer abbaubaren Verbindungen im Rhein ist immer noch zu hoch. Dazu gehören Tausende von Industriechemikalien, aber auch Medikamente, Korrosionsverhinderer in Maschinengeschirrspülmitteln oder Bestandteile in Sonnenschutzmitteln. Obwohl diese Substanzen nur in Konzentrationen von Millionstel Gramm pro Liter Rheinwasser vorkommen, entfalten sie als "Pseudohormone" hormonähnliche oder andere schädliche Wirkungen in Gewässerorganismen. Dazu kommt verstärkt Mikroplastik.
Seit vielen Jahrzehnten macht der französische Energieversorger
Électricité de France satte Gewinne mit seinen abgeschriebenen alten
Wasserkraftwerken am Rhein. Durch den Versailler Vertrag erhielt
Frankreich im Jahr 1919 das Recht zur beliebigen Ableitung von
Rheinwasser sowie zur Nutzung der Wasserkraft des Rheins im
Grenzabschnitt. 1928 wurde nahe Basel, bei der Staustufe Kembs, mit
dem Bau des Kanals begonnen und nach dem Krieg, um das Jahr 1950
wurden die Bauarbeiten wieder aufgenommen und bis nach Breisach
fortgeführt.
Es ist ein Umwelt- und Naturschutzskandal, dass an drei großen
französischen Wasserkraftwerken am Rhein immer noch keine Fischtreppen
gebaut wurden.
Der Lachs will auch an den Oberrhein zurück und in die Schweiz, das
Elsass und den Schwarzwald zurückzukehren. Die Lachse, die in den
letzten Jahren in den oberen Nebenflüssen des Rheins gefunden wurden
waren "Schleußentaucher".
An der neuen Rhein-Staustufe bei Straßburg ist zwar im Jahr 2016 für
16,5 Millionen Euro eine Fischtreppe gebaut worden und eine
Fischtreppe in Gerstheim soll folgen. Doch dann versperren immer noch
drei längst abgeschriebene französische Kraftwerke (Rhinau,
Marckolsheim, Vogelgrün) die Lachs-Wanderung und den Aufstieg und der
Fortschritt ist bei der EDF leider eine Schnecke...
Ab Rhinau soll zukünftig ein Schiff einen großen Käfig ziehen, in den die Fische aufgrund eines Lockstroms geraten. So sollen die Lachse durch die Schleusen der drei Wasserkraftwerke Rhinau, Marckolsheim und Vogelgrün gezogen werden. (Das Schiff-Lachs-Taxi hätte vermutlich die Werbeaufschrift: "Hier rettet die EDF die Lachse!") Bei Breisach sollen sie dann über den Altrhein bis zum neuen Fischpass bei Märkt schwimmen.
Über die neue Fischtreppe bei Märkt könnten sie dann bis nach Basel aufsteigen. Dadurch dass der "Restrhein" als "Umgehungsgewässer" für den Rheinseitenkanal fungieren soll, werden nach Ansicht der EDF die "teuren" Fischtreppen bei Fessenheim, Ottmarsheim und Kembs im Rheinseitenkanal vermieden.
Der BUND und die grenzüberschreitende Umweltbewegung am Oberrhein setzen sich für ganzjährig durchwanderbare Fischaufstiegshilfen zumindest in Rhinau, Marckolsheim und Vogelgrün ein, damit endlich nach Jahrzehnten alle Wanderfische jederzeit flussaufwärts wandern können.
Bei der letzten Plenarsitzung der Internationalen Rheinschutzkommission Anfang Juli 2016 in Echternach wurde der EDF-Delegation aus Frankreich zumindest das Zugeständnis abgehandelt, dass man neben der favorisierten "Transport-Lösung" auch einen Weiterbau von Fischtreppen "gleichwertig prüfen" werde...
Nach Ansicht von BUND-Geschäftsführer Axel Mayer muss der deutsch-französische Rheinabschnitt bis 2020 für den Lachs passierbar gemacht werden und zwar mit Fischtreppen bei Rhinau, Marckolsheim und Vogelgrün.
Frankreich und die Électricité de France werden bisher ihrer Verantwortung für den Lachs und den Rhein nicht gerecht.
Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer
Weiterführende Infos und Links zum Thema:
http://www.bund-rvso.de/ober-rhein-lachs-edf-wasser-kraftwerke-fischtreppe.html
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Quelle:
Mitteilung an die Medien vom 19.01.2017
Herausgeber:
Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein
Wilhelmstr. 24a, 79098 Freiburg
Tel.: 0761/30383, Fax: 0761/23582
E-Mail: bund.freiburg@bund.net
Internet: www.bund-rvso.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2017
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